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Nightshifted

Nightshifted

Titel: Nightshifted
Autoren: Cassie Alexander
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Sekunden hat, bevor die
Patienten sie wieder vergessen und den nächsten Versuch starten, wieder an
ihnen zu ziehen.
    Â»Irgendwas Neues, Meaty?«, fragte ich, während Mr.
November in den zweiten Gang schaltete und in Millimeterarbeit versuchte, seinen ET Tubus zu erreichen.
    Meaty stieß ein verneinendes Grunzen aus. Meaty war
zwar nicht Meatys richtiger Name, aber er oder sie war die Stationsschwester
von Y4 , was bedeutete, dass
er/sie der zuständige Experte für alle Pflegeaufgaben, der allgemeine
Patientenkoordinator und unsere Verbindungsperson zu den Ärzten war. Meaty
hatte ein absolut androgynes Gesicht und einen Hängebauch, der fast den Boden berührte,
weshalb er/sie sich die Schwesternkittel immer von zuhause mitbrachte. Da außerdem
die Toiletten in den Umkleideräumen nicht nach Geschlechtern getrennt waren,
blieb diese Frage offen – und bisher hatte ich (metaphorisch gesprochen) nicht
genug Eier in der Hose gehabt, um sie zu stellen.
    Obwohl es frustrierend war, lag es nicht an Meaty,
dass der Arzt noch nicht zurückgerufen hatte. Wahrscheinlich würde sich auch
niemand mehr melden, und Mr. November würde die ganze Nacht so unruhig bleiben.
    Â»Verdammt.« Ich blätterte in der Akte herum und
schrieb dann einen weiteren Vermerk in das Fixierungsformular, wobei ich Mr.
Novembers Aktivitäten der letzten Stunde mit Begriffen wie »ruhelos« und
»anhaltendes Ziehen« beschrieb. Zu blöd, dass es kein Formular gab, in dem
meine Meinung zur Lage gefragt war – dann hätte ich »trostlos« und »mangelnde
Unterstützung durch das Krankenhauspersonal« eingetragen. Ich hoffte, dass der
Anruf den Arzt wenigstens geweckt hatte.
    Obwohl er schon seit ein paar Tagen hier war, war Mr.
Novembers Akte abgesehen von seinem toxikologischen Befund fast leer. Die
Notaufnahme hier überprüft die Leute ständig auf diverse Krankheitsbilder – zum
Beispiel »porphyrische Hämophilie« (wahrscheinlich Vampirkontakt ausgesetzt),
»Lepra« (wahrscheinlich Zombie), »Tollwut« (wahrscheinlich Werwolf) und
»Schwestern von idiotischen Junkies« (ich). Alles andere, also unsere gesamten
Dienstpläne, Behandlungsmethoden und Resultate waren geheim. Aber bestimmt
wurden irgendwo irgendwelche Akten geführt, und sei es nur wegen der Buchhaltung.
Allein die Medikamente, die wir verbrauchten, mussten ein Vermögen kosten. Und
selbst wenn meine Kollegen genauso dürftig bezahlt wurden wie ich, musste doch
irgendjemand unsere Schecks ausstellen. Ansonsten existierte nur noch eine
Liste, der ich irgendwelche Hinweise entnehmen konnte, und zwar das Informationsblatt,
aus dem hervorging, dass unsere Patienten über eine Firma versichert waren, von
der ich vorher noch nie etwas gehört hatte: das Konsortium.
    Mr. November allerdings nicht. Wir kannten noch nicht
einmal seinen richtigen Namen. Deshalb hatten wir ihn nach dem aktuellen Monat
benannt. Er war völlig dehydriert und mit einer schweren Lungenentzündung auf
der Straße gefunden worden, zu schwach, um sich zu rühren. Er sah aus wie
achtzig. Durchscheinende, weiße Haut hing in losen Falten um seine scharfen
Gesichtszüge, wie schmelzendes Eis an einem Gletscher. Sie war so dünn, dass
sie schon riss, wenn man nur ein Pflaster falsch abzog. Während der ersten
Untersuchung hatte ich seinen schlechten Atem gerochen, der ein Zeichen dafür
war, dass mit dem Stoffwechsel etwas nicht stimmte. Wir hatten ihm einen
zentralen Zugang in die Femoralarterie im Oberschenkel gelegt, durch den ihm
Medikamente und natürlich Blut zugeführt wurden.
    Nicht etwa, weil er viel Blut verloren hätte, sondern
weil er technisch gesehen ein Vampir war. Kein vollwertiger, aber ein »Mensch,
der Vampirkontakt ausgesetzt« war, also der Tageslichtagent eines echten Vampirs.
    Trotz aller Legenden über sofortige Infektionen muss
man normalerweise wiederholt mit Vampirblut in Kontakt kommen, damit die Verwandlung
beginnt. Vorausgesetzt, man ist nicht allergisch dagegen, denn dann stirbt man
sofort an dem anaphylaktischen Schock.
    Mr. November muss irgendwann mal einer ziemlichen
Menge an Vampirblut ausgesetzt gewesen sein. Seine fangzahnartig verlängerten
Eckzähne – die ich gerade gut sehen konnte, da er versuchte, sich den Tubus mit
der Zunge aus dem Hals zu schieben – zeigten an, dass er einer Verwandlung
verdammt nahgekommen war. Ich fragte mich,
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