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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi
Autoren: Jörg Maurer
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gehobenes Restaurant mit einer altmodischen Küche. Wenn wir Glück haben, hat unser Opfer im Kurort gegessen, und wir müssen nur noch herausfinden, wer Zucker in die Sauce béarnaise –«
    »Sauce béarnaise, ich höre da immer Sauce béarnaise!«, sagte Maria. »Sind nicht die Bergsteiger geradezu berüchtigt für was Einfaches, also Speck und Schwarzbrot?«
    »Ich habe ohnehin meine Zweifel, ob das ein klassischer geübter Bergsteiger war«, sagte die Frau im Rollstuhl. »Bei denen sind bestimmte Muskelgruppen gut ausgebildet. Bergsteigen ist hauptsächlich eine Ausdauersportart. Doch dieser hier hat andere Sportarten betrieben. Eher Kraftsportarten. Hanteltraining zum Beispiel. Und dann habe ich noch was entdeckt. Hier, sehen Sie, an der Schulter.«
    Jennerwein und Maria traten noch näher und beugten sich über die Schulter. Sie sahen nichts.
    »Es sind Druckspuren, Einschnitte. Erst dachte ich, das wird halt der Rucksack gewesen sein, aber er hat diese Streifen überall am Körper.«
    »An den Innenseiten der Oberschenkel entlang, um die Hüften«, sagte Jennerwein, ohne hinzusehen.
    »Ja, das stimmt, woher wissen Sie das?«
    »Das sind die Stellen, an denen ein Klettergurt anliegt. So muss er sich in die Felsnische abgeseilt haben.«
    Eine MTA -Sklavin der Pathologie erschien und wies darauf hin, dass es für die Mädchen im Nebenraum Limo und Würstchen gäbe. Nach einem Wimpernschlag waren die Girlies verschwunden. Nur zwölf Engelshäute lagen auf den Stühlen. Irgendwo von Ferne erklang
rra ge dun ge dung
!, Gelächter brandete auf, das abrupt endete.
     
    »Das wars?«, fragte Maria.
    »Ja, das wars. Über die Tischdekoration im Restaurant kann ich leider nichts sagen.«
    »Haben Sie vor den Mädchen nichts weggelassen? Irgendein besonders grausiges Detail vielleicht?«
    »Ich habe Kalksteine im Magen gefunden«, sagte die Pathologin. »Und seine eigenen Haare. Und Reste von Schuhsohlen.«

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    bavarian JOU (D)ling((??/!?)), selpst der Seamann(»see, man!« oder »ce monde?«) jottlt sich schiff’lünks beim ach-Thea-glasn: Pogo in Togo (!!//-!-)
    Arno Schmidt: Über das Jodeln
    »Ich möchte einmal Canard à l’orange, mit den Asperges, aber eben ohne die Asperges.«
    »Sehr wohl, Mademoiselle, ohne Spargel.«
    »Ach so, Asperges heißt Spargel. Ja, wenn das so ist, dann nehme ich doch die Asperges.«
    »Sehr wohl, Und Sie, Mademoiselle?«
    »Einen leichten Salat. Aber ohne Spargel. Haben Sie Würstchen?«
    »Was meinen Sie mit Würstchen?«
    »Nürnberger Rostbratwürstchen zum Beispiel.«
    »Saucisse de Nuremberg, bon. Und die dritte junge Dame?«
    »Einen großen Teller Pommes bitte, aber mit Sauce béarnaise dazu. Geht das?«
     
    Jeder Kurort hat auch ein Sternehotel, eine Oase des komplizierten Servicegebarens, eine begehbare Erinnerung an die altmodische frankophile Gastronomie, eine Reminiszenz an die Zeit, als Krabbensalat noch ein Sonntagsessen für die Oberschicht war, und als es für den bürgerlichen Rest Hühnerfrikassee gab Kalbshaschee und Hirnsuppe, Nierenpudding und Verlorene Eier nach altfränkischer Hausmacherart. Hier im Restaurant
Pfanndl
herrschte noch der Geist vergangener Zeit, der alte Familienbetrieb warb mit dem rätselhaften Slogan
gehobene bayrische Tradition
, und mancher gelangweilte Gast meditierte bei Regenwetter darüber. Einheimische verirrten sich selten hierher, das Ambiente war kolonial, die Gäste schienen den Romanen von Fjodor Michailowitsch Dostojewski oder wenigstens Marcel Proust entsprungen zu sein, so fern waren sie den jetzigen Zeiten. Saß dort hinten nicht der triefäugige Raskolnikoff, verbarg sein Beil unter dem Tisch und aß echt bayrische Leberknödelsuppe? Waren die beiden Gestalten, die dort am polierten Buchenholztisch verharrten und die Speisekarten studierten, nicht Aleksej Iwanowitsch, der Spieler – und Fürst Myschkin, der Idiot? Und dort, an dem spärlich beleuchteten Nußbaumtischchen im Chippendale-Stil, prosteten sich da nicht die Herzogin von Guermantes und der grell gekleidete Graf de Charlus mit kohlesäurefreiem Mineralwasser zu?
     
    »Pommes frites mit Sauce béarnaise?«, näselte der uralte Ober, der im Haus geboren war, hier wohnte und das Pfanndl-Anwesen nach eigenen Angaben noch nie verlassen hatte.
    »Ja, Fritten mit Sauce béarnaise«, bestätigte Michelle besorgt. »Gibt es die bei Ihnen vielleicht gar nicht?«
    Ihre beiden Freundinnen, Jeannie und Cosma, kicherten und standen wieder einmal kurz vor einem Lachanfall.
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