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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg
Autoren: Dorothy Dunnett
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sie auf ein Geständnis hofften. Julius empfand Mitleid mit Claes. Zum Glück nahm dieser derlei Mißgeschick gelassen hin; was hätte er auch gestehen sollen?
    Später erhielten sie die Nachricht, daß man ihn in den Kerker geworfen hatte. Selbstredend in das berüchtigte Dunkle Verlies. Julius zahlte (ebenfalls recht gelassen) für warmes Wasser und Verbandszeug; zudem stellte er dem Gefängnisvorsteher einen vom städtischen Schreiber gegengezeichneten Schuldschein aus, um Claes das Anrecht auf einen Platz im oberen Stockwerk zu erkaufen, wo man Bettzeug und Verpflegung bekam.
    Man hatte den Tölpel in Ketten gelegt zu ihnen gebracht, und Julius mußte dafür bezahlen, daß sie ihm abgenommen wurden. Auch diese Summe fügte er der Liste seiner laufenden Ausgaben bei, die zum rechten Zeitpunkt, säuberlich aufgeführt, als Unkosten für Studienmaterial von Felix wieder auftauchen würden.
    Wie auch anders. Der grundehrliche Meester Julius wußte mittlerweile, für welche von Felix’ Unternehmungen Marian de Charetty zu zahlen gewillt war und für welche nicht. In den letzten zwei Jahren hatte sie ein- oder zweimal Anlaß gehabt, ihrem Rechtskonsulenten seine Vertragspflichten erneut ins Gedächtnis zu rufen; übermütige Streiche mit Felix gehörten nicht dazu. In Wirklichkeit waren, ehe der Konsulent auf der Bildfläche erschien, Felix’ Abenteuer mehr als nur übermütig gewesen. Felix steigerte sich leicht in etwas hinein. Er wußte nie, wo die Grenze war. Selbst Claes, der in weit größere Schwierigkeiten geriet als die anderen, vergaß sich nie in solchem Maße wie Felix.
    Bislang hatten Felix’ Leidenschaften allein Pferden und Hunden gegolten. Nun konnte es jederzeit um Mädchen gehen. Sie hatten Felix bis jetzt entweder hingehalten oder nicht einmal eines Blickes gewürdigt, denn er verhielt sich ihnen gegenüber reichlich flegelhaft, behandelte sie wie seine kleinen Schwestern. Doch das würde sich ändern. Julius hoffte, daß nicht ihm, sondern Claes dieser Teil von Felix’ Erziehung zufiele. Und daß dies in Löwen stattfinden möge, wo die Leute Verständnis für das Treiben von Studenten hatten. Im Grunde jedoch war Felix kein schlechter Kerl, kniete da wie ein guter Pferdebesitzer und half, Claes’ muskulösen Rücken zu verarzten, wenn er auch mehr Schaden als Nutzen stiftete. Vor allem, weil er immer wieder innehielt und mit Claes stritt, ganz gleich, was dieser sagte.
    Allmählich kehrte etwas Farbe in Claes’ Gesicht zurück, während er in fünf verschiedenen Dialekten beschrieb, wie es im untersten Stockwerk des Steen zuging. Dort gab es nichts zu essen, kein Licht, und man mußte mit Hilfe eines an einem Stock befestigten Beutels, den man durch das Gitter vor dem Fenster schob, betteln, so gut man eben konnte. Weil er blutete, hatte einer ihm die Stange geliehen; und als er sie wieder heranzog, lag ein Säckchen Butter im Bettelbeutel.
    Felix stutzte. »Butter?«
    »Aus den Wollbottichen. Für meinen Rücken. Irgendeiner hat sie sich geschnappt, ehe ich mich damit einschmieren konnte. Wenn ich sie jetzt nur hätte. Hast du etwa deine Panzerhandschuhe anbehalten? Das fühlt sich an, als wären deine Hände voller Dornen. Die Butter war von Mabelie.«
    »Mabelie.« Erneut hielt Felix inne.
    »Sie hat vor der Fensteröffnung des Verlieses gestanden. Hast du sie in Damme nicht gesehen? Das Mädchen mit dem dicken Zopf und dem Eimer. Ich habe ihren Namen bis jetzt auch nicht gewußt. Mabelie heißt sie und arbeitet im Haus von Jehan Metteneye.«
    »Und sie hat dir Butter gebracht!« Auch Julius hörte auf, Claes’ Rücken zu bearbeiten.
    »Naja, wir haben ihr leid getan. Alle hatten Mitleid mit uns. Da draußen im Burghof hatte sich eine ziemliche Menschenmenge angesammelt. Die Hutmacher, das wollte ich Euch noch sagen, Meester Julius. Ich habe ihnen erzählt, wo ihre Kaninchenfelle sind, aber allzu erfreut schienen sie nicht. Ich finde, wenn Meester Cambier die Kanone aus dem Wasser holt, könnte er eigentlich so freundlich sein, auch den Sack mit den Kaninchenfellen und vielleicht sogar das Geld von Lord Simon mit herauszufischen. Zwei von Euren Klienten waren auch da, Meester Julius. Sie wollten wissen, ob die Verträge ihre Gültigkeit behalten, falls Ihr gehängt werdet. Und Henning aus der Werkstatt; er sagte, er wolle jemanden nach Löwen schicken; außerdem würden alle von Euch zugesagten Zahlungen von Eurem Lohn abgezogen. Und alle Lehrjungen, die in der Färberei arbeiten; sie
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