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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi
Autoren: Jörg Maurer
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geschickteste Hacker brächte das nicht fertig. Nie? Nie und nimmer. Auch nicht mit einem speziellen geheimen Code? Nein, unmöglich, keine Chance. Also musste diese Stelle umgeschrieben werden. Das Ergebnis war eine knallharte Schilderung des Polizeialltags:
    Jennerwein ließ sich in der Bäckerei Krusti auf einen Computerplatz fallen. Er schloss die Augen und versuchte sich an das Passwort zu erinnern, mit dem er sich ins Intranet der Polizei einloggen konnte. Draußen ging eine blonde, langbeinige, gutaussehende, einundzwanzigjährige Witwe vorbei. Dann fiel ihm siedend heiß ein, dass das mit dem Intranet ja gar nicht möglich war. Enttäuscht verließ er die Bäckerei. Die Luft war schwül und stickig, und er wischte sich den Schweiß ab.
    »Sie wollten sich doch da drinnen nicht etwa ins Intranet einloggen!«, rief Maria, die draußen gewartet hatte. »Das weiß doch jedes Kind, dass das nicht geht!«
    Jennerwein schluckte, Maria warf ihre Haare zurück, was einige Passanten auf dem Gehsteig erschrocken zurückweichen ließ.
    »Das weiß ja sogar ich«, rief Michelle, die dabeistand. »Man kann sich ins Pentagon einhacken, in den Buchungscomputer der Bundesbank, aber nicht ins Intranet der bayrischen Polizei! Wie kann man nur so uncool sein.«
    Die kleine, zweijährige Schwester von Michelle nickte. Jennerwein massierte sich die Schläfen. Warum hatte er sich solch einen Schnitzer geleistet? Warum nur?
    In vielen Danksagungen findet sich immer wieder ein geheimnisvoller Begriff: DAS LEKTORAT . Was aber verbirgt sich hinter diesem Mysterium? Meine eigene Lektorin, Frau Dr.Cordelia Borchardt , ist solch eine literarische Problemlöserin, eine liebevolle (und, wenn es sein muss, unbarmherzige) Begleiterin jedweden erzählerischen Schaffens. Sie hat meine Romane von der ersten, abwegigen Romanidee bis zum Abgabetermin betreut – und ohne sie wären die Abenteuer um Kommissar Jennerwein nie und nimmer entstanden. Was aber tut sie? Auf welche Weise greift sie ein? Und wie weit geht sie? Ein Beispiel wiederum möge ihre Arbeitsweise verdeutlichen. Nachdem ich nämlich obige Textstelle vorgelegt habe, kam postwendend eine Mail folgenden Inhalts zurück:
    Lieber Autor, die Zeilen, die Sie mir zugesandt haben, gefallen mir ausgesprochen gut, ich habe einige kleine Änderungsvorschläge:
    > Jennerwein schloss die Augen und versuchte sich an das Passwort zu erinnern, mit dem er sich ins Intranet der Polizei einloggen konnte. Draußen ging eine blonde, langbeinige, gutaussehende, einundzwanzigjährige Witwe vorbei.
     
    Gut, die Idee mit der Witwe – aber er hat doch die Augen geschlossen!
    > Enttäuscht verließ er die Bäckerei. Die Luft war schwül und stickig, und er wischte sich den Schweiß ab.
     
    Luft schwül und stickig, dann Schweiß abwischen: Das hat man schon bei Chandler gelesen, bei Agatha Christie, bei Simenon, Grisham, Dostojewski, Poe, Kleist, Cervantes, Plinius … Bitte etwas dichtere Atmosphäre!
    > Jennerwein schluckte, Maria warf ihre Haare zurück, was einige Passanten auf dem Gehsteig erschrocken zurückweichen ließ.
     
    Hatte Maria nicht ein paar Kapitel vorher noch eine praktische Kurzhaarfrisur?
    > »Das weiß ja sogar ich«, rief Michelle, die dabei stand. »Wie kann man nur so uncool sein.«
     
    »Uncool« sagt man schon lange nicht mehr. Man sagt »gogg« oder »lash«, vielleicht gerade noch »ehrenamtlich«, aber nicht »uncool«. Bitte recherchieren!
    > Jennerwein massierte sich die Schläfen, aber er fand keine Antwort. Warum hatte er sich solch einen Schnitzer geleistet? Warum nur?
     
    Insgesamt finde ich den Text gelungen, aber er passt nicht so recht in den Erzählfluss. Ich würde sagen, wir streichen die ganze Stelle.
    Und aus diesem Grund, liebe Leser, finden Sie diese Stelle nirgendwo im Roman. Danke, Frau Doktor!
    Früher nannte man so etwas das Bureau oder das Comptoir, ganz früher Scriptorium. Und was wird hier gemacht? Wird hier das unleserlich geschriebene Manuskript abgetippt? Kaffee gebraut? Nein, das tut der Autor schon selber, in den meisten Fällen wenigstens. In solch einem Büro spielen sich heutzutage ganz andere Sachen ab. Da werden Lesereisen vorbereitet, die den Kontakt zu Ihnen, verehrte Krimiliebhaber, herstellen. Da werden Mails beantwortet: Warum spielt im Film nicht Hugh Grant den Kommissar Jennerwein? Wer sind Kl. und Pr.? Und ist der Schroffkogelspitzberg nicht nordöstlicher, als das im Buch dargestellt ist? Das alles geschieht im geräumigen
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