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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi
Autoren: Jörg Maurer
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Alles merkst du, aber das merkst du nicht.«
     
    Der Putzi hatte aber gar keine Freundin. Er hatte auch kein besonderes Interesse an der Natur. Der Putzi hatte ein dunkles Geheimnis.

5
    Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt.
    Jodler aus der Gegend von Prag
    Johnny Winterholler hatte eine angenehme Nacht in der Wand verbracht. Eine wunderbare Nacht war es, mit einem Traum von der achten Gewinnstufe bei
Wer wird Millionär
? Was ist ein Prusikknoten? Ist das a) eine Gewebeverdickung, b) eine Verkehrsinsel, c) eine Bergsteigerseilschlinge oder d) ein Engpass bei der Aktienversorgung?
     
    Johnny Winterholler reckte sich in seinem Outdoor-Schlafsack und öffnete die Augen. Das Werdenfelser Tal erschien ihm skizzenhaft, wie der flüchtige Entwurf des Teufels für eine besonders komfortable Hölle. Seinen Schlafsack, eine Spezialkonstruktion, hatte er freischwebend an zwei Haken in der Wand aufgehängt, seinen Rucksack und seine Schuhe hatte er in die kleine Felsspalte gestellt, die ihm gestern Schutz vor dem Regen geboten hatte.
    Immer wieder genoss er das Gefühl, beim Erwachen nicht ganz genau zu wissen, wo er sich befand. Im Niemandsland zwischen Schlaf und Bewusstsein schlingerte er wild und orientierungslos herum. Eben noch hatte er geglaubt, sich in seinem Bett zu Hause zu befinden, jetzt wachte Johnny Winterholler in einer Steilwand des Wettersteingebirges auf, und am Leben hielten ihn zwei winzige eingeschlagene Stahlstifte. Ein kaltes Eislüftchen, das von Tirol herübergekommen war, hatte ihn geweckt. Er reckte sich ein wenig. Die Sonne war längst aufgegangen. Als er sich langsam aus dem Schlafsack schälte, hing die Generalswitwe Mary-Lou Templeton schon wieder an seinem Körper, sie hatte sich unten in der Bäckerei Krusti mit ein paar Buttercremeschnitten light eingedeckt, jetzt saß sie in der ersten Gondel nach oben und fuhr den stattlichen Johnny Winterholler mit dem Armeefernglas ab.
    »Good morning, Mr.Beefcake!«, rief sie ihm zu und biss in die watteweiche Schnitte.
     
    Johnny Winterholler hingegen war ein Frühstücksmuffel. Zu dieser Tageszeit und in dieser Höhe brachte er keinen Bissen hinunter. Er spielte ein paar Töne auf der Mundharmonika. ♫ Oh schöne Gipfeleinsamkeit … spielte er, ♫ Mein Glück liegt nicht im Tal … und ♫ Mich juckt’s in den Bergschuhen … – was man halt ohne hohes Fis so alles spielen kann. Dann öffnete er den Rucksack und holte seine Morgenlektüre heraus, ein Lexikon des Allgemeinwissens, die Enzyklopädie aller nur möglichen Quizfragen, den Baedeker des kleinsten gemeinsamen Nenners. Selbstverständlich trug er nicht den Riesenschinken mit sich, er hatte die Seiten 353 bis 359 herausgerissen und studierte sie nun. Johnny Winterhollers ganz großer Traum war es, bei einer TV -Quizshow teilzunehmen, bis zur höchsten Stufe zu kommen und vor einem Millionenpublikum abzuräumen. Achte Gewinnstufe. Wer war Lorenzo de Tonti (1602–1684)? Der Erfinder der a) Kirchenorgel, b) Rentenversicherung, c) Pizza oder d) Integralrechnung?
     
    Johnny Winterholler prägte sich ein paar Fragen und deren Lösungen ein, dann packte er sein Zeug zusammen und bereitete sich auf das Weiterklettern vor. Als er die Ärmel hochgekrempelt hatte, setzte sich erneut ein kleines Insekt auf seinen nackten Unterarm. Was, schon wieder eine Mücke? Und so früh schon? In dieser Höhe und zu dieser Tageszeit hatte er noch nie eine Mücke gesehen. Er fragte sich, was dieses Tierchen hier, fernab von jeglicher Vegetation trieb. Mücken in dieser Höhe und um diese Zeit, unglaublich. Das Insekt blieb auf seiner Haut sitzen, wie um sich auszuruhen. Er betrachtete es genauer. Diese Art hatte er noch nie gesehen. Auf den ersten Blick war es eine gewöhnliche Fenstermücke, mit zwei großen, schildähnlichen Flügeln. Aber irgendetwas war an diesem Insekt anders. Als er es noch näher betrachten wollte, pumpte es sich auf und flog weg. Johnny Winterholler kletterte weiter. Die durchschnittliche Lebenserwartung einer Mücke beträgt a) einen Tag, b) eine Woche, c) einen Monat oder d) einen Sommer. Nachdem er ein paar Meter geklettert war, fiel ihm ein, dass er seine lederne Mundharmonikahülle in der Nische hatte liegen lassen. Er kletterte nochmals hinunter.

6
    1101 1001 0101 1110 1001 0101
    1110 1001 1100 0001 0011 0011
    Digitaler Jodler
    Dun ge dun ge dung dung dung dung !
    Jeannie und
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