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Nichts

Nichts

Titel: Nichts
Autoren: Ben Louis
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Fahrstuhlknopf.
       Dann drehe ich mich um und fiepe: »Ach Jack, hab’s wirklich eilig !«
       Dabei krame ich meinen Ausweis hervor und strecke ihn ihm entgegen. Genauso gut könnte ich allerdings eine belegte Stulle hochhalten, Jack würde es auf die Entfernung nicht erkennen. Im gleichen Moment macht es Bing und die Aufzugtür öffnet sich gemächlich. Jack winkt verächtlich ab und schüttelt den Kopf. Wobei ich letzteres nur vermuten kann, da ich längst im Fahrstuhl verschwunden bin und zappelig darauf warte, dass sich die Schiebetür endlich wieder schließt. Mehrmals drücke ich auf den Knopf mit der Sechzehn.
       Komm schon!

Mo. 18. Mai 2015  7:39 Uhr
    - 0000001:02:000:08:20:13
    Minus 1 Jahr : 02 Monate : 000 Tage : 08 Stunden : 20 Minuten : 13 Sekunden
     
     
     
     
    L eise öffne ich die Tür und hoffe nicht bemerkt zu werden.
       »Brian! Wie geht’s? Kommen Sie rein«, begrüßt mich Harold Wegener, Direktor des Fermilab und zerschlägt damit meine Zuversicht.
       Mit seiner tiefen und kräftigen Stimme erklärt er mir:
       »Wir haben gerade erst angefangen. Sie haben also noch nichts verpasst .«
       »Mir geht’s gut, danke. Morgen alle zusammen«, antworte ich und schließe die Tür hinter mir.
       Prima! Wie ich es genieße im Mittelpunkt zu stehen.
       Meine Kollegen sitzen längst alle an ihren Tischen - die in der Mitte des hell beleuchteten Raumes rechteckförmig aufgestellt sind - und folgen mir mit ihren Blicken. Frank, Bruce, Carla, Morgan, Bernhard, Fred… George - dem ich kurz zunicke - und noch etwa zehn bis fünfzehn weitere Fachbereichsleiter und Leiterinnen, deren Namen ich nicht erinnere. Ich setze mich möglichst geräuschlos auf einen freien Platz und spitze auffällig die Ohren.
      
    Wir befinden uns im so genannten Himmel, dem Deep-Briefing-Room der Chefetage.
       Ein rechteckiger Saal, etwa fünfzehn auf zehn Meter groß. Bis auf den schwarzen Schieferboden ist der Raum komplett weiß. Selbst die Möblierung - die genau genommen nur aus Stühlen und Tischen besteht - ist weiß. Von der weißen Decke, die wie ein großes Segel abgehängt ist - ein architektonisches Wunderwerk, wie ich vermute - blenden gut und gerne fünfzig ovale Einbauleuchten und geben dem Raum damit eine stark transzendente Atmosphäre. Daher auch der inoffizielle Name. So in etwa stellen wir uns den Ort vor, an dem man auf den Eintritt durch die Himmelspforte wartet. Makellos weiß eben!
       Von den Glaswänden an beiden Stirnseiten hat man einen sensationellen Blick auf das umgebende Chicago. Natürlich nur, wenn die – weißen - Raffstores nicht heruntergelassen sind, so wie jetzt. Dies ist normalerweise immer dann der Fall, wenn Wegener die Filmleinwand benutzen möchte. Vielleicht will er uns heute aber auch das Ave Maria singen, denke ich und kann mir ein in meiner Situation nicht angemessenes Lächeln kaum verkneifen.
     
    »Wie gesagt…«, fährt Harold nun mit ernster Miene fort, »auch wenn wir bisher weitgehend unser eigenes Ding durchziehen konnten, dürfen wir nicht vergessen, wer hier die Rechnungen bezahlt .«
       Nun setzt sich Harold hin, was noch nie ein gutes Zeichen war. Auch wenn wir hier und da mal einen kleinen Scherz über Harold Wegener machen, so wird er doch von jedem im Fermilab hoch geschätzt. Für mich ist er auf jeden Fall ein Drache . Mit seinem natürlichen Charisma steht Harold oft im Mittelpunkt. Ein blühender Gesellschafter, der sich für seine Umwelt interessiert.  Energie und Selbstbewusstsein zeichnen ihn ebenso aus, wie seine Fähigkeit, andere um ihn herum zu beeindrucken. Harold zeigt sich gerne in der Öffentlichkeit. Er sprüht, ebenso wie sein tierischer Spiegel, vor Energie und Begeisterung. Besitzt eine stolze Persönlichkeit und wirkt deshalb auch schnell arrogant, was er im Grunde aber nicht ist. Er hat ein warmes, wohltätiges Herz. Oft genug bewiesen. Bietet immer Hilfe an, wenn jemand nicht weiter weiß. Wo andere sich feige zurückziehen, ist Harold zur Stelle und löst Probleme mit Würde und Autorität. Allerdings, Harold kann auch auf Stur und weil er gerne sagt was er denkt, stößt er des Öfteren auf Unverständnis.
       Für einen achtundvierziger Jahrgang jedenfalls, also mit sechsundsechzig Lenzen auf’m Buckel, geht er locker als Anfang Fünfzig durch. Harold studierte an der University of Michigan und promovierte an der University of Wisconsin . Danach war er bis 1991 als Assistant Professor an der
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