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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg
Autoren: Dorothy Dunnett
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öffnete sich immer weiter, und das herzogliche Badebassin begann kreiselnd in den Kanal hinauszutreiben. Die Leichterschiffer stießen mit ihren Rudern zu. Der Bleirand des Bassins hob und senkte sich mit der Wellenbewegung. Das schmutzige Wasser darin schwappte hin und her, durchnäßte ihre sandigen Stiefel, ihre Hosen und den Jagdbeutel und spülte plätschernd das Wappen der Kilmirren rein. Der Bassinrand schlug dumpf klirrend gegen die Wand, der Leichter wurde mitsamt seiner Ladung aus der Schleusenkammer hinausgestoßen und prallte zuerst gegen den einen Torflügel und dann gegen den anderen. Der Hund, der sich kaum auf den Beinen halten konnte, bellte.
    Aus dem Augenwinkel beobachtete Julius, daß der Schotte zu der Gruppe an der Uferböschung eilte, wo alle mit ungläubigen Mienen zum Schiff hinunterschauten. Das Hundegekläff wurde immer erregter, und an Land begannen Leute laut zu schreien.
    Julius sah, warum sie schrien. Er sah - wie alle anderen -, was gleich geschehen würde. Dabei blieb ihm noch Zeit genug, sich darüber Gedanken zu machen, was das große herzogliche Paket enthalten mochte, das so sorgsam verstaut in dem langen flachen Lastkahn dort am Rand des Kanals ruhte. Er hatte sogar noch Zeit, es sich genauer anzusehen, während das Badebassin dem schaukelnden Lastkahn mit der persönlichen Fracht des Herzogs von Burgund entgegentrieb. Der doppelt vertäute Lastkahn konnte nicht ausweichen, der Leichter mit Julius, Felix und Claes an Bord rammte ihn und riß ihm die Seite auf.
    Das Bassin kippte und katapultierte Claes und Julius mit Schwung in den Kanal, während Felix ans andere Ende gespült wurde, wo er sich, im tiefen Wasser strampelnd, mit einer Hand an seinem Rand festhielt. Dann richtete es sich wieder auf.
    Der angeschlagene, zum Auslaufen bereitliegende Lastkahn riß an seinen Trossen, sprengte sie und versenkte seine Fracht gemächlich in den dunklen Tiefen, um sie dann mit seinem tangüberzogenen Rumpf zuzudecken.
    Während dies geschah, kam Julius wieder an die Oberfläche und sah, als er die Augen öffnete, rundherum entsetzte Gesichter, von Burgundern wie Flamen; und hörte, während ihm das Wasser aus den Ohren tropfte, den ersten bedeutungsschweren Ausruf, der allerdings nicht aus flämischem Mund kam, sondern aus dem des schottischen Bischofs. »Martha!« rief dieser in heiserem Protest. »Was habt ihr getan? Was habt ihr getan? Ihr Narren, ihr habt Martha versenkt!«
    Niemand lachte. Schon gar nicht Julius. Denn der wußte jetzt, was auf dem Lastkahn gewesen war und was sie vernichtet hatten.
    Er konnte niemanden warnen. Claes, der die Feder verloren hatte, mühte sich dort drüben strampelnd durchs Wasser, und Felix hatte flott schwimmend schon beinahe das Ufer erreicht, Kopf an Kopf mit dem Hund, der an ihm vorbei die Böschung hinaufsprang. Das Schiff mit dem Badebassin war festgemacht, und die Leichterschiffer standen mit betretenen Mienen bereits auf dem Treidelweg. Felix kletterte triefend ans Ufer. Von Claes gefolgt gesellte er sich, was angeraten schien, sofort zu den Schiffern. Julius kam sich alt vor, als auch er aus dem Wasser stieg und ihnen hinterherpatschte. Der Hund schüttelte sich, und der Diener seines Herrn nahm ihn mit unwilliger Miene und zaghafter Hand beim Halsband.
    Im Kreis der vornehmen Herrschaften waren schon seit geraumer Zeit immer wieder empörte Stimmen laut geworden. Die Forderungen des Bischofs waren deutlich vernehmbar: »Würdet Ihr etwas unternehmen, Mylords! Holt Eure Schiffbaumeister, Eure Bergungskähne, Eure Seeleute!« Und etwas später: »Es sei denn, der Affront ist gewollt. Meinem Cousin in Schottland wurde ein Geschenk versprochen, und nun ist das Geschenk verloren. Durch des Herzogs eigene Leute! In des Herzogs eigenem Kanal! Was soll ich davon halten?«
    Der Kommandant und der Bürgermeister sprachen hastig durcheinander. Bis endlich die ruhige Stimme von Anselm Adorne erklang, der einst das höchste Amt in Brügge bekleidet hatte und dem Julius zutraute, jedes erregte Gemüt besänftigen zu können. »Mylord, nur ein Wind und eine Flut sind Euch verloren. Der Bürgermeister wird Euch nach Brügge bringen. Der Kommandant wird diese Männer in Gewahrsam nehmen. Der Kanal wird mit Schleppnetzen abgesucht und die Ware entweder geborgen oder ersetzt. Ich bin überzeugt, es war nichts anderes als ein Unglücksfall, aber die Stadt wird die Angelegenheit untersuchen und Euch Bericht erstatten. Einstweilen können wir Euch nur in aller
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