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Nikotin

Nikotin

Titel: Nikotin
Autoren: Agatha Christie
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in einem großen Lehnsessel. Sämtliche Wan d beleuchtungen waren ausgeschaltet. Nur eine rosa b e schirmte Lampe warf ihren Schein auf die Gestalt in dem Sessel. Schien es nicht ein Symbol zu sein? Er allein im Licht, und die and e ren drei, Sir Charles, Mr Satterthwaite und Egg Lytton Gore – Poirots Zuh ö rerschaft – im tief s ten Dunkel.
    Hercule Poirots Stimme sprach wie verträumt, wandte sich mehr an sich selbst als an die Zuhörer.
    »Das Verbrechen zu rekonstruieren – das ist das Bestreben des Detektivs. Hierauf muss er eine Tatsache in die andere fügen, so wie man beim Kartenhäuser-Bauen eine Karte auf die andere stellt. Und wenn die Ta t sachen nicht stimmen wollen, wenn die Karten nicht das Gleichgewicht behalten wollen – dann heißt es, das Haus von Neuem zu beginnen… oder es wird einstürzen.
    So komme ich auf die Ermordung Stephen Babbin g tons im letzten August. An jenem Abend stellte Sir Charles Cartwright die Theorie auf, Babbington sei e r mordet worden, worauf ich widersprach.
    Nun, ich gestehe, dass Sir Charles Recht hatte und ich Unrecht. Ich verfiel in meinen Irrtum, weil ich das Verbrechen von einem gänzlich falschen Gesichtswinkel aus betrachtete. Erst vor vierundzwanzig Stunden hatte ich plötzlich eine Vision, die mir den Gesichtswinkel o f fenbarte, von dem aus Mr Babbingtons Ermordung ve r nünftig und möglich ist.
    Lassen Sie mich den Tod des alten Pfarrers den ersten Akt unseres Dramas nennen; der Vorhang am Aktschluss fiel, als wir alle vom ›Krähennest‹ aufbrachen.
    Der zweite Akt begann in Monte Carlo, als mir Mr Sa t terthwaite die Zeitung mit der Todesnachricht Sir Barth o lomews reichte. Damals wurde mir sofort klar, dass Sir Charles’ Ansicht richtig und meine falsch gewesen war. Später erhielten diese beiden Morde eine Ergänzung durch den Mord an Mrs Rushbridger. Was wir benötigen, ist deshalb eine vernünftige Theorie, die diese drei Tode s fälle verknüpft. Mit anderen Worten: Diese drei Verbr e chen beging ein und dieselbe Person, und zwar zu ihrem eigenen Vorteil und Nutzen.
    Als ich ungebeten in Ihre Beratung hineinschneite, ha t ten Sie bereits eine Liste der Leute verfertigt, die im ›Kr ä hennest‹ und in der Melfort Abtei zu Gast gewesen w a ren.
    Heute darf ich Ihnen gestehen, dass ich die vier ersten Namen dieser Liste von vornherein ausmerzte, nämlich das Ehepaar Dacres, Miss Sutcliffe und Miss Wills. Es war unmöglich, dass einer dieser vier vorher von der A n wesenheit Stephen Babbingtons im ›Krähennest‹ gewusst hatte. Die Anwendung von Nikotin deutete aber auf e i nen sorgfältig vorbereiteten Plan hin, nicht auf einen, zu dem man sich im Nu entschlossen haben könnte. Die übrigen drei Namen Ihrer Liste – Lady Mary, Miss Lytton Gore und Mr Oliver Manders – waren, obwohl nicht wahrscheinlich, immerhin möglich. Als Einheimische hatten sie vielleicht Gründe für die Beseitigung Stephen Babbingtons und konnten auch die Dinnergesellschaft zur Ausführung ihres Mordplanes ausgewählt haben.
    Mr Satterthwaite ging von denselben Überlegungen aus wie ich und richtete seinen Verdacht auf Oliver Manders. Denn Manders bekundete damals im ›Krähennest‹ Ze i chen hochgradiger Nervosität; er krankte an einer etwas verschrobenen Weltanschauung, die aus einer privaten heiklen Lage herrührte, und an starken Minderwerti g keitskomplexen, die häufig die Ursache von Verbrechen sind, und er hatte schließlich vor Zeugen Groll und Zorn gegen Pfarrer Babbington bekundet. Hinzu kamen die merkwürdigen Umstände seines Auftauchens in der Me l fort Abtei und die Aussage von Miss Wills, die einen A r tikel über Nikotinvergiftungen in seinem Besitz gesehen haben wollte.
    Mithin verdiente Oliver Manders eigentlich einen Platz am Kopf der Liste.
    Aber dann, mes amis, suchte mich eine eigenartige Em p findung heim. Es schien klar und logisch, dass der Täter eine Person sein müsse, die bei beiden Gelegenheiten zugegen gewesen war – also eine Person auf der Liste Ihrer sieben. Trotzdem konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass diese einleuchtende Augenschei n lichkeit künstlich hergestellt sei. Ich fühlte, dass ich nicht auf die Wirklichkeit schaute, sondern auf eine geschickt bemalte Kulisse. Ein wirklich gewitzter Verbrecher würde sich vergegenwärtigt haben, wie sich unweigerlich der Argwohn auf jeden Namen dieser Liste heftete, und es infolgedessen eingerichtet haben, nicht auf ihr zu ersche i nen.
    Verstehen Sie, was ich meine?
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