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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman
Autoren: Walde + Graf Verlag
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anders. Oh«, schluchzte sie, »hast du denn überhaupt kein Mitleid mit mir?«
    »Ich vermute, Olive hat dir erzählt, dass ich abserviert worden bin? Willst du dich an meinem Anblick ergötzen?«
    Sie blickte ihn verstört an. »Liebst du sie denn so sehr?«
    »Sie lieben! Ich hasse sie!«
    »Dann stimmt es also: Du liebst sie«, sagte sie mit resignierter Stimme.
    Wie rührend sie doch war, wie süß. Sein einziger Wunsch war es, sie zu umarmen, sein törichtes Verhalten offen zu bekennen, aber sein widernatürlicher Stolz erstickte dieses Verlangen. »Schon möglich. Aber was kümmert es dich?« Diese Worte schmerzten ihn tatsächlich mehr als alles, was Lasca zu ihm gesagt hatte.
    »Vergiss mich!«, schrie er leidenschaftlich. »Du bist gekommen, um zu sehen, in welchem Zustand ich bin. Nun denn, viel Vergnügen! Ich bin ein Versager, ein Versager bei allem. Niemand kann mit mir etwas anfangen. Lasca hat mich hinausgeworfen. Ich lebe hier wie ein Schwein. Du solltest glücklich sein!«
    »Byron, wie kannst du diese schrecklichen Dinge sagen? Das bist nicht du selbst. Verstehst du denn nicht, dass ich dich liebe?«, flehte sie. »Ich bin gekommen, weil ich dich liebe. Ich konnte einfach nicht anders, aber wenn du mich überhaupt nicht liebst und nicht mit mir sprechen willst, was kann ich denn dann tun?« Er schwieg.
    »Lieber Byron, wenn du mich sehen willst, wenn du mich je brauchst …« Mit einem jammervollen kleinen Aufschrei erhob sie sich und verließ schnell das Zimmer.
    Einen Augenblick später hörte er, wie die Wohnungstür geschlossen wurde. Jetzt und erst jetzt rief er aus der Tiefe seiner verzweifelten Seele: »Mary! Mary!« Es kam keine Antwort. Er rannte auf den Flur und riss die Wohnungstür auf. Sie war verschwunden.
    Er folgte ihr nicht die Treppe hinunter. Er ging in sein Zimmer zurück, kniete vor seinem Bett nieder und vergrub seinen Kopf in den Decken.
    In diesem Augenblick fasste er einen schnellen Entschluss, und seine Hand bewegte sich langsam auf den Gegenstand zu, der unter dem Kopfkissen versteckt war.

Kapitel 9 Um Mitternacht betrat er das Black Venus. Dieses Lokal war fast immer zu jeder Stunde zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens überfüllt. An diesem Abend waren sogar so viele Menschen da, dass fast der ganze Raum, der für die Tanzenden freigehalten wurde, mit Tischen besetzt war. So musste Byron sich sogar an einen Tisch setzen, an dem bereits vier Gäste saßen. Er bestellte eine Flasche Gin.
    Eine Frau mit pfefferkornfarbenem Haar und Sommersprossen auf dem gelblichen Nasenrücken ging von Tisch zu Tisch und sang durch den Lärm hindurch ein Lied von Gewalt, Betrug und Verlassenwerden. Halbbewusst hörte Byron Bruchstücke der Unterhaltung an seinem Tisch: »Gottchen, sind ihre Beine nicht dünn! … ´ne Schönheit isse nich …. Die Bank hat heute nichts ausgespuckt … zu viele Gewinner … einfach nicht auszahlen … wWelche Nummer haste gesetzt … gewonnen wie verloren … Natürlich kannte ich Siki … immer auf den Boulevard zu sehen mit ´nem schwarzen Gehrock, ´nem Zylinder und ´nem Monokel, trug ´nen Affen auf der Schulter und zog ´nen heulenden jungen Löwen an ´ner Kette hinter sich her. Keiner wollte sich mit ihm abgeben …«
    In Byrons Kopf wirbelte alles durcheinander: ein Mischmasch bedeutungsloser Wörter, begleitet von harten, eindringlichen, regelmäßigen Trommelschlägen, dem Stöhnen des Saxophons, dem schrillen Quieken der Klarinette, dem Gelächter des Publikums und dem gelegentlichen Echo des Refrains:
    Baby, won’t you come home today?
    Ein sinnloser Wirrwarr. Wie das Leben. Wie das Leben der Schwarzen. Von oben nach unten gestoßen. Von unten hergezerrt. Keine Freude außer Tanzen und Trinken und Koksen … und die Goldbraunen. Wein, Weib und Gesang und der Staub des Glücks. Gin, leichte Mädchen, der Blues und der Schnee. Wie man´s auch betrachtete … Wie man´s auch nannte … Er würde sich mit Mary versöhnen, nachdem er mit den beiden abgerechnet hatte, die ihn zum Narren gemacht hatten. Er würde es ihnen schon zeigen. Morgen würde er die Sache mit Mary in Ordnung bringen. Morgen würde er zu ihr gehen und sie zerknirscht um Verzeihung bitten. Wie er Lasca hasste! Diese Hure! Er würde es ihr schon zeigen!
    »Gert ist heute nicht da … Won´t you come home today? … Komm mit zur Toilette, ich geb dir was zum Schnupfen … Schnee ist unser großer Schnuller … Ich setze morgen auf zweihundertsieben … Leanshanks Pescods
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