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Nightshifted

Nightshifted

Titel: Nightshifted
Autoren: Cassie Alexander
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warum niemand den Job zu Ende
gebracht hatte, und wünschte mir, sie hätten es getan. Das hätte mir heute
Nacht eine Menge Arbeit erspart. Denn obwohl er aufgrund der
lebensverlängernden Eigenschaften, die Vampirblut aufwies, wahrscheinlich
dreihundertundzwölf war, konnte es nun passieren, dass er während meiner
Schicht starb. Leute, die Kontakt hatten, leben sehr lange, aber sie sind keine
vollwertigen Vampire und damit nicht unsterblich. Anscheinend wollte Mr.
November sich nicht mit dieser Tatsache abfinden, denn er bäumte sich schon
wieder in seinem Bett auf.
    Ich konzentrierte mich erneut auf die Akte, um zu
sehen, was für Medikamente ich ihm noch geben konnte. Vorerst war er abgefüllt,
aber wenn Dr. Turnas bis vier Uhr nicht zurückgerufen hatte, würde ich Mr.
November wieder einmal mit meinen Freunden Lorazepam und Oxycodon bekannt
machen, und zwar so richtig.
    Charles kam von seinem Ende der Station
herübergeschlendert. Seine Patienten schliefen alle oder sahen friedlich fern.
»Brauchst du Hilfe, Neuling?«
    Ich war mir ziemlich sicher, dass Charles meinen Namen
inzwischen kannte, und genauso sicher, dass es sich nicht lohnte, das an mich
heranzulassen. »Solange du nicht irgendwo einen Extrabeutel Fentanyl versteckt
hast, nicht«, erwiderte ich. Er lachte. Charles war ungefähr so groß wie ich,
aber älter. Seine braunen Haare wurden schon grau. Mir war aufgefallen, dass
Charles sich selbst in Nächten, die mir furchtbar hektisch vorkamen, nie etwas
anmerken ließ. Um die Fähigkeit, sich derartig zusammenzureißen, beneidete ich
ihn, aber ich hätte ihn wesentlich mehr gemocht, wenn er mich nicht immer wie
eine Zwölfjährige behandelt hätte.
    Â»Wird schon alles werden, Neuling«, meinte Charles,
sah mich dabei aber nicht an. Ich folgte seinem Blick zu Mr. November, der
jetzt mit der rechten Hand ins Leere griff. Ich dachte, er würde trotz des
Kissens, das ich ihm in den Weg gelegt hatte, wieder nach seinem Zugang
greifen, doch dann bogen sich seine Finger nach innen, bis nur noch der
Zeigefinger ausgestreckt war. Er begann, ihn gezielt zu bewegen. Er
buchstabierte. Ich stöhnte auf.
    Â»Bleib draußen«, riet mir Charles.
    Mr. November hörte nicht auf.
    Â»Aber er versucht, zu kommunizieren«, meinte ich.
    Â»Nur weil er es versucht, heißt das noch nicht, dass
er es auch kann.«
    Das war allerdings richtig. Meistens kritzelten die
Patienten irgendetwas aufs Papier oder auch auf sich selbst, wenn sie sich weit
genug strecken konnten. Andererseits konnten einige einem mitteilen, ob ihnen
zu kalt oder zu warm war, ob man das Licht ein- oder den Fernseher ausschalten
sollte. Es ist schon erstaunlich, womit sich die Leute so beschäftigen, wenn
sie zugedröhnt sind und nichts anderes zu tun haben. Einmal hatte mir ein Typ
auf Spanisch erklärt, er kriege nicht genug »aire«. Als ich daraufhin eine
Blutgasanalyse machte, stellte sich heraus, dass er recht hatte.
    Mein Patient, meine Entscheidung. Ich holte Papier
aus dem Kopierer, einen Edding und ein Klemmbrett und zog mich entsprechend an,
um reinzugehen.
    Die Arbeit auf Y4 ist vergleichbar mit einer Station, auf der nicht
nur Seuchengefahr herrscht, sondern auch Traumapatienten und Psychos kombiniert
sind. Deshalb stehen vor jedem Zimmer Wagen mit spezieller Schutzkleidung. Dort
findet man Kittel, Gesichtsmasken, Haarnetze und Handschuhe wie auf jedem
anderen Schutzkleidungswagen im County, doch dann stößt man auf die
Betäubungsluftgewehre, die mit Suxamethoniumchlorid-Pfeilen geladen sind.
Während der Einweisung hatte ich gefragt, warum wir keinen Knoblauch oder
Kruzifixe bekamen, und erhielt die Antwort, dass Knoblauch nicht wirkt und das
Konsortium keine vampirspezifische Diskriminierung gestatte.
    Ich zog Handschuhe an und warf Charles achselzuckend
einen Blick zu, was er hoffentlich als »Tut mir leid, dass ich deinen Rat
ignoriere« deutete, bevor ich reinging.
    Der Dienstausweis, mit dem ich Zugang zum Fahrstuhl
und zu den Umkleideräumen bekomme, aktiviert auch das Licht über Mr. Novembers
Tür, das Meaty verrät, wo ich gerade bin, falls es zu einer Abriegelung kommt.
Charles wusste natürlich ebenfalls, wo ich war, lehnte sich aber nur
unbeeindruckt gegen die Zimmertür.
    Â»Okay, Sir. Ich tue Ihnen nun einen Gefallen.« Ich
löste die Gurte an Mr. Novembers rechtem Arm, steckte den Stift zwischen seine
Finger
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