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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg
Autoren: Dorothy Dunnett
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haben Bier gebracht. Ihr hättet mich im Dunklen Verlies lassen sollen«, fügte Claes wehmütig hinzu. »Dann hätte ich noch Butter und Bier und dergleichen bekommen, ehe wir gehängt werden.«
    »Die hängen uns nicht auf«, erklärte Felix zuversichtlich. »Wir haben nichts Böses getan. Es war nicht unser Leichter. Nicht wir, die Leichterschiffer waren dafür zuständig. Der Schleusenwärter hat sein Bier zurückbekommen. Und wir haben dich, Julius. Du verstehst mehr von der Juristerei als die alle zusammen.«
    »Felix, der Bischof war verärgert«, wandte Julius ein. »Er ist der Cousin des schottischen Königs. Die schottische Königin ist die Nichte von Herzog Philipp. Und die Schwester des schottischen Königs ist mit Wolfaert van Borselen verheiratet. Irgendwie müssen wir all diese Leute davon überzeugen, daß die angebliche Beleidigung ein Mißgeschick war.«
    Über die Schulter lächelte Claes Felix zu. »Also muß einer bestraft werden. Versteht ihr? Wenn es kein Mißgeschick gewesen wäre, würden sie nicht wagen, jemanden zu bestrafen.«
    Immer stellte sich in Claes’ Augen alles so einfach dar. Julius bedrückte das oft, vor allem wenn er wußte, was Claes meinte. Felix wurde nur zornig. »Das ist verrückt«, sagte er. »Uns bestrafen? Dafür, daß wir gar nichts getan haben?«
    »Sie haben mich bestraft«, erwiderte Claes. Vorsichtig drehte er sich um, damit sie den Verband auf der Brust feststecken konnten, und setzte sich schließlich, das Hemd um die Schultern gelegt. Seine Hose war in Falten auf seinen Schenkeln getrocknet und ganz zerknittert; seine dichten, glatten Haare waren mittlerweile ebenfalls trocken und nur an den Spitzen leicht gekräuselt, so als hätte jemand sie versengt.
    »Natürlich haben sie dich bestraft. Du hast dem vornehmen Herrn das Bein gebrochen«, meinte Felix ganz richtig. »Außerdem hast du es an Respekt fehlen lassen. Und du hast auf jeden Fall das Mädchen lächerlich gemacht, das dieser Lord Simon umwarb; und der ist auch Schotte. Diese Katelina. Sie wollte die blöde Haube gar nicht wiederhaben, nachdem sie ins Wasser gefallen war, du Dummkopf. Die könnte sich zwanzig neue kaufen.«
    »Deine Haare sind ja gar nicht mehr gelockt«, sagte Claes mitfühlend. Nicht weiter verwunderlich, dachte Julius, daß Claes so oft als Prügelknabe herhalten mußte. Und dann erinnerte er sich an etwas Wichtiges. Ein Mädchen namens Mabelie arbeitete für Jehan Metteneye; seit fünf Generationen waren die Metteneyes Gastwirte und Geschäftsvermittler für schottische Kaufleute.
    »Diese Mabelie …«, setzte Julius an.
    »Ein dicker Zopf, bis hierher, fuchsbraun. Ein Mund, in dem kein Zahn fehlt wie bei deinem Pferd, rosige Wangen wie gemalt, eine Stupsnase und ein wunderbarer weißer Hals, der hinunterführt zum - zum -«’
    Ausgerechnet in diesem Moment verstand Claes etwas und beendete den Satz leider nicht. »Sie sagt, die Schotten wollten unser Blut sehen. Sie bräuchten die Kanone, um Krieg gegen England zu führen. Und sie sagt, der Herzog werde Brügge die Schuld zuschieben; der Bürgermeister muß sich also absichern. Morgen um elf trifft sie sich mit mir, unter dem Kran.«
    Julius schloß die Augen. Wer Claes nicht kannte, hätte das für Wunschdenken gehalten. Hätte es nicht für möglich gehalten, daß Claes von einem Mädchen, mit dem er sein Leben lang noch kein Wort gewechselt hatte, durch Gitterstäbe zu einem Stelldichein aufgefordert wird. Wer ihn dagegen kannte, wußte, daß sein Lächeln unwiderstehlich war. Trotzdem …
    »Mit einem Gevierteilten?« spottete Julius. »Mit blauem Gesicht und heraushängender Zunge? Oder glaubst du, die setzen gleich morgen sämtliche Leichterschiffer fest und lassen dich und mich und Felix in die Färberei zurückspazieren?«
    »Genau das wollte ich euch eigentlich erzählen, wenn ihr nicht meinen Rücken so durchgewalkt hättet«, sagte Claes. »Ich konnte nicht denken, solange ihr ihn so bearbeitet habt. Alle Jungen aus der Werkstatt haben draußen vor dem Gefängnis gestanden.«
    »Das hast du uns schon erzählt«, erwiderte Felix.
    »Ja. Dann sind auch noch sämtliche Färberzünftigen gekommen, außerdem der Zunftmeister und der Kaplan. Sie haben gesagt, ihre Vertreter hätten sich beim Aktuar, den Schöffen und bei den Magistraten, außerdem beim stellvertretenden Stadtkämmerer und natürlich bei Meester Anselm, nachdrücklich beschwert, das Vorgehen als Schande bezeichnet und sogar gedroht, den Handel mit
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