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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition)
Autoren: Melvin Burgess
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Fussel von ihrem Rock. »Tony Creal, der stellvertretende Heimleiter, ist ein Voorbild für die Jungen, vor allem für jene, in deren Leben der Vaater keine große Rolle gespielt hat, wie das bei unserem Nick der Faall ist. Mr Creal ist ein wundervoller Maann. Sehr engagiert. Er hat jede Menge Erfahrungen im Umgaang mit schwierigen jungen Menschen.«
    »Schwierig?«, sagte Jenny. Nick konnte einem zwar ganz schön zu schaffen machen, aber schwierig? Bei Mrs Batts klang das so amtlich.
    Mrs Batts blickte Jenny freundlich an und lächelte. »Ich spreche aus Erfahrung. Jugendliche in der Pubertät sind ein Aalbtraum. Nick macht einen freundlichen Eindruck, aber einer jungen Familie wie der Ihren würde ich nicht einmal einen netten Pubertierenden zumuten wollen.«
    Das klang einleuchtend. Auch wenn Muriel und Jenny einander versprochen hatten, sich um die Kinder der anderen zu kümmern, falls einer von beiden irgendwas zustieß, musste Jenny sich eingestehen, dass es ihr eigentlich ganz recht wäre, wenn Nick sich für ein Heim entscheiden sollte. In ihrem Haus war nicht viel Platz – das konnte man natürlich ändern, vor allem, wenn das Jugendamt die Kosten übernahm – aber da war immer noch der kleine Joe, um den sie sich Sorgen machte. So wie der gestern Nick angeguckt hatte, hätte man glauben können, Nick wollte ihn auffressen.
    Daran war sie selber schuld. Wie immer. Ein Mann im Haus. Wenn sie Probleme hatte, dann lag es daran. Wieso entpuppten sich nur all die netten Typen als Scheißkerle? Auch wenn Jenny sich noch so große Mühe gab, einen Mann zu finden, der gerne im Garten arbeitete, gerne kochte oder sich einfach nur gerne unterhielt: Irgendeine Macke hatte jeder. Wochenlang ging alles gut, aber dann wurde sie plötzlich morgens um drei aus dem Schlaf gerissen, weil vor ihrer Tür ein widerlich besoffener Kerl randalierte, der noch am Tag zuvor einfach nur ihre Hand streicheln oder ihr eine Stelle aus seinem Lieblingsbuch hatte vorlesen wollen. Oder sie fand ein Spritzbesteck im Badezimmerschrank oder Wodkaflaschen in der Dachkammer oder einmal sogar, auf dem Rückflug vom Spanien-Urlaub, kurz bevor sie durch den Zoll mussten, einen riesigen Beutel Koks in ihrer eigenen Handtasche.
    Der Letzte, Bob, war besonders liebenswürdig gewesen. Er brauchte nur zu lächeln und sie zerschmolz. Er war witzig, großzügig und freundlich. Von Beruf war er Frittenbrater, und ein guter dazu, er fand immer Arbeit. Anfangs hatte er sogar mit ihren Kindern gespielt. Aber irgendwann passierte es, er betrank sich, versank erst in Selbstmitleid, dann rastete er aus.
    Kaum zu glauben, dass das ein und derselbe Mann war. Eben noch hatte er geweint und sie mit harmlosen Bierfahnen umnebelt, im nächsten Moment tobte er. Rums – runter mit den Küchenschränken. Bäng – zum Teufel mit dem Fernseher. Beim ersten Mal jagte er ihr solche Angst ein, dass sie nach oben rannte und sich bei den Kindern versteckte. Das war natürlich völlig blöde, denn er raste ihr hinterher und machte dort weiter. Die Kinder schrien, Jenny gab sich Mühe, alle zu beruhigen, und wusste nicht, wer oder was als Nächstes dran wäre – sie, die Kinder oder das Fenster.
    Am nächsten Tag kroch der Mann zu Kreuze und sie vergab ihm. Sechs Monate lang ging das so weiter, bis sie ihm endlich den Laufpass gab. Danach hatte er gebettelt, geweint, getobt, mitten in der Nacht an die Tür getrommelt, einmal war er sogar in der Schule aufgetaucht und hatte die Kinder abholen wollen, der Mistkerl. Dann hatte er eine Neue gefunden und war von einem Tag auf den anderen verschwunden. Da war der kleine Joe schon Bettnässer, quälte in der Schule andere Kinder, quengelte, prügelte und log.
    Und nun kam Nick und fügte dieser emotional instabilen Konstellation noch seine eigene Unberechenbarkeit hinzu. Nick war ein reizender, liebenswürdiger Junge, der ohne eigenes Zutun in einer äußerst schwierigen Lage steckte. Gleichzeitig aber war er auch ein wilder, aufbrausender, fauler, lügender, hormongesteuerter Jugendlicher, der vor kurzem Vollwaise geworden war. Das musste zu Konflikten führen, keine Frage. Vor allem, wenn Nick erst mal herausfand, was wirklich geschehen war …
    Am Morgen war Joes Bett zum ersten Mal seit Wochen wieder nass.
    Jenny hielt Joe und Grace zum Frühstücken an und machte sich derweil selbst fertig. Sie arbeitete stundenweise in einem Gemeindezentrum, wo sie mal mit Verwaltung, mal mit organisatorischen Tätigkeiten, mal in der
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