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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition)
Autoren: Melvin Burgess
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bleiben kannst. So lange wie möglich, wenn du mich fragst«, fügte sie hinzu.
    Nick setzte sich. Ihm kamen die Tränen. »Wie, möglich?«, fragte er. »Was heißt das?«
    Jenny legte sachte die Arme um ihn. »Ach, Nick, nicht doch. Darüber brauchst du dir jetzt keine Gedanken zu machen. Du weißt doch, Muriel und ich waren unzertrennlich, wir beide gehörten einfach zusammen. Wir haben immer alles geteilt. Du bleibst hier, ja, Nick? Ja, Lieber?«
    Nick versuchte zu entspannen. »Danke«, sagte er. »Danke.«
    Sie nickte und ließ ihn los. »Gut, dann ist das klar. Und jetzt habe ich Hunger, du bestimmt auch. Was hältst du von Fisch und Fritten?«
    »Gut.«
    »Gehst du oder soll ich gehen? Ich gehe, okay? Du kannst babysitten. Siehst du? Ist doch praktisch – ein Babysitter im Haus! So gut hatte ich’s noch nie!«
    »Geht klar.«
    Jenny holte Fisch und Fritten, und dann saßen beide auf dem Sofa und aßen. Nick hatte einen Mordshunger – er vertilgte seine Portion und dann noch die meisten Fritten von Jenny. Beim Essen fragte er erneut, was genau geschehen war.
    Ihr grauste davor – dass sie ihm sagen musste, seine Mutter sei an einer Überdosis Heroin gestorben. Mit dem Unfall hatte sie das ja schon angedeutet, es war ihr einfach rausgerutscht. Was war sie doch für ein Plappermaul. Sie hatte sich schon gedacht, dass er nachfragen würde, aber zum Glück hatte er es dann wohl vergessen und offenbar nur behalten, dass die Sozialarbeiterin von einer Obduktion gesprochen hatte.
    »Was glaubst du, was passiert ist?«, fragte er und stopfte sich Fritten in den Mund. »Sie war doch viel zu jung für einen Herzinfarkt, oder?«
    Jenny ließ sich nichts anmerken. Sie hätte es jetzt sagen können, brachte es aber nicht fertig. Der arme Junge, dachte sie, der hat heute schon genug zu verdauen. Es reichte, wenn er morgen erfuhr, dass seine Mutter gelegentlich heimlich gefixt hatte und wie ein Junkie mit der Nadel im Arm gestorben war.
    »Egal, was passiert ist, sie war zu jung«, sagte sie.
    »Sie lag einfach da, ja? Ist einfach tot umgefallen?« Als Nick das fragte, forschte Jenny in seinen Augen nach der geringsten Andeutung eines Zweifels, doch Nick war vollkommen arglos, mit nichts weiter als mit seinen Fritten beschäftigt.
    Nein. Sie wollte es ihm jetzt nicht sagen. Es war zu früh.
    »Ich weiß es nicht, Nick«, sagte sie entschlossen. »Wir müssen einfach abwarten.«
    Er sollte sachte runterkommen. Und sie auch. Sie brauchte das ebenso wie er. Junge, Junge, dachte sie. Was für ein Schlamassel. Was für ein gewaltiger, gottverdammter, riesiger Schlamassel.

3
  Wieder zu Hause
     
    In jener Nacht schlief Nick tief und traumlos. Jennys Bett war sauberer, wärmer, größer und bequemer als alle Betten, in denen er jemals geschlafen hatte. Als Jenny am nächsten Morgen um acht nach ihm guckte, hatte er sich lang ausgestreckt. Unter der Decke guckte ein behaartes Bein hervor, einen Arm hatte er hochgeworfen, den Kopf zur Seite gelegt: ein Bild vollkommener Entspannung. Jenny blieb mit ihrem Becher Tee in der Hand in der Tür stehen und bestaunte ihn. Bis gestern war Nick noch ein Kind gewesen – jetzt sah er aus wie ein junger Prinz. Möglich, dass er das im Traum auch war.
    Sie wollte ihn nicht wecken und ihn gleich wieder in all sein Leid stürzen. Sie schloss die Tür und entfernte sich auf Zehenspitzen. Sollte er schlafen. Er war in eine Welt voller Scheiße geworfen worden und war noch nicht am Boden angekommen, noch lange nicht.
    Für zwei Uhr war Jenny mit Mrs Batts verabredet, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Was sollte mit Nick geschehen? Natürlich hatte Jenny am Tag zuvor darauf bestanden, dass er bei ihr bleiben sollte, und zwar so lange wie nötig.
    »Seien Sie nicht voreilig«, hatte Mrs Batts ihr geraten. »Sie müssen an Ihre eigene Famiilie denken. Es gibt aandere Möglichkeiten, selbst wenn sein Vaater oder sein Grooßvater keine Verantwortung übernehmen wollen.«
    »Was meinen Sie – Adoption?«
    »Nun, daas ist in seinem Aalter eher unwahrscheinlich«, sagte sie schleppend. »Aaber es gibt heutzutage einige sehr gute Heime. Seit Oliver Twist hat sich viel getan. So ein Heim ist ein sicherer Ort und dort wird für Disziplin gesorgt, es gibt Jugendliche in seinem Aalter, ordentliches Essen. Er ist beschäftigt und kann nicht auf dumme Gedaanken kommen. Ich habe an Meadow Hill gedaacht.« Mrs Batts setzte einen zufriedenen, professionellen Blick auf und wischte dabei ein paar
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