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Nicht lecker, aber Weltrekord

Nicht lecker, aber Weltrekord

Titel: Nicht lecker, aber Weltrekord
Autoren: Katinka Buddenkotte
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verstehst?«
    Carols Augen wurden noch größer: »Und so was steht im Koran, ja?«
    Um mich nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen, entschied ich mich für eine diplomatische Antwort: »Müsste.«
    Carol warf den Kopf zurück und lachte schallend: »Genau deswegen ist das ja auch alles Mumpitz! Schweine sind sehr hygienische Tiere, wenn sie erst einmal tot sind. Das ist ja das Problem, dass die den ganzen Mist glauben. Deswegen war ich da unten. Um die Menschen aufzuklären. Für die Freiheit.«
    Da stand sie, die Erlöserin, fest auf ihren durch hartes Training perfekt geformten Beinen, die für immer so glatt sein würden wie die Oberfläche der Freiheitsstatue. Wie sollte ich Argumente hervorbringen gegen jemanden, der ein Jahr lang in der Wüste gelebt hat, unter gelasertenKameraden, die nichts anderes im Sinn hatten, als den Ungläubigen klarzumachen, dass ein Schnitzel der erste Schritt in Richtung Weltfrieden ist? Wie hätte ich Carol widersprechen können? Selbst wenn ich an ihre Autoschlüssel herangekommen wäre, hätten sie mir gar nichts genutzt. Sie war und blieb zumindest mein Ticket in die Freiheit.
    ***
    Auf der Rückfahrt hatte sich mein Stockholm-Syndrom bereits so prächtig entwickelt, dass ich in der Lage war, eventuelle Reizthemen geschickt auszuklammern, indem ich gar nichts sagte. Als wir nach über vier Stunden immer noch kein Wort gewechselt hatten, beschloss Carol, dass wir zu Unterhaltungszwecken einen kleinen Umweg nehmen könnten, damit ich wenigstens noch das wahre Amerika zu Gesicht bekäme. Sie quartierte uns bei Freunden ein, die in Washington D. C. wohnten beziehungsweise residierten. Julie und Andrew erwiesen sich als ein furchtbar nettes Paar, das seine großzügig geschnittene Wohnung mit Loft-Charakter nur zu gern für eine Nacht mit uns teilte.
    »Ihr werdet euch allerdings ein Bad teilen müssen«, entschuldigte sich Julie bei unserer Ankunft, »wir hatten ja gar nicht mit eurem Besuch gerechnet.«
    Wir winkten ab. Sosehr ich es auch von den wahren Amerikanern gewohnt war, dass sie bei einer entsprechenden Vorlaufszeit schnell noch ein drittes, provisorisches Bad neben dem Salon errichten, sowenig störtemich Julies hausbackene Art. Im Gegenteil, ich fand ihre Unkompliziertheit sehr erfrischend und stieg direkt darauf ein.
    »Also, Julie, Andrew, seid ehrlich: Welche Bank habt ihr ausgeraubt, um euch diese Bude leisten zu können?«
    Andrew errötete, was seinen jungenhaften Charme noch verstärkte. Kunststück, er war höchstens fünfundzwanzig.
    »Nun ja, Julies Vater hat die Wohnung angezahlt. Aber wir haben bei der Army auch ganz gut verdient, nicht wahr, Schatz?«
    »Richtig«, ergänzte Julie, »der Einsatz hat uns natürlich sehr geholfen. Ich arbeite jetzt für die Regierung. Wenn auch für die falsche«, fügte sie seufzend hinzu.
    Daraufhin tätschelte Andrew die Hand seiner Liebsten und beruhigte sie: »Er wird sich nicht lange halten, versprochen.«
    Dieser Ansprache zum Nationalfeiertag hatte ich nichts hinzuzufügen. Ich bin ein höflicher Gast, solange ich kein Schild sehe, auf dem »U-Bahn« steht.
    Carol entschloss sich, mir die Stadt zu zeigen, weil unsere Gastgeber verhindert waren. Julie musste das Weiße Haus bewachen, Andrew Protein-Shakes trinken. Bei der Verabschiedung salutierten wir den beiden jungen Hoffnungsträgern, die täglich gegen alle Widrigkeiten und für ihren Traum kämpften.
    Um das wahre Amerika kennenzulernen, muss man sich seine Toten anschauen. Wir fingen mit den Besten an und starteten unsere Tour am Friedhof von Arlington.
    Es ist dort ganz anders als in Graceland, viel weißer. Auf einer Fläche, die in Dokumentarfilmen immer als die von über tausend Fußballfeldern angegeben wird, stehen Grabsteine und weiße Kreuze auf sanften, grünen Hügeln. Es ist gruselig. Carol nannte es erhaben.
    Wir besuchten das Grab von John F. Kennedy. Neben seinem liegt ein winziger Grabstein, für das Baby, das Jackie Kennedy kurz nach dessen Geburt zu Grabe tragen musste. John Juniors Grab sah ich nicht.
    »Er durfte nicht hier begraben werden«, erklärte Carol. »Er war weder Präsident noch Soldat.« Sie konnte nicht anders als hinzuzufügen: »Ich dürfte hier begraben werden.«
    »Wieso dürfte?«, entgegnete ich.
    Carol runzelte die Stirn.
    »Es kommt darauf an. Kameraden, die in der Schlacht sterben, haben Vorrang, selbstverständlich. Irgendwann ist das hier alles auch voll belegt.«
    »Dann ist es doch ganz gut, dass Obama die Truppen
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