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Nicht lecker, aber Weltrekord

Nicht lecker, aber Weltrekord

Titel: Nicht lecker, aber Weltrekord
Autoren: Katinka Buddenkotte
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war, als er in Deutschland war.«
    »Saddam hätte er ohne Weiteres fertiggemacht, mit Sicherheit!«
    Die alte Lady sieht Carol an, eine Träne fließt ihre Wange hinab.
    »Du bist ein gutes Mädchen. Erst verteidigst du uns da unten in der Hölle, und dann kümmerst du dich in deiner Freizeit um behinderte Nazis. Gott liebt dich, und der King tut es ebenfalls.«
    Die Menge beschließt, dass Carol und ich uns ganz vorne in der Schlange anstellen dürfen, und wir bekommen sogar jeder einen Rabatt auf unsere Eintrittskarten. Carol für Kriegsveteranen, ich für mental Herausgeforderte.
    Carol grinst zufrieden, als wir in den Minibus steigen, der uns aus Sicherheitsgründen auf die andere Straßenseite bringen muss, also die, auf der wir gerade in der Schlange standen.
    »Es war zu lustig, wie du da eben den ganzen Nazikram verteidigt hast, ich hätte mich fast bepisst vor Lachen«, verrät Carol mir.
    Ich zeige mich wieder mal wenig lernfähig: »Carol, ich habe den Nazikram nicht verteidigt, ich bin …«
    Carol rollt mit den Augen und unterbricht mich: »Herrgott, das weiß ich doch. Ich bin doch nicht blöd. Ich habe zwei Semester deutsche Geschichte studiert. Ich habe eine Facharbeit über die Karolinger geschrieben.«
    Sie spricht das Wort Karolinger aus, als hätte sie aufgrund ihres Vornamens Anspruch auf irgendeinen Thron.
    »Ich weiß sehr viel über europäische Geschichte«, plustert sie sich weiter auf. »Die haben sich ja nur bekriegt, früher. Apropos … Katinka, weißt du eigentlich, wem zurzeit das Rheinland gehört?«
    »Mich!«, antworte ich auf Deutsch und grinse dämlich und alleine, wie man es von einem geistig zurückgebliebenen Nazi erwartet.
    ***
    Unser Hotel ist von Graceland aus fußläufig zu erreichen, und das ist schon das einzig Positive, was sich darüber sagen lässt. Der gitarrenförmige Pool ist nicht viel größer als eine echte Fender Stratocaster und lädt auch aus dem Grunde nicht zum Schwimmen ein, weil drei dicke Kinder den Gitarrenhals blockieren. Ihre Mutter ernährt sie, indem sie ihnen im Minutentakt Marshmellows vom Beckenrand in die offenen Münder wirft.
    »Und für die bin ich in den Krieg gezogen«, spricht Carol angeekelt und öffnet ihre vierte Dose Bier. »Die sind doch vollkommen unhygienisch.«
    Hygiene ist ein großes Thema für Carol, da unterscheidet sie sich nicht von der Zivilbevölkerung. Seit dem 11. September haben sich die Parameter jedoch sehr verschoben. Zu meiner Highschool-Zeit haben mir die Zehnjährigen erklärt, dass es widerlich sei, wenn eine Frau sich nicht jeden Tag die Beine rasiere, doch als Carol heute Morgen meinen Rasierer in der Dusche fand, hat sie fast einen Ausschlag bekommen.
    »Willst du den etwa benutzen?«, fragte sie mich entgeistert, und ich antwortete, wie es mir eingebläut worden war: »Ja, jeden Tag.«
    »Das ist doch unhygienisch!«, rief sie. »Heutzutage gibt es doch andere Möglichkeiten. Ich habe mich lasern lassen.«
    Ich muss etwas europäisch-überrascht geblickt haben, denn Carol sah sich genötigt, zum Beweis blank zu ziehen. Sehr blank.
    Im ersten Moment schloss ich die Augen, weil ich fürchtete, mich sonst des Besitzes von Kinderpornografie schuldig zu machen, aber dann konnte ich nicht widerstehen und wagte einen zweiten Blick.
    »Es ist ungeheuer praktisch, vor allem im Einsatz«, zählte Carol die Vorteile ihrer Ganzkörperglatze auf, »und auch beim Sex. Da riecht man nicht mehr stundenlang nach Mann. Männer riechen ja schon widerlich, selbst, wenn man sie vorher wäscht.«
    Carol seufzte, als bestünde ihr harter Alltag hauptsächlich darin, junge Männer in Bottiche voller Seifenlauge zu tauchen, um im Anschluss daran die Geeignetsten für einen schnellen, reibungslosen Beischlaf auszusortieren.
    Um nicht tiefer in diese Fantasie einzusteigen, lenkte ich das Thema wieder in seichtere Gewässer: »Das ist bestimmt praktisch, äh, vor allem in der Hitze. Deswegen machen die muslimischen Frauen das ja auch, diese komplette Enthaarung. Ist hygienischer in der Wüste.«
    Carol glotzte mich mit großen Augen an.
    »Quatsch. Du kannst doch gar nicht wissen, wie eine Araberin nackt aussieht. Wenn du mal eine nackt gesehen hättest, wärst du jetzt tot.«
    Bevor ich zugab, dass ich noch nie eine so nackte Frau wie Carol gesehen hatte, bezog ich mich auf die schriftlichen Dokumente: »Aber das tun sie. Steht sogar im Koran, glaube ich. Ist wie mit dem Schweinefleisch, es verdirbt zu schnell dort. Unhygienisch, du
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