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Nicht lecker, aber Weltrekord

Nicht lecker, aber Weltrekord

Titel: Nicht lecker, aber Weltrekord
Autoren: Katinka Buddenkotte
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Laternen zu semmeln?«
    »Na-hein! Dass du auf mich aufpasst. Mich beschützt. Vor den Gefahren da draußen. – Also, was immer wir bei unserem Rendezvous machen, wir machen es ohne Brille.«
    »Darf ich meine aufsetzen?«
    »Auf gar keinen Fall! Rasieren und Kontaktlinsen, das sind nun mal meine Bedingungen. Mehr will ich ja gar nicht.«
    Mein Freund ist begeistert: »Okay, super, dann steh ich jetzt auf, rasier mich, setz die Linsen rein, und fertig ist die Laube. Gut, oder?«
    Eine Frau weiß, wann aus einem harmlosen Flirt etwas Ernsthaftes wird. Mit Grabesstimme frage ich den Mann, der seit Jahren Tisch und Bett mit mir teilt: »Du willst dich überhaupt nicht mit mir verabreden, oder?« Ich überlege, ob ich jetzt mit Heulen anfangen soll, entschließe mich aber für die andere, jederzeit bestehende Möglichkeit und jaule: »Ein Hund würde immer mit mir ausgehen wollen.«
    Jetzt heult beinah mein Freund: »Also, Katinka, ich habe langsam das Gefühl, es geht dir gar nicht um mich, sondern nur ums Ausgehen, Hauptsache ohne Brille. Ob ich mit dir ausgehe oder ein Blindenhund, das ist dir scheißegal.«
    »Stimmt doch gar nicht!«, kreische ich und nehme meinen Freund in den Arm, damit er sich wieder beruhigt. Er ist äußerst zart besaitet, wenn es um diese Beziehungskisten geht. »Also, pass auf«, verkünde ich, nachdem wir uns ausgeweint haben, »wenn wir uns für Samstag verabreden, dann fange ich für ein ganzes halbes Jahr nicht wieder mit einem Hund an, okay?«
    »Gebongt!«, ruft mein Freund und haut seinen Kopf auf das Kissen.
    Als ich Sekunden später Schnarchgeräusche wahrnehme, stupse ich ihn noch einmal an.
    »Äh, Liebster! Könntest du mich vielleicht fragen?«
    »Nach was denn?«, nuschelt er müde.
    »Na, nach der Verabredung.«
    »Wir hatten doch Samstag gesagt. Oder jetzt doch nicht?«
    »Doch, klar, Samstag, gebongt«, murmele ich undversuche, noch etwas aufgeregt zu sein, schlafe aber sofort ein.
    ***
    Es ist Samstag, und wir beide regen uns sehr auf. Gegenseitig.
    »Wir hätten im Sommer gehen sollen«, nörgelt mein Freund.
    »Unfug! Im Sommer sind viel zu viele Kinder hier, die rumschreien.«
    »Aber im Sommer sind mehr Tiere wach.«
    »Wir sind doch nicht wegen der Tiere im Zoo, du Idiot.«
    Ich kann nicht glauben, dass diese Worte aus meinem Mund geflutscht sind. Eigentlich will ich immer Tiere gucken, sogar im Zoo, aber heute ist schließlich mein Date, das lasse ich mir weder durch schlafende Tiere versauen noch durch meinen Freund.
    Wir lassen unsere Blicke durch die graue Ödnis schweifen. Da ich keine Brille trage, erkenne ich die Dinge nur sehr schemenhaft, oder sagen wir lieber, alles um uns herum verschwimmt, wegen der starken Gefühle.
    »Oh, guck mal, dahinten, da bewegt sich was! Eine Antilope oder so.«
    Zackig laufen wir zum gegenüberliegenden Gehege, aber das verdammte Biest ist schneller. Als wir bei ihm angelangt sind, ist es im Stehen eingeschlafen oder tut zumindest so.
    »Das ist ein Okapi«, liest mein Freund mühsam von der Tafel ab, »sein Lebensraum sind die tropischen Regenwälder Afrikas. – Hey, Moment mal, dann kennt das ja gar keinen Winter, das darf jetzt überhaupt nicht schlafen.«
    »Hey, Okapi, wecki-wecki! Zackig!«, rufen wir beide und wedeln mit den Armen.
    Das Okapi fliegt weg. Mein Freund schaut irritiert auf die Tafel: »Das steht hier aber gar nicht, dass die das machen.«
    »Haben Sie gerade unseren Reiher verscheucht?«, fragt der Tierpfleger, der sich böswillig an unser romantisches Date herangeschlichen hat.
    »Der war falsch einsortiert«, verteidige ich unser Weckmanöver.
    »Und überhaupt: Müsste der nicht in den Süden fliegen?«, versucht mein Freund ihn abzulenken.
    »Unser Reiher fliegt, wohin er will«, behauptet der Pfleger und schenkt uns einen Blick, den wir aus dem Fernsehen kennen. So gucken Tierpfleger immer die Großkatzen an, bevor sie die Betäubungspfeile auf sie richten.
    Instinktiv rennen wir ein bisschen weg, begreifen aber, dass wir keine direkten Fluchttiere sind, und suchen stattdessen Schutz im Dickicht.
    »Das ist jetzt schon romantisch«, befinde ich, als wir im Innersten des Oleanderbusches angekommen sind.
    »Romantisch? Ich fand das jetzt eher beängstigend. Ich meine, der Typ war doch drauf und dran, uns in einen Käfig zu sperren.«
    Aber mein Freund lächelt, als er das sagt. Ich weiß, dass er stolz darauf ist, für eine wilde Kreatur gehalten zu werden. Hätte er sich heute Morgen nicht rasiert,
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