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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg
Autoren: Dorothy Dunnett
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Meister kriegt den Indigo meiner Fingerabdrücke wieder raus. Bringt sie in die Werkstatt. Nein, schickt einen Diener. Eine Färberei ist nicht der richtige Ort für eine junge Dame.«
    »Danke für deine Mühe«, erwiderte Katelina van Borselen. »Aber vielleicht solltest du dir deine Fürsorge für den Herrn aufheben, dem du das Bein zertrümmert hast? Er ist da drüben.«
    Die plötzliche Veränderung in Claes’ Gesicht verriet, daß er das Mißgeschick des Mannes nicht bemerkt hatte. Er war ein gutherziger Junge und wollte gleich zu dem Verletzten. Aber die Soldaten hielten ihn fest, pufften ihn und versetzten ihm jedesmal, wenn er den Mund aufmachte, neue Schläge. Das größte Mundwerk im ganzen Land und der meistgeprügelte Rücken.
    Julius sah seinen jungen Herrn an, und der sagte: »Claes ist selber schuld. Er wird einfach nicht erwachsen.«
    Man hätte meinen können, Felix’ Mutter zu hören. Würde sie ihrem Konsulenten die Schuld geben, wenn sie Claes in Stücke rissen? Es gab sonst niemanden, der sich um ihn sorgte. Claes war einer dieser bedauernswerten Bastarde (in gewisser Weise fühlte Julius mit ihm), deren Angehörige entweder tot oder denen sie gleichgültig waren. »Der Mann, dem er das Bein gebrochen hat?« sagte Julius. »Wer ist das?«
    Niemand wußte etwas Genaues. Ein Florentiner. Ein Gast des Bischofs, der mit dem Bischof aus Schottland gekommen war, zusammen mit dem schönen Simon und Katelina van Borselen, die, hätte Gott es gut gemeint, in Schottland einen Ehemann gefunden hätte und dort geblieben wäre. Gleich, wer er war, sie würden es schnell erfahren, wenn er oder seine Bevollmächtigten als Preis für seine Verletzungen Claes’ Kopf forderten.
    Claes wurde fortgebracht. Unbeachtet von Anselm Adorne, ein schlechtes Zeichen. Doch Adorne war wie die anderen mit dem Verletzten beschäftigt.
    Wie die meisten anderen. Der treffliche Simon hatte sein Wams aus blauer Taftseide abgelegt und es zu einem wulstigen Band gerollt der jungen Dame angeboten. Jetzt war er dabei, es ihr um die offenen Haare zu legen. Es sah sehr hübsch aus. Er steckte es mit der Rubinnadel fest, während er weiter auf sie einredete. Sie verzog den Mund zu einem flüchtigen Lächeln. Wäre es von Interesse gewesen, so hätte man vielleicht gefragt, was sie gegen den jungen Lord hatte. Vielleicht hatte er sie auf der Reise von Schottland nicht beachtet und wollte das jetzt wiedergutmachen? Oder war er einmal zu weit gegangen? Oder hatte sie sich für einen Nebenbuhler entschieden, und jetzt versuchte er, sie zurückzugewinnen?
    Julius ließ sich diese Möglichkeiten durch den Kopf gehen, während er Simon beobachtete. Dann kehrte er ihm entschieden den Rücken. Wäre dieser Jagdhundliebhaber nicht gewesen, wären er, Felix und Claes vielleicht unbemerkt geblieben. Julius kam nicht auf den Gedanken, daß die Einmischung des schönen Simon alles andere als zufällig gewesen sein könnte. Dabei kannte er die Sitten und Gebräuche der Stadt.
    Und er wußte so gut wie Simon von Kilmirren, wer von ihnen dreien am Ende am meisten leiden würde.

KAPITEL 2
    Welch fundierte juristische Argumente Julius auf dem Rückweg nach Brügge dem Kommandanten auch genannt haben mochte, es war vergebens und bewahrte weder ihn noch Felix vor dem Kerker. Schon vor dem Mittagsläuten saßen sie hinter Schloß und Riegel.
    Dank göttlicher Fügung war zumindest seine Dienstherrin, Felix’ Mutter, weit weg in Löwen. Julius sandte Henning, dem Meister ihrer Färberei in Brügge, eine Botschaft und legte zur Beschwichtigung etwas Geld bei; drei weitere Schreiben schickte er an Leute, die ihm einen Gefallen schuldeten. Und hoffte auf einen günstigen Ausgang. Im Grunde schien sich niemand für ihn oder Felix zu interessieren. Wenn einer für das Geschehen zur Rechenschaft gezogen würde, dann Claes.
    Über ihn erfuhren sie erst nachmittags Näheres. Unwirsch brüllte der Schließer ihnen durch die Gitterstäbe zu, man habe ihren jungen Freund der Verhörfolter unterzogen. Während der Sand einmal durchs Stundenglas rieselte, habe der Bursche, der offenbar nicht ganz richtig im Kopf sei, von nichts anderem als der Kaninchenjagd geplappert. Damit habe er sich wahrlich keinen guten Dienst erwiesen, wenngleich er ein großartiger Witzbold sei; so gut wie einer von Herzog Philipps Zwergen, sagten die Leute. Womöglich hole der Herzog ihn als Hofnarren zu sich, wenn er die Prügel überlebte. Diesmal seien sie besonders hart vorgegangen, da
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