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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg
Autoren: Dorothy Dunnett
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gerettet, indem er seine Werkstatt übernahm.
    Die Pfandleihe mit der Färberei zu verbinden, hatte sich als gutes Geschäft erwiesen. Die Niederlassung in Löwen florierte, und Charetty besaß bald etliche Häuser dort sowie eine Blauwververeÿ, eine Färberwerkstatt, ein Haus und eine treffliche Leibgarde hier in Brügge. Für seine Kinder hatte er wahrscheinlich nur wenig Zeit gehabt. Doch ein Mann wie Cornelis hätte klüger sein, vorausblicken und bedenken sollen, wer ihm, im Fall eines vorzeitigen Todes, nachfolgen würde. Nun waren nur noch seine Witwe Marian und die Verwalter da, die so verläßlich waren, wie Verwalter nun einmal sind, außerdem dieser verrückte Söldner und der Junge: Felix, der sich gern seiner Freundschaft mit dem Lehrling Claes rühmte, sich für Geschäftliches aber nicht im mindesten interessierte.
    Schließlich richtete Anselm Adorne den Blick auf den Lehrling; dann wendete er sich auf flämisch an Julius: »Ich bitte Euch nicht, Platz zu nehmen, Meester Julius, denn Ihr seid hier, um Euer Urteil zu hören. Doch zuerst will ich wissen: Wurde der Bursche da bestraft?«
    Felix setzte zu einer Antwort an, schwieg jedoch, als der Rechtskonsulent ihm einen Blick zuwarf. In derselben Sprache erwiderte dieser: »Mijnheer, Claes erhielt die Prügelstrafe für die Verletzung, die er dem Freund des Bischofs zugefügt hat, und für sein dreist wirkendes Verhalten. Weder das eine noch das andere war Absicht.«
    »Sein Verhalten war dreist«, erklärte Anselm gelassen. »Und er hat Messer de’ Acciajuoli verletzt. Aber er wurde nicht wegen der Kanone bestraft? Es gab keinen Beweis? Kein Geständnis?«
    »Nein, Mijnheer«, erwiderte der Konsulent bestimmt. »Claes hatte keinerlei böse Absichten, was die Kanone betrifft. Es war ein Mißgeschick. Er stand auch nicht am Steuerruder des Leichters, als es passierte. Mit Verlaub, Mijnheer - aber das könnten viele bestätigen.«
    »Mittlerweile halten viele es vielleicht für zweckdienlich, dies zu bestätigen«, erklärte Adorne. »Meiner Ansicht nach ist es sinnlos, diese Untersuchung auszuweiten, sie hat ohnehin schon Aufsehen genug erregt. Ob ich das Ganze nun für ein Mißgeschick halte oder nicht, Tatsache ist, daß ein Verbündeter des Herzogs und der Herzog selbst zutiefst beleidigt wurden. Meester Julius, habt Ihr als Rechtskonsulent der Familie de Charetty gestern nachmittag die Verantwortung für die beiden Burschen getragen?«
    »Ich bin Demoiselle de Charetty Rechenschaft schuldig«, erwiderte Julius.
    »Dann überlasse ich es Demoiselle de Charetty, mit Euch so zu verfahren, wie sie es für einen solchen Angestellten als angemessen erachtet. Und Ihr, junger Mann, Ihr seid der Erbe der Färberei Eures Vaters?«
    »Mijnheer«, sagte Felix, »Meester Julius trifft keine Schuld. Wir haben ihn überredet, mit uns zum Jagen zu gehen. Alle drei haben wir beschlossen, auf die - in die -«
    »Ihr hattet alle reichlich getrunken und habt beschlossen, eine Reise im Badebassin des Herzogs von Burgund wäre ein rechter Spaß. Das ist verständlich, bei kleinen Kindern. Ihr seid aber keine kleinen Kinder mehr. Ihr seid wie ich Diener unseres Herren, des Herzogs, und Ihr müßt sein Eigentum wie auch die Würde seines Ranges und des Ranges seiner Freunde achten. Hätte Euer Vater derlei außer acht gelassen? Würde Eure Mutter dies außer acht lassen? Was habt Ihr ihrem Namen und ihrer Börse angetan, Ihr, der Sohn, Ihr, der Rechtskonsulent, und du, der Lehrling der Demoiselle?«
    Felix war rot geworden. Der Konsulent erklärte: »In Zukunft werden wir achtsamer sein. Wir haben nichts mit böser Absicht getan, werden dies auch nie tun.«
    Eine spitze Bemerkung? Nein, so empfand Adorne es nicht. Meester Julius hatte Verstand und machte das Beste aus der Angelegenheit. Der junge Felix sah nur die Ungerechtigkeit: Er hatte Tränen in den Augen. Für ihn war es an der Zeit zu lernen, was Ungerechtigkeit wirklich bedeutete. Der Lehrling Claes hingegen stand völlig gelassen da; er war aus dem Stoff, aus dem gute Arbeiter und Söldner gemacht sind.
    Adorne wandte sich an den Konsulenten. »Man hat Euch gesagt, welches Bußgeld zu zahlen ist und welche Bedingungen damit verbunden sind. Mein Urteilsspruch lautet: Das Eurer Dienstherrin und Eurer Zunft auferlegte Bußgeld ist Strafe genug für Euer Tun. Weitere Haft bleibt Euch erspart. Als Zeichen dafür biete ich Euch in meinem Haus Wein an. Hier ist ein Hocker für Euch, Meester Julius, und einer für Euren
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