Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition)
Autoren: Melvin Burgess
Vom Netzwerk:
lieben, scheiden immer voor der Zeit.« Sie legte kurz ihre Hand auf seinen Arm und schürzte die Lippen. Nick neigte den Kopf. Es gab nichts zu sagen. Er hatte keinen Schimmer, ob an dem, was sie sagte, etwas dran war. Bislang hatte er keinerlei Erfahrung mit dem Tod.
    »Nick. Ich weiß, daas mag jetzt nicht der richtige Zeitpunkt sein, aber wir aalle machen uns Gedaanken um deine Zuukunft«, fuhr Mrs Batts fort und blickte ihn an. »Und dazu muss ich dir ein paar Fraagen stellen. Ich muss was über deine übrige Familie erfaahren. Kannst du mir was über deinen Vaater sagen?«
    Nick schüttelte den Kopf. Er hatte seit Jahren nichts von seinem Vater gehört, wusste nicht einmal, wo er wohnte. Mrs Batts zählte alle möglichen anderen Verwandten auf: Großeltern? Er hatte eine Oma in Australien. Ihre Adresse? Keine Ahnung, sie hatten lange nichts von ihr gehört. Muriel hatte sich vor Jahren mit ihren Eltern überworfen. Muriels Vater, glaubte Nick, war inzwischen gestorben.
    »Muriels Eltern war’n furchtbar«, sagte Nick. »Muriel würde sowieso nicht wollen, dass die dabei sind.«
    »Wo denn dabei, Nick?«, fragte Mrs Batts.
    »Bei der Beerdigung«, sagte Nick.
    Sie schaute ihn vorsichtig an. »Aaber nein, hier geht es nicht um die Beerdigung. Es geht um deine Zuukunft, Nick«, säuselte sie. Nick starrte sie an. Irgendetwas an der Art und Weise, wie sie ihn anguckte, ließ ihn verstehen, worum es eigentlich ging.
    Er war allein. Er war vierzehn Jahre alt. Wer würde jetzt für ihn sorgen?
    Antwort: Niemand. Das wusste er sofort. Muriel hatte immer gesagt, sie hätten nur einander.
    Batty Batts fuhr fort. Tanten und Onkel? Seine Mutter war ein Einzelkind.
    »Ich glaube, Mum hat irgendwo noch einen Onkel«, sagte er.
    »Aach ja?« Mrs Batts blickte ihn erwartungsvoll an und hielt den Stift über ihrem Block bereit. Sie sah so eifrig aus, dass sie Nick beinahe leidtat.
    »Ich hab ihn noch nie gesehen, Mum hatte seit Jahren keinen Kontakt zu ihm.«
    »Ist das der Pastetenmann?«, fragte Jenny und steckte kurz den Kopf durch die Tür.
    »Ja, glaub schon«, sagte Nick.
    »Pasteeten?«, fragte Mrs Batts.
    »Na, der von Maggies Pasteten .« Nick zuckte die Achseln. »Der Bruder von meinem Opa. Ich weiß nicht mal, ob Mum ihn überhaupt jemals kennengelernt hat. Er ist von zu Hause abgehauen, als er klein war. Mum hasst ihre Familie. Ich auch«, sagte Nick. Das tat er aus Solidarität mit seiner Mutter, getroffen hatte er nie jemanden von ihnen.
    Batty Batts sah überrascht aus. »Wir brauchen einen nahen Verwaandten. Es muss einen nahen Verwaandten geben. Es muss jemanden geben, der für dich sorgen wird.«
    »Ich will nirgendshin.«
    Mrs Batts machte ein erschüttertes Gesicht. »Es muuss jemanden geben«, wiederholte sie.
    Jenny stand mit dem Tee in der Wohnzimmertür. »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass sie niemanden hatte, es gab nur sie und Nick, stimmt’s, Nick?«, sagte sie und kam herein. »Und mich«, fügte sie hinzu und warf Nick einen aufmunternden Blick zu. Mrs Batts legte ihren Notizblock ab.
    »Nun. Das ist nicht dasselbe wie ein naher Verwaandter. Aah. Tee«, sagte sie fröhlich.
    »Tee, Nick?«
    »Wo ist Mum jetzt?«, fragte er abrupt.
    Die beiden Frauen blickten einander an. »Nun. Sie wird jetzt im Leichenschauhaus sein, Nicholaas«, sagte Mrs Batts.
    »Was ist denn eigentlich passiert?« Plötzlich musste er es wissen.
    Mrs Batts legte ihre Hand auf Jennys Knie, damit die nichts verriet, und blickte Nick in die Augen. »Es wird eine Obduktion durchgeführt. Wenn jemand plötzlich stirbt, wird das immer gemaacht. Daann wird man es erfaahren, nehme ich an.«
    »Also war’s ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt oder so was?«
    »… wir sollten lieber auf das Ergeebnis warten, statt zu spekulieren.«
    Jenny stand mit der Teekanne in der Hand vor ihnen. Nick blickte sie bittend an. Sie musste es ihm sagen, Jenny wusste, dass sie es ihm sagen musste – damit er es hinter sich hatte. Aber sie brachte es nicht fertig. Außer ihr und Muriel hatte niemand etwas davon gewusst. Sie hatten es immer vor den Kindern geheim gehalten, und diese Gewohnheit konnte Jenny nicht so ohne weiteres aufgeben.
    »Wie viel Löffel Zucker?«
    »Zwei.« Er stand auf. »Wo lag sie?«, wollte er wissen.
    Jenny deutete mit dem Kopf auf die andere Seite des Raumes. »Auf dem Teppich. Da.«
    Er ging hinüber und spürte, wie die beiden Frauen ihn beobachteten. Er warf ihnen kurz einen Blick zu, woraufhin sie sich abwandten und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher