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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman
Autoren: Walde + Graf Verlag
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und geben Sie Mr Pettijohn den Tisch.« Jeder Tisch gehört ihm. Er würde es ihnen schon zeigen! Wie langsam sich der King bewegte! Er ging, aber er schien nicht näher zu kommen.
    Ein Pfiff – eine Kugel pfiff an Byrons Ohr vorbei. Ein gellender Schrei … noch ein Schuss. Betäubt wandte Byron sich um. Mit der Waffe in der Hand, stand der Creeper einen kurzen Augenblick aufrecht und unbeweglich da. »Du machst dich an keines von meinen Mädels mehr ran!«, murmelte er. Dann sprang er mit einem blitzartigen Satz durch die Menge und verschwand durch die Tür in der rückwärtigen Wand. »Toly!«, schrie Ruby und olgte dem Flüchtenden. Tumult, Chaos, Massenpanik. Alles floh. Gläser gingen zu Bruch. Kreischen. Rufen. Geheul. Der Raum war leer. Byron allein saß da und starrte vor sich hin. Ein unbeweglicher, leerer Blick. Er dachte daran, wie Paul Robeson aussah, wenn er Were you there? sang. Es fiel ihm ein, dass er Howard hundert Dollar schuldete. Finger wie goldbraune Chrysanthemenblüten … Dann erblickte er unter dem bernsteinfarbenen Mond in einer Blutlache dieses Ding am Boden. Fasziniert kroch er langsam auf den Gegenstand zu.
    Plötzlich stampfte er mit dem Absatz seines Stiefels auf das Gesicht.
    »Du Niggerbastard!«, schrie er.
    Er zog seinen Revolver und schoss ein-, zweimal in den hässlichen schwarzen Haufen hinein.
    Sofort war sein Zorn verflogen. Die Waffe entglitt seinen Fingern.
    Seine Beine zitterten vor grauenvoller Angst, sie versagten ihren Dienst. Er sank in die Knie.
    »Mary!«, rief er laut, »ich bin es nicht gewesen! Ich war es nicht!« Mit Staunen sah er eine weiße Hand nach der Waffe greifen. Er blickte auf und sah eine blaue Polizeiuniform mit Messingknöpfen.
    1. März 1926, New York

Carl Van
VECHTEN
    1880-1964 Von Lincoln Kirstein Meine erste Begegnung mit Carl Van Vechten fand in Frühjahr 1927 bei einer dieser glamourösen Donnerstagssoireen von Muriel Draper in ihrem Loft über einem alten Kutscherhaus in der East 40 th Street statt. Er sah wie ein überdimensioniertes, irgendwie an Churchill erinnerndes blondes Baby aus, und er trug eine Feuerwehrbluse. Ich war ein Erstsemester in Harvard, deshalb nahm ich an, dass er ein Feuerwehrmann war. Man hatte mich erst kurz zuvor in New Yorks Haute Bohème eingeführt, und so schien es vollkommen natürlich zu sein, dass man bei Muriel Draper neben Mr Gurdjieff, Langston Hughes, Edmund Wilson, Gilbert Seldes, Paul Robeson, Mary Garden, Mabel Dodge Luhan und Richmond Barthé eben auch einen engelgleichen (echten) Feuerwehrmann traf. Ich war seit 1916 in die Ideen des russischen Balletts verliebt, als meine Eltern der Meinung waren, ich sei zu jung, um Nijinsky zu sehen. Carl war der erste Mensch, der mir erzählte, wie Nijinsky tanzte, und er erzählte es auf eine Art und Weise und mit einer solchen Intensität, dass ich später oft seine Beschreibung als meine eigene übernahm und vorgab, den Tänzer erlebt zu haben, den ich tatsächlich nie gesehen hatte. Dennoch fühlte ich mich persönlich jedenfalls irgendwie nie als Lügner. Ich hatte lediglich Carls Augen benutzt.
    Carl Van Vechten erzählte mir viele Dinge und lehrte mich viel, wobei das Wichtigste ein Gefühl der individuellen, idiosynkratischen Autorität der Eleganz als Stil war. Wörterbücher definieren Eleganz als verfeinerte Anmut und gute Sitten, als ein stoischer Ausdruck eines anspruchsvollen Geschmacks, besonders dann, wenn Reichtum und Raffinement sich verbinden. Wir erinnern uns an die zwanzig Krawattenschals, die Beau Brummell am Morgen verwarf, bevor er einen auswählte, der sein Gefallen fand; Brummell machte den englischen Gentleman, obgleich er von Geburt her selbst keiner war, mit dem täglichen Bad bekannt, und er setzte in der modernen Mode die überragende Autorität der schwarzweißen Herrenbekleidung durch. Carl war ein Dandy. Er wird nun auf keinen Fall der Letzte der amerikanischen Dandys sein – heute haben wir Cassius Clay –, aber er verstand Eleganz auf eine Art und Weise, wie wenige Amerikaner dies taten. Vor Carl gab es diesbezüglich eigentlich nur Edgar Allen Poe, oder vielmehr Poe, der Amerikaner, wie er von Baudelaire übersetzt wurde. Carl hatte von Paris weitaus mehr gelernt als von der University of Chicago. Cedar Rapids, Iowa, plus die Champs Élysées ergeben schon eine perlende Mischung. Seine Beschreibung der Uraufführung von Strawinskys Le Sacre du Printemps am 29. Mai 1913 ist ein Klassiker der luziden Vor-Ort-Reportage.
    Cocteau,
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