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Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Titel: Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)
Autoren: Meira Pentermann
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lasse meins hier“, schlug Wicker vor. „Damit kann Aiden dann fahren“, fügte sie hinzu und grinste Leonard an.
    „Perfekt“, sagte Chester und legte seinen Arm um ihre Schulter. „Du fährst mit Russ zurück. Aiden und Natalia nehmen dann dein Motorrad und wir setzen Leonard auf eins von unseren.“
    „Wir treffen uns dann, wenn ihr ankommt.“ Sie zwinkerte Leonard zu. „Macht euch mit allem vertraut.“
    Nachdem die Besucher gegangen waren, schnappte sich Chester ein paar Decken und führte seine Gäste zu einer Abstellkammer neben der Hütte. Leonard legte die Wolldecken in einer Ecke zurecht. Natalia entschuldigte sich und ging vermutlich zum Toilettenhäuschen.
    Während sie weg war, nahm Aiden die Kissen von der Couch und schuf für sie damit eine gemütliche Schlafstätte. Er runzelte die Stirn, als er das improvisierte Bett betrachtete. „Sie kann in meinem Zimmer schlafen“, sagte er.
    „Nein“, fuhr Leonard ihn an.
    „Alleine“, stellte Aiden klar.
    Zu müde, um zu streiten, döste Leonard weg. Als er mitten in der Nacht aufwachte, sah er neben sich Aiden auf den Kissen liegen; ein Arm befand sich über seinem Kopf und beide Beine baumelten über den Rand der Kissen.

Kapitel Sechsunddreißig

     
    Vierundzwanzig Stunden später gab Leonard bekannt, dass er sich nun sicher genug fühlte, auf Chesters älterer Harley zu fahren. Zusätzlich zu den ausgedehnten Fahrstunden gab Aiden ihm ein kurzes Waffen–Sicherheitstraining und stattete ihn mit einem Halfter aus. An jenem Abend wachte Leonard nachts immer wieder auf; die Geräusche beschleunigender Motoren und nachhallender Pistolenschüsse dominierten seine Träume und versetzten seinem Nervensystem hin und wieder einen Adrenalinschub.
    Als sie am Sonntagmorgen bereit zum Aufbrechen waren, sprang Natalia begeistert hinter Aiden auf Wickers Motorrad und legte ihre Arme um seine Hüfte. Dieses Mal hatte Leonard nichts dagegen. Für Natalia war es sehr viel sicherer, mit ihrem neuen Freund mitzufahren und Leonard würde beruhigter unterwegs sein können, wenn er sich keine Sorgen um seine Tochter machen musste.
    In der Stadt hielten sie kurz an einer der Tankstellen, die die Gegenrevolutionäre angezapft hatten.
    Aiden summte leise vor sich hin, während er ihre Tanks füllte.
    „Was werdet ihr machen, wenn die unterirdischen Brennstoffbehälter leer sind?“, fragte Leonard.
    „Wir.“
    „Wir?“
    „Du bist jetzt einer von uns.“
    Leonard legte den Kopf schief. „Na gut. Was werden wir tun, wenn die Behälter leer sind? Und was ist mit Strom?“
    „Unsere Energieerzeugungsanlagen werden mit Kohle betrieben“, antwortete Aiden. „Die bauen wir gerade tatkräftig in der umliegenden Gegend ab. Außerdem gibt es in Grand Junction eine Menge Erdgasblasen. Und obendrein ist Mesa County voller Ölschiefer. Wir müssen nur die Raffinerien etwas überholen.“
    „Oh.“ Leonard sagte nichts weiter. Er war nicht ganz sicher, was Ölschiefer war, dennoch war er intelligent genug, um zu begreifen, dass es eine Art Energiequelle sein musste, und er wollte seine Unkenntnis über die geologischen Wunder West–Colorados nicht weiter enthüllen.
    Das Ausmaß dieser Wunder musste er noch ergründen. Da er vorher noch nie in seinem Leben westlich von Vail gewesen war, wurde er völlig von der Schönheit des Westhangs überrascht. Die hoch aufragenden roten und grauen Wände des Glenwood Canyons verschlugen ihm den Atem und der rauschende Colorado River ließ in Leonards müder Seele ein Gefühl von Freiheit aufleben.
    Er ignorierte absichtlich die verlassenen Städte, an denen sie vorbeifuhren, und konzentrierte sich stattdessen darauf, um die Risse in der Straße herum zu manövrieren und den Schlaglöchern auszuweichen. Aber als er an den Ruinen von Glenwood Springs Hot Springs vorbeikam – ein Ferienort, von dem er schon sehr viel gehört hatte, er war jedoch noch nie da gewesen – musste er sich doch umschauen. Dampfendes Wasser tröpfelte über die Interstate und in den Colorado River, wodurch die Straße erheblich beschädigt wurde. Trümmer von überschwemmten Gebäuden säumten den Straßenrand. Es schien, als ob die Bewohner der freien Gemeinschaft den Schutt größtenteils zur Seite geräumt hatten, um einen Weg freizumachen.
    Aiden wurde langsamer und bahnte sich vorsichtig einen Weg an den Trümmern vorbei. Leonard blieb dicht hinter ihm und achtete auf jede Geschwindigkeitsänderung und jede Kurve. Nachdem sie geschickt durch das
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