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NIGHT WORLD - Engel der Verdammnis

NIGHT WORLD - Engel der Verdammnis

Titel: NIGHT WORLD - Engel der Verdammnis
Autoren: Lisa J. Smith
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korallenfarbenen Duschvorhangs. »Ich gehe rauf und hole dir ein paar trockene Sachen zum Anziehen.«
    »Nein!«, rief Gillian und schoss halb aus dem Wasser. Nicht nach oben, nicht dorthin, wo ihre Mom war, nicht dorthin, wo ihr Zimmer war.
    Aber die Badezimmertür wurde bereits mit einem entschiedenen Klick geschlossen. Tanya war nicht der Typ, der ein Nein als Antwort erwartete.
    Starr vor Panik und Entsetzen saß Gillian da, bis eine Welle brennenden Schmerzes alles andere aus ihren Gedanken vertrieb.
    Es begann in ihren Fingern und Zehen und schoss weiter hinauf, ein weißglühendes Brennen, das bedeutete, dass ihr halberfrorenes Fleisch wieder zum Leben erwachte. Sie konnte nur steif dasitzen, zitternd durch die Nase atmen und versuchen, es auszuhalten.
    Und irgendwann wurde es besser. Ihre weiße, runzlige Haut wurde dunkelblau, dann fleckig und dann rot. Das Brennen wich einem Kribbeln. Gillian konnte sich wieder bewegen und denken.
    Sie konnte auch hören. Draußen im Flur waren Stimmen. Die Tür dämpfte sie nicht einmal.
    Tanyas Stimme: »Hier, ich halte das. Ich bringe es gleich zu ihr rein.« Dann ein Murmeln: »Ich bin mir nicht sicher, ob sie gleichzeitig trinken und sich über Wasser halten kann.«
    Davids Stimme: »Komm schon, sei nicht so hart zu ihr. Sie ist doch bloß ein Kind.«
    »Ach ja? Was denkst du, wie alt genau sie ist?«
    »Hm? Keine Ahnung. Vielleicht dreizehn?«
    Ein explosives Schnauben von Tanya.
    »Vierzehn? Zwölf?«
    »David, sie geht in unsere Schule. Sie ist in der vorletzten Klasse.«
    »Wirklich?« David klang verblüfft und verwirrt. »Nein, ich glaube, sie besucht die P. B.«
    Die Pearl S. Bück war die Junior Highschool. Gillian starrte den Wasserhahn der Badewanne an, ohne ihn zu sehen.
    »Sie ist in unserem Biologiekurs«, erklang wieder Tanyas Stimme, in der jetzt ein Unterton von unverhohlener Ungeduld mitschwang. »Sie sitzt ganz hinten und macht nie den Mund auf.«
    Die Stimme fügte hinzu: »Aber ich verstehe, warum du sie für jünger gehalten hast. In ihrem Zimmer watet man knietief durch Plüschtiere. Und sie hat eine Tapete mit kleinen Blumen darauf. Und sieh dir diesen Pyjama an. Kleine Bären.«
    Gillian wurde heißer, als ihre Finger es in den schmerzhaftesten Augenblicken gewesen waren. Tanya hatte ihr Zimmer gesehen, das seit Gillians zehntem Lebensjahr unverändert geblieben war, weil das Geld für neue Vorhänge und Tapeten nicht reichte, und in der Garage war nicht genug Platz, um ihre geliebten Stofftiere dort aufzubewahren. Tanya hatte sich über ihren Pyjama lustig gemacht. Vor David.
    Und David... hielt sie für ein kleines Kind. Das war der Grund, warum er sich erboten hatte, sie zur Schule zu fahren. Er hatte die Junior Highschool gemeint. Er war nett zur ihr gewesen, weil sie ihm leidtat.
    Zwei Tränen rannen Gillian aus den Augen. Sie zitterte innerlich; sie brodelte vor Wut und Gekränktheit und Scham...
    Krach - Knirsch.
    Es war ein Geräusch, so laut wie ein Gewehrschuss, aber hoch und kristallin -und in die Länge gezogen. Irgendetwas zwischen einem Krachen und einem Knirschen und dem Geräusch von Glas, das unter Stiefeln zersplitterte.
    Gillian zuckte zusammen, als sei sie angeschossen worden, und saß einen Moment lang wie erstarrt da, dann zog sie den von kleinen Wasserperlen bedeckten Duschvorhang beiseite und streckte den Kopf hinaus. Im gleichen Augenblick wurde die Badezimmertür aufgerissen.
    »Was war das?«, fragte Tanya scharf.
    Gillian schüttelte den Kopf. Sie wollte erwidern: »Sag du es mir«, hatte aber zu große Angst vor Tanya.
    Tanya sah sich im Badezimmer um, bemerkte den beschlagenen Spiegel und runzelte die Stirn. Sie griff über das Waschbecken, um mit der Hand über das Glas zu wischen - und stieß einen spitzen Schrei aus.
    »Au!«, fluchte sie und starrte auf ihre Hand. Gillian konnte helles Blut sehen.
    »Was zum... a« Tanya griff nach einem Waschlappen und wischte den Spiegel ab. Sie tat es noch einmal. Dann trat sie einen Schritt zurück und riss die Augen auf. Gillian tat in der Badewanne das Gleiche.
    Der Spiegel war zerbrochen. Oder nicht zerbrochen, sondern gesprungen. Aber er war nicht so gesprungen, als hätte jemand etwas dagegen geworfen. Es gab kein Zentrum mit Linien, die von diesem Punkt aus verliefen.
    Stattdessen war er gleichmäßig von oben bis unten gesprungen, von einer Seite zur anderen. Jeder Zentimeter war bedeckt mit einem Gitterwerk feiner Linien. Es sah beinahe so aus, als sei es ein
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