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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition)
Autoren: Melvin Burgess
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wegen!
    Da Abhauen so leicht war, lief er schon nach einer Woche weg, aber eigentlich nur aus Gewohnheit. Er hing ein paar Tage bei Jenny rum, dann wurde ihm langweilig und er kehrte zu seinem eigenen Erstaunen freiwillig zurück ins Heim. So schlimm war es dort nun auch wieder nicht. Dort war er sicher. Er ging wieder zur Schule, außerhalb des Heims, und als er die Schule nach ein paar Monaten abgeschlossen hatte, begann er eine Lehre als Elektriker.
    Es hätte alles gut werden können, wenn sich nicht wieder Mrs Batts eingemischt hätte. Sie fand heraus, dass die Firma, in der er lernte, nicht wusste, dass Nick ein Heimkind war. Erneut tat sie resolut ihre Pflicht und klärte die Leute auf. Nick flog zwar nicht raus, aber von da an traute ihm niemand mehr über den Weg, er durfte nicht allein im Büro bleiben, wurde nicht zu Kunden ins Haus geschickt und lernte so gut wie nichts. So hatte er bald die Nase voll und verließ die Firma.
    Er suchte Arbeit und bekam ein paar Monate später einen Job in einem Hotel, wo er das Klauen für sich entdeckte – das heißt, er stahl aus den Zimmern der Gäste. Nach ein paar Wochen wurde er erwischt und bekam eine Strafe auf Bewährung; nach einem Monat tat er dasselbe wieder und bekam noch einmal Bewährung; danach machte er mit Davey Einbrüche, und als er dann erwischt wurde, landete er im Gefängnis.
    Und nicht zum letzten Mal.
    Als Nick siebenundzwanzig war, hatte er von den vergangenen zehn Jahren vier im Gefängnis verbracht. Hin und wieder hatte Jenny ihn unterstützt und sein Onkel Michael Moberley hatte ihm jedes Mal Geld gegeben, wenn er ihm wieder eine neue Idee präsentierte. Michael Moberley hatte Nick Lieferwagen gekauft, Wohnungen angezahlt, Werkzeuge besorgt, Weiterbildung ermöglicht, was auch immer – aber Nick hatte das Geld lieber für Alkohol oder andere Drogen ausgegeben, für Kleidung oder billige Ferienreisen. Das hätte ewig so weitergehen können. Aber nach einem Einbruchdiebstahl musste Nick ein ganzes Jahr im Gefängnis verbringen, und danach beschloss er, dass es nun genug sei. Er wollte nicht sein Leben lang arm sein, wollte sich nicht permanent betrinken oder zudröhnen und auch nicht im Knast ein und aus gehen.
    Er meldete sich an einer Schule für Erwachsenenbildung an. Er machte seinen mittleren Schulabschluss und war selbst erstaunt, wie leicht ihm das fiel. Danach machte er auf der Oberstufe weiter – und bekam nur beste Noten. Als Jugendlichem war es ihm in der Schule schwergefallen, sich zu konzentrieren, jetzt, viele Jahre später, machte ihm das Lernen Spaß. Er ging zu seinem Onkel und bat ihn um Geld für ein Studium an der Universität.
    Der alte Mann war inzwischen sehr zögerlich geworden, aber nun konnte Nick tatsächlich etwas vorweisen und zudem hatte er einen Job als Kellner in einem Imbiss, und zwar schon seit über sechs Monaten. Es war das erste Mal, dass Nick wirklich Positives vermelden konnte, und Michael orientierte sich daran und nicht an der Vergangenheit seines Neffen. Er bewilligte ihm einen Unterhalt von hundert Pfund im Monat – und das reichte Nick zusammen mit seinem Lohn.
    Drei Jahre später war Nick zu seiner eigenen Verblüffung Bester seines Jahrgangs. Er hätte nicht gedacht, dass er so viel Grips im Kopf hatte. Es war, als hätten sich in ihm auf einmal alle Verwicklungen seines Lebens entwirrt, denn er entdeckte nicht nur die Freude an der Arbeit, sondern auch die Liebe. Es hatte Frauen in seinem Leben gegeben, viele Frauen, aber keine war länger als zwei Jahre mit ihm zusammengeblieben. Nun wollte er sich eine Existenz aufbauen und sein Leben auf eine solide Basis stellen. Die Frau hieß Maggie, kam wie er über den zweiten Bildungsweg und war ein Jahr älter als er. Sie zogen zusammen, und Nick beendete seine Ausbildung als Sozialpädagoge. Er wollte Jungen helfen, die so benachteiligt waren, wie er es gewesen war. Ein Jahr später wurde Maggie schwanger, und als Nick nach seiner Ausbildung seine erste richtige Stelle in dem neuen Beruf antrat, war er bereits Vater.
    Und dann geschah es. An einem kalten Dezembertag, als er schon drei Jahre als Sozialarbeiter arbeitete, fünfunddreißig Jahre alt war und in einer kleinen Stadt südlich von Manchester lebte, sah er einen alten Mann mit einem Jungen über die Straße gehen, direkt auf sich zu.
    Irgendetwas an dieser Szene erregte seine Aufmerksamkeit – vielleicht lag es an der Art, wie der alte Mann sich bewegte, vielleicht lag es an der Art, wie
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