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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition)
Autoren: Melvin Burgess
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Drogenberatung beschäftigt war. Sie wollte sich weiterbilden, in ein paar Jahren einen Abschluss machen, damit sie dann in die Beratungs- und Projektarbeit einsteigen und gutes Geld verdienen konnte. Wie Muriel das auch vorgehabt hatte …
    Bevor Jenny ging, schrieb sie Nick einen Zettel, er solle sich zum Frühstück nehmen, was er wolle, sie sei gegen zwölf zurück. So blieb ihnen noch genug Zeit bis zum Treffen mit Mrs Batts. Vorher wollte Jenny Nick sagen, woran seine Mutter gestorben war.
    Sie packte das Geschirr in die Spüle und rannte nach oben, um sich vor dem Badezimmerspiegel zu schminken. Als sie in ihr Gesicht blickte, hielt sie einen Moment inne und dachte nach. Was für ein blöder Schlamassel! Das Zeug, dachte sie, kommt einfach saugut. Du liegst da und fühlst dich super, auch wenn der Tod schon durchs Fenster kriecht. Und jetzt das. Ihre geliebte Muriel. Wenn sie alte Frauen wären, hatten sie immer gesagt, würden sie zusammenziehen und sich gegenseitig Gesellschaft leisten. Nun würde Muriel nicht mehr alt werden.
    Du Miststück, hast mich einfach sitzenlassen , dachte sie. Plötzlich war sie wütend. Schon komisch, das mit den Gefühlen, die einfach kommen, ohne dass man immer weiß, woher. Und da war noch was – Angst. Aber wovor um Himmels willen sollte sie denn Angst haben?
    Vor Nick, war die Antwort.
    Sei nicht albern, der ist doch noch ein halbes Kind, sagte sie sich.
    »Was guckst du?« Sie drehte sich um. Ihre Tochter beobachtete, wie Jenny sich im Spiegel musterte.
    »Kommt, wir müssen los«, rief Jenny, und der Tag nahm seinen Lauf.
    Als sie um halb eins zurückkam, war das Haus leer. Auf der Arbeitsplatte waren Milch und Getreideflocken verkleckert. Das Paket Cornflakes, das am Morgen noch halb voll gewesen war, war leer. Die Milch war alle. Die Schale stand auf dem Sofa. Von Nick keine Spur.
    Jenny räumte auf, ihr war mulmig, unter ihren Füßen knirschten Cornflakes. Lieber Gott, bitte lass ihn nicht zurück nach Ancoats gegangen sein. Und wenn, dann lass ihn bitte niemanden getroffen haben, der weiß, was mit Muriel passiert ist, obwohl sich das inzwischen wahrscheinlich im Umkreis von fünf Meilen überall rumgesprochen hat.
    Aber Nick hatte kein Geld. Er würde doch nicht so weit laufen, oder? Es sei denn … Jenny griff nach der Dose mit dem Kleingeld, die auf dem Fensterbrett stand, außer Reichweite kleiner Hände.
    Leer! Da waren mehr als fünf Pfund drin gewesen! Dieser gierige kleine Mistkäfer hatte alles an sich genommen.
    Er hat mein Geld gestohlen , dachte sie. Nicht mal einen Tag lang ist der bei mir, vertilgt alle meine Cornflakes und trinkt meine Milch aus, so dass ich mir nicht mal eine Tasse Tee machen kann, verstreut Cornflakes auf dem Boden und klaut mir einen Fünfer. Und jetzt war er bestimmt zurück in Ancoats – mit ihrem Geld! – und erfuhr, was für ein Stück Scheiße sie war, weil sie ihm nicht gleich erzählt hatte, woran seine Mutter gestorben war.
    Wenn ich den zu fassen kriege , sagte sie sich. Aber gleichzeitig kam ihr der Gedanke, dass er inzwischen dasselbe von ihr denken mochte.
    Nick war aus dem Schlaf gerissen worden, als Grace unten die Haustür hinter sich zufallen ließ. Es dauerte einen Moment, bis er wusste, wo er war und warum er so ein leeres, flaues Gefühl im Bauch hatte. Dann stürzte alles wieder auf ihn ein und er fühlte sich vollkommen verlassen.
    Er ging nach unten und nahm sich Cornflakes, die er vor dem Fernseher aß. Als er fertig war, blieb er noch eine Weile sitzen, aber dann wurde er kribbelig. In diesem Haus gab es nichts, was ihm gehörte – seine Bücher, seine Klamotten, seine Kassetten, alle seine Sachen waren zu Hause. Er war ein Fremder in einem fremden Haus und vor ihm lag ein Tag gähnender Leere. Er ging in die Küche, um nach Geld zu suchen. Zu Hause hatte er Geld, da war er sich sicher. Zumindest wäre da Mums Portemonnaie oder so was. Das musste doch jetzt ihm gehören, wem denn sonst?
    Die Dose auf dem Fensterbrett fand er sofort. Muriel hatte das ganz genauso gehandhabt – bis er groß genug war und an das Geld herankam. Als er die Dose in der Hand hielt, stellte er fest, dass sie mehr als halb voll war! Ein Schatz!
    Er wühlte in den Münzen herum. Ein bisschen weniger als drei Pfund. Das reichte für den Bus nach Ancoats, für ein paar Süßigkeiten und vielleicht noch für eine Portion Fritten zum Mittagessen. Er rannte nach oben, holte seine Jacke mit dem Hausschlüssel und brach sofort auf.
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