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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg
Autoren: Dorothy Dunnett
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Ergebenheit um Entschuldigung bitten.«
    »So ist es. Genauso ist es«, sagte der Bürgermeister. »Die Leichterschiffer müssen sich ihrem Zunftmeister verantworten, und bei nachgewiesener Nachlässigkeit werden sie bestraft.«
    »Es waren aber nicht nur Leichterschiffer«, warf jemand ein. »Die drei da. Die tragen keine Zunftwappen.« Simon von Kilmirren, der eben von der Schleuse heraufgekommen war, trat näher, lässig in blauer Taftseide und das schöne Gesicht gelangweilt. Von hinten packte jemand Julius fest bei den Armen. »Und«, fuhr Simon von Kilmirren in amüsiertem Ton fort, »sie schulden dem Schleusenwärter Geld.«
    Anselm Adorne drehte den Kopf. Felix und Claes musterte er nur kurz, bei Julius verweilte sein Blick. Das hohlwangige, asketisch wirkende Gesicht trug einen unverbindlichen Ausdruck. »Ich kenne Meester Julius«, sagte er. »Wenn es eine finanzielle Unstimmigkeit gibt, dann handelt es sich um ein Versehen, da bin ich gewiß. Trotzdem muß ich die Frage stellen. Wie kommt Ihr drei auf dieses Boot?«
    »Wir wurden darum gebeten«, erklärte Julius. »Es lagen so viele Schiffe im Hafen, daß die Mannschaften Mühe hatten, allen gerecht zu werden.«
    »Der Herzog kann keine Leichtermannschaft aufbieten, wenn er eine braucht?« fragte der Bischof. Er hatte seine Kapuze zurückgeschoben. Er war nicht sehr kräftig, aber er hatte ein Kämpferkinn.
    Der Mann im Florentiner Gewand hatte das Interesse verloren. Dem Bischof den Rücken kehrend war er zum Kai hinuntergegangen und sah ins Wasser, das gegen die Schleuse schlug. Adornes Frau war noch da, und Katelina van Borselen, die langsam von der Schleuse herübergekommen war, stellte sich zwischen sie und Simon. Einen Moment sah sie nachdenklich vor sich hin, dann wandte sie sich Julius zu, dem das Wasser aus Haar und Kleidern troff, und lächelte. Aber es war kein mitfühlendes Lächeln; und als der schöne Simon ihr etwas ins Ohr flüsterte, brach sie in ein gedämpftes Lachen aus, das noch weniger mitfühlend klang. Ohne Ehemann zurückgekehrt, so hieß es. Dafür mit Simon, dem noch nie eine Frau einen Korb gegeben hatte. Die reichen denken, er wird sie heiraten, den armen ist es egal.
    »Mylord, es waren genug Leichterschiffer da«, sagte Julius, »aber keine, die sich um das Badebassin kümmern konnten. Ein Schiffsoffizier bat uns …« Er hörte sich selbst, wie er, ein gebildeter Mann in der verantwortungsvollen Position eines Konsulenten, stammelnd seine Erklärung vorbrachte. Auf dem Heimweg von der Kaninchenjagd, den Durst gestillt mit gutem Wein, reif für ein Abenteuer, sieben Meilen mühsamen Fußmarsch vor sich, der ohnehin in Richtung Brügge führte - wer hätte da nicht die Gelegenheit ergriffen, im Badebassin des Herzogs zu reisen?
    Er schloß seinen Bericht, so gut er konnte. »Mijnheer, weder wir noch die Schiffer sind an dem Unfall schuld. Die Wände waren undicht, und das Bassin war nicht mehr zu beherrschen.«
    Simon von Kilmirren trat neben den Bischof und blieb dort lächelnd stehen. »Nicht mehr zu beherrschen? Für Brügger Leichterschiffer, die so wertvolles Eigentum befördern? Wer war denn am Steuer?«
    Keiner und alle waren am Steuer gewesen. Und dann sagte einer der Leichterschiffer, unter Druck gesetzt, daß der Lehrling namens Claes gesteuert habe.
    Alle Blicke richteten sich auf Claes. Guter Gott, der gutmütige, ungeschliffene, harmlose Claes, der nichts andres konnte als Witze machen und Höhergestellte nachahmen! Claes mit dem größten Mundwerk in Flandern. Claes, der jetzt, in einer dünnen Schlammpfütze stehend, die Augen mondrund aufriß und sagte, ja, natürlich, Mijnheer, er habe gesteuert, aber nicht in der Schleusenkammer. Mit der Reiherfeder hätte er eine bessere Figur gemacht. Das Haar, dunkel wie Bratensoße, hing ihm in schlaffen Locken über Augen und Wangen und tropfte ihm hinten in den zerschlissenen Kragen seines Wamses. Er schüttelte sich, und alle hörten das laut schmatzende Geräusch seiner Stiefel.
    Ein breites Lächeln flog über sein Gesicht und trübte sich ein wenig, als niemand darauf reagierte. »Mijnheer, wir haben unser Bestes getan und sind dafür ins Wasser gefallen. Und dazu haben wir noch unsere Jagdbeute und unsere Armbrüste verloren. Aber der Herzog hat wenigstens sein Badebassin noch.«
    »Du bist unverschämt«, herrschte der Bürgermeister ihn an. »Und ich glaube, du lügst. Wollt Ihr bestreiten, Meester Julius, daß dieser Junge am Steuer war?«
    »Er war am
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