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NIGHT WORLD - Engel der Verdammnis

NIGHT WORLD - Engel der Verdammnis

Titel: NIGHT WORLD - Engel der Verdammnis
Autoren: Lisa J. Smith
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eigenen Haut fühlte, dann würde alles andere schon von allein kommen. Es würde so viel einfacher sein, ein richtig wunderbarer Mensch zu sein und etwas für die Welt zu tun und etwas Wichtiges aus ihrem Leben zu machen, wenn sie sich nur geliebt und akzeptiert fühlte. Wenn sie nicht so schüchtern und klein wäre und so kindlich aussähe...
    Sie erreichte die Anhöhe und hielt sich an einem Ast fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ohne loszulassen, stieß, sie den Atem aus und schaute sich um.
    Nichts zu sehen. Ein stiller Wald, der zu einem Fluss direkt unter ihr führte.
    Und auch nichts zu hören. Das Weinen war verklungen.
    Oh, tu mir das nicht an!
    Ihre Frustration wärmte Gillian ein wenig und verjagte ihre Furcht. Sie brüllte: »He - hallo, bist du immer noch da draußen? Kannst du mich hören? Ich komme, um dir zu helfen!«
    Stille. Und dann, ganz schwach, ein Geräusch.
    Direkt vor ihr.
    Oh, mein Gott, dachte Gillian. Der
Fluss.
    Das Kind war im Fluss und hielt sich an irgendetwas fest, und es wurde immer schwächer und schwächer...
    Gillian kletterte zum Fluss hinunter, eigentlich schlitterte sie mehr.
    Außer Atem und mit hämmerndem Herzen stand sie am Ufer des Flusses. Unter ihr ragten zerbrechliche Eisflächen wie Blütenblätter vom Ufer über das schnell dahinfließende Wasser.
    Auf überhängenden Gräsern war Gischt in Form von Diamanttropfen gefroren.
    Aber nichts Lebendiges. Gillian suchte verzweifelt die Oberfläche des dunklen Wassers ab.
    »Bist du da?«, rief sie. »Kannst du mich hören?«
    Nichts. Steine im Wasser. Äste, die sich zwischen den Steinen verfangen hatten. Das Gurgeln des Flusses.
    »Wo bist du?«
    Sie konnte das Weinen nicht länger hören. Das Wasser war zu laut.
    Vielleicht war das Kind untergegangen.
    Gillian beugte sich vor und hielt Ausschau nach einem nassen Kopf, einer Gestalt unter der Oberfläche. Sie beugte sich noch weiter vor.
    Und dann - ein Fehler. Eine kaum merkliche Veränderung der Balance. Eis unter ihren Füßen. Sie ruderte wild mit den Armen, aber sie hatte das Gleichgewicht endgültig verloren...
    Sie flog. Nichts Greifbares, nirgendwo. Gillian war zu überrascht, um Angst zu haben.
    Mit einem eisigen Schock glitt sie ins Wasser.
     

KAPITEL ZWEI
    Alles war eiskalte Verwirrung. Ihr Kopf war unter Wasser, und sie wurde hin und her geworfen. Sie konnte nichts sehen, konnte nicht atmen, und sie war vollkommen desorientiert.
    Dann tauchte ihr Kopf auf. Automatisch sog sie gierig Luft in ihre Lungen.
    Sie ruderte noch immer mit den Armen, aber sie hatten sich in ihrem Rucksack verheddert. Der Fluss war an dieser Stelle ziemlich breit, und die Strömung war sehr stark. Sie wurde flussabwärts gerissen, und von einer Sekunde auf die andere füllte sich ihr Mund mit Wasser. Die Wirklichkeit war nur ein einziger verzweifelter, würgender Versuch, genug Luft für den nächsten Atemzug zu bekommen. Und alles war so kalt. Eine Kälte, die Schmerz war, nicht nur Temperatur.
    Ich werde sterben.
    Ihr Verstand begriff dies in einer Art benommener Gewissheit, aber ihr Körper war eigensinnig. Er kämpfte beinahe so, als hätte er einen eigenen Willen. Er zappelte sich aus ihrem Rucksack frei, sodass der natürliche Auftrieb ihrer Skijacke ihr half, den Kopf über Wasser zu halten. Ihr Verstand ließ auch ihre Beine treten und versuchen, festen Boden zu finden.
    Es nützte nichts. Der Fluss war in der Mitte nur einen Meter fünfzig tief, aber das waren für sie immer noch zwei oder drei Zentimeter zu viel. Sie war zu klein, zu schwach, und sie hatte einfach keinerlei Gewalt darüber, wohin es sie zog. Und die Kälte raubte ihr erschreckend schnell die Kraft. Mit jeder Sekunde sanken ihre Überlebenschancen.
    Es war, als sei der Fluss ein Ungeheuer, das sie hasste und das sie niemals wieder loslassen würde. Er ließ sie gegen Felsen krachen und zerrte sie weiter, bevor sie sich an dem kalten, glatten Stein festhalten konnte. In wenigen Minuten würde sie zu schwach sein, um das Gesicht über Wasser zu halten.
    Ich muss mich an irgendetwas festhalten.
    Es war ihr Körper, der ihr das sagte. Und es war ihre einzige Chance.
    Da. Über ihr, am linken Ufer, standen einige Baumwurzeln weit übers Wasser hervor. Sie musste sie erreichen. Treten. Treten.
    Sie erreichte das Wurzelgeflecht und wurde beinahe vorbeigerissen. Aber irgendwie hielt sie sich doch fest. Die Wurzeln waren dicker als ihre Arme, ein gewaltiges Gewirr wie glitschige, eisige Schlangen.
    Gillian
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