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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition)
Autoren: Melvin Burgess
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sechzehn wurde, steckten sie ihn nicht ins Heim, sondern entließen ihn am nächsten Tag. So setzte er sein Leben als Kleinkrimineller an ziemlich derselben Stelle fort, an der er hatte unterbrechen müssen.
    Bei ihm hatte sich also auch nicht viel verändert.
    Und was Nick betrifft – er wurde, wie gesagt, auf dem Dachboden aufgefunden, wo er sich Jones’ Blut vom Gesicht wischte und hysterisch weinte. Er wurde aufs Polizeirevier gebracht und gab Jennys Name und Adresse an. Am Morgen wurde er dort hingefahren, und Jenny war so schlau, nichts von nächsten Verwandten oder ähnlich komplizierten Angelegenheiten zu erwähnen, aber natürlich informierte die Polizei das Jugendamt. Mrs Batts geriet wie erwartet in Rage, als sie erfuhr, wo Nick sich aufhielt und dass Jenny ihr nichts davon gesagt hatte. Die Gesetze hätten schon ihren Sinn, betonte Mrs Batts Jenny gegenüber am Telefon. Sie konnten sich nicht einigen, und Mrs Batts deutete an, sie wolle erst mal ein Auge zudrücken, wenn sie die Sache in ein paar Tagen in Ruhe bereden könnten. Aber dann hatte sie ihre Meinung offenbar geändert, denn ein paar Tage später griff die Polizei Nick beim Einkaufen auf, und er wurde den geduldigen Händen des Tony Creal anvertraut.
    Auch hier alles beim Alten, möchte man meinen – doch es hatte sich etwas verändert. Der ältere Herr war auf verquere Weise zu dem sentimentalen Schluss gekommen, dass der Brief mit der Warnung vor Jones’ Mordkomplott etwas mit Nick zu tun haben müsse. Nach der üblichen Begrüßung durch Mr James wurde Nick zu Mr Creal ins Büro gebracht, wo der dankbare Pädophile dem überraschten Nick unter Tränen dafür dankte, dass er ihm das Leben gerettet habe. Er fragte, was er seinerseits für Nick tun könne. Nick nahm die Chance wahr und bat darum, zu Jenny zurückgeschickt zu werden. Da Mrs Batts das aber nicht zulassen würde, bot Mr Creal ihm einen Platz in einem anderen Heim an.
    »Egal wo, bloß nicht hier«, sagte Nick.
    »Einverstanden!« Mr Creal schlug mit den Handflächen auf den Schreibtisch und strahlte. Er stand auf und eine Sekunde lang glaubte Nick tatsächlich, Creal wollte ihn umarmen. Aber falls er das vorgehabt haben sollte, belehrte ihn Nicks Gesichtsausdruck schnell eines Besseren und er setzte sich wieder.
    »Ich kümmere mich sofort darum. Gute Idee, denke ich«, sagte Mr Creal, ohne allerdings zu erklären, warum. Nick Dane hatte ihm schon genug Probleme bereitet, er wollte ihn nur noch loswerden. »Ich bring dich für heute Nacht bei den Turners unter, und wenn alles gut geht, bist du morgen hier weg. Die sind ein bisschen sanfter als der Mistkerl Toms, was, Nick? Na gut, dann wollen wir mal!«
    Er rief den entsprechenden Aufsichtsschüler, einen neuen Jungen, den Nick noch nie gesehen hatte, und schickte die beiden los. Die Tür schloss sich hinter ihnen, und Mr Creal verschwand aus Nicks Leben.
    Auf dem Weg zum Amerika-Haus, das die Turners betreuten, fragte Nick den Aufsichtsschüler, was er Creal nicht zu fragen gewagt hatte. Er erkundigte sich nach Oliver.
    »Was für’n Oliver?«
    »Oliver Brown? Klein, blond. War mal einer von Creals Lieblingen.«
    Aber der Aufsichtsschüler wusste auch nicht mehr, als Davey schon herausgefunden hatte. »Kenn ich nicht«, sagte er. Später fragte Nick bei anderen Jungen weiter. Es schien, als sei Oliver nicht mehr gesehen worden, seit Nick und Davey abgehauen waren. Allen war bekannt, dass Oliver von den Aufsichtsschülern Andrews und Julian in die Arrestzelle gebracht worden war. Aber was dann geschehen war, wusste keiner. Angeblich war er abgehauen, was auch schon Davey berichtet hatte, aber wann, konnte keiner sagen.
    Und das war alles, was Nick je über Oliver erfahren sollte. Entkommen, wieder eingefangen, verlegt – es gab diverse Gerüchte. Dann verstummten auch die Gerüchte und Oliver wurde vergessen – wie so viele Jungen, die regelmäßig im Heim landeten und keine Spur hinterließen.
    Nick wurde wie versprochen in ein anderes Heim verlegt, ein paar Meilen außerhalb von Cheshire, wo ein ganz anderes Klima herrschte, ein ausgesprochen freundliches. Er bekam gutes Essen und hatte in den ersten Wochen des Eingewöhnens ein Zimmer für sich. Aber auch danach musste er sein Zimmer nur mit zwei weiteren Jungen teilen. Es gab keine Schläge, auch keine Zäune. Falls er abhauen sollte, wurde ihm gesagt, so möge er daran denken, dass er gerne jederzeit zurückkommen könne – was Nick zum Lachen brachte. Von
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