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Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Titel: Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)
Autoren: Annick Cojean
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sagte er nur: »Musik!« Hatte ich möglicherweise eines der Bänder mit den schmalzigen Liedern entdeckt, zu denen Soraya auf Gaddafis Geheiß tanzen musste? Ich steckte das Teil in meine Tasche und kraxelte weiter bis zu einer Stufe. Nicht weit von mir klaffte eine Spalte im Boden, die meine Aufmerksamkeit erregte. Warum gerade diese? Es gab so viele davon, die an die Kämpfe im vergangenen August gemahnten oder einfach auf ein Untergeschoss hindeuteten. Ich bückte mich, um hineinzusehen. Auf dem Grund erblickte ich einen roten Gegenstand, der mich neugierig machte. Ich konnte nicht erkennen, was es war. Ich griff nach einem Ast, streckte mich aufdem Boden aus und versuchte, das Ding zu angeln. Was sehr leicht ging, denn es war ein Stück Stoff. Und so förderte ich aus dem Inneren von Bab al-Aziziya einen kleinen roten Spitzen-BH zutage. Wie Soraya gezwungen gewesen war, ihn zu tragen.
    Zum ersten Mal seit Beginn dieser Reise musste ich weinen.

Kurze Chronologie
    1911 Beginn der italienischen Besetzung Libyens
    1943–1951 Libyen steht unter internationaler Schutzherrschaft.
    1951 Gründung des libyschen Staates, Beginn der Monarchie von König Idris I.
    1969 Im Alter von 27 Jahren gelangt Oberst Muammar al-Gaddafi durch einen Militärputsch an die Macht.
    1976 Veröffentlichung des Grünen Buches
    1977 Umbenennung Libyens in »Jamahiriya«, was wörtlich übersetzt »Staat der Massen« heißt.
    1986 Amerikanischer Luftangriff auf Gaddafis Wohnsitze in Tripolis und Bengasi
    1988 Explosion einer Boeing 747 der Pan Am über Lockerbie
    1989 Explosion einer DC-10 der UTA über Niger
    2001 Nach den Anschlägen vom 11. September bezieht Gaddafi Position gegen den Terrorismus.
    2004 Teilweise Aufhebung der US-amerikanischen und europäischen Sanktionen gegen Libyen
    2011 17. Februar Beginn der Revolution
    2011 20. Oktober Gefangennahme und Tod Gaddafis

Danksagung
    Die vorliegenden Recherchen verdanken viel dem Engagement einer mutigen, unabhängigen und leidenschaftlichen Libyerin. Einer Rebellen-Anführerin, die sich vom ersten Tag an mit Leib und Seele der Revolution verschrieben hat und jede Gefahr auf sich nahm, um in aller Diskretion und Zurückgezogenheit Frauen in größter Not zu helfen; Frauen, die Opfer dieses schändlichen Verbrechens waren, das von Gaddafi selbst verübt oder von ihm befohlen wurde und das anzuerkennen Libyen sich bis heute schwertut. Eine Kämpferin, die sich trotz allen Drucks und aller Drohungen weiter für die Sache der Frau einsetzt und der ich an dieser Stelle meine ganze Dankbarkeit ausspreche.
    Ich habe das Glück – seit dreißig Jahren – für eine Zeitung zu arbeiten, der ich mich tief verbunden fühle und die mir sowohl die Zeit als auch das Vertrauen zugestanden hat, dieses Projekt zu realisieren. Den Verantwortlichen von Le Monde sei hier gedankt.

Informationen zum Buch
    „Gaddafi hat mein Leben zerstört. Niemand wird jemals erfahren, was ich erlebt habe. Niemand wird sich davon auch nur eine Vorstellung machen können. Niemand.“ -
    Muammar al-Gaddafi propagierte einen aufgeklärten Islamismus und die Gleichberechtigung der Frau, offiziell existierte unter Gaddafi keine Gewalt gegen Frauen – dabei, so wird nun bekannt, hielt der Diktator über Jahrzehnte unzählige Mädchen und Frauen im Keller seines Palastes gefangen, misshandelte und missbrauchte sie.
    Die Journalistin Annick Cojean stößt auf dieses größte Tabu in der libyschen Gesellschaft nach Gaddafis Tod: In Tripolis trifft sie die junge Soraya, die den Mut hat, das Schweigen zu brechen. Sie erzählt der Journalistin ihre Lebensgeschichte. Als Fünfzehnjährige von Gaddafi ausgewählt und von seinen Schergen entführt, wurde sie jahrelang von dem Tyrannen gedemütigt und vergewaltigt. Doch auch Gaddafis Tod bedeutet für Soraya und ihre Leidensgenossinnen nicht das Ende ihrer Qualen – sie müssen weiterhin um ihr Leben fürchten, denn ihre Familien betrachten sie als entehrt. Und auch die libysche Gesellschaft verschließt noch immer die Augen vor dem wahren Ausmaß von Gaddafis Verbrechen und ist nicht bereit, die jungen Frauen als seine Opfer anzuerkennen und ihnen Rückhalt zu bieten.
    Annick Cojean ist die erschütternde und zugleich hochpolitische Schilderung eines von Gewalt und emotionaler Zerstörung geprägten Lebens gelungen. Sie wurde für diese mutige journalistische Recherche mit dem Grand Prix de la Presse Internationale 2012 ausgezeichnet.

Informationen zur Autorin
    Annick Cojean arbeitet
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