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Nicht lecker, aber Weltrekord

Nicht lecker, aber Weltrekord

Titel: Nicht lecker, aber Weltrekord
Autoren: Katinka Buddenkotte
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mit ausgefahrenem Zollstock vom Leibe hielt, testete er zuerst die Miele Quatro Ekofresh auf ihre Geländetauglichkeit und trommelte bald einen wilden Rhythmus auf der geöffneten Bauknecht XZ, bis das Besteckkörbchen tanzte.
    »So simuliert man einen Hauptspülgang!«, erklärte er den interessierten Zuschauern.
    Gerade als er sich zu einem Proberitt auf eine zierliche Siemens werfen wollte, lenkte der herbeigeeilte Geschäftsführer ein: »Guter Mann, was möchten Sie denn so anlegen?«
    Mein Vater schwang das Bein keck über die verschonte Maschine und überlegte laut: »Was ich anlegen möchte? Na, doch möglichst wenig, nicht wahr?« Dazu zwinkerte er neckisch.
    Wenn mein Vater neckisch zwinkert, sieht er dabei nicht aus wie Errol Flynn in »Robin Hood, König der Vagabunden«, sondern er sieht aus wie Homer Simpson, der denkt, dass er dabei wie Errol Flynn aussieht.
    Seine Darbietung polarisierte das Publikum. Frauen hielten ihren Ehemännern die Augen zu, ich selbst fand auch kein besseres Versteck als das hinter meinen Handflächen. Der Geschäftsführer witterte seine Chance und sprach die Zauberformel:
    »Unser preisgünstigstes Gerät bieten wir ab vierhundertneunundsechzig Euro an.« Er lächelte kalt.
    Mein Vater sah den Geschäftsführer ungläubig an, zog angewidert die Nase kraus und klappte gekonnt seinen Zollstock zusammen. Kopfschüttelnd wiederholte er: »Vierhundertneunundsechzig Euro? – Ich wollte nicht darin wohnen, ich wollte lediglich ein bisschen Geschirr darin waschen.«
    Mein Vater drehte sich auf dem Absatz seiner Bommelslipper um und schritt erhobenen Hauptes zum Ausgang. Ich wartete ab, bis sich die Massen auflösten, dann folgte ich ihm und holte ihn an der nächsten Ecke ein. Aufgeregt hüpfte er von einem Bein auf das andere.
    »In spätestens fünf Minuten ist der Kerl hier und macht mir ein realistisches Angebot für die Miele!«, behauptete er triumphierend, den Blick auf seine Armbanduhr geheftet. Gespannt sah er den Zeigern zu, ich half ihm eine Weile dabei. Zwanzig Minuten später sah auch mein Vater ein, dass wir uns langsam auf den Weg zum ProMarkt machen konnten. Dort hatten sie ein Gerät aus Südostasien im Sonderangebot, zu dem mein Vater keine einzige Frage stellte. Nicht mal umgedreht hat er sie, sondern einfach bestellt, inklusive Lieferung und Installation. Ich machte mir Sorgen um ihn.
    ***
    Die Lieferanten vom ProMarkt haben unsere neue Spülmaschine natürlich nicht angeschlossen. Vielleicht haben sie zuvor mit dem Geschäftsführer vom Saturntelefoniert, was ich aber nicht glaube. Meine Mutter allerdings hält es mittlerweile für möglich, und mein Vater weiß, dass es so gewesen sein muss. Man kann den Leuten vom ProMarkt noch nicht einmal einen echten Vorwurf machen, schließlich hat meine Mutter ja auch erst sehr spät festgelegt, wo in unserer Küche unsere neue Spülmaschine stehen soll. Nur um noch einmal die Begrifflichkeiten zu klären: Mit unserer Küche und unserer Spülmaschine meine ich die Küche und die Spülmaschine meines Freundes und mir. Beide befanden sich letzte Woche (und befinden sich hoffentlich noch immer) in Köln, meine Mutter nicht. Meine Mutter war noch nie in unserer Küche, aber wir haben ihr ein Fax vom Grundriss der Küche und der Spülmaschine geschickt. Mit »wir« meine ich jetzt wiederum meinen Vater und mich, denn der war ja letzte Woche schon in Köln. Mein Vater hat die Küche und die Spülmaschine gemalt, weil, so meine Mutter, ich »nur schön malen könnte, aber nicht richtig«. Also hat mein Vater ein kleineres Quadrat in ein größeres Quadrat gemalt, und ich habe diese kandinskyähnliche Skizze dann meiner Mutter gefaxt, damit sie eine Vorstellung von den Gegebenheiten in unserer Küche hat. Faxen musste ich, weil mein Vater nur schön faxen kann, aber nicht richtig. Dann haben wir auf den Anruf meiner Mutter gewartet, die aber immer meinen Vater auf dem Handy angerufen hat, weil sie dachte, mein Festnetz könne noch nicht wieder telefonieren, weil es ja gerade noch gefaxt hat. Das Handy meines Vaters lag aber wie immer im Auto, also hat meine Mutter schlussendlich meinen Freund auf dessen Handy angerufen. Der solltemal kurz aus seinem Zimmer in unsere Küche gehen, die ja auch irgendwie seine Küche sei, um meinem Vater und mir zu sagen, sie, meine Mutter, hätte auch gleich keine Lust mehr, und sie ließe vorwurfsvoll fragen, wo denn überhaupt der Herd auf der Zeichnung sei.
    Mein Vater, mein Freund und ich haben
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