Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity

Titel: Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity
Autoren: Ann Granger
Vom Netzwerk:
uns und gab sich dabei die größte Mühe, den Eindruck zu erwecken, dass er nicht zu uns gehörte. Als Nächstes kam Dotty, die das Baby trug. Roche, Morris und ich bildeten den Abschluss.
    Roche, der seit einer ganzen Weile geschwiegen hatte, fand endlich die Stimme wieder. Sie zitterte vor unterdrückter Wut. »So etwas sollte verboten sein!«, sagte er empört. »Diese … diese alte Vettel hat sich nicht mehr um die unglückseligen Kinder gekümmert als … als …« Er verstummte stotternd.
    »Mehr gibt es aber nicht, Sir«, sagte Sergeant Morris unerwartet. »Die Gemeinde zahlt nicht viel für ein Kind. Sie muss so viele der kleinen Schreihälse aufnehmen, um überhaupt davon leben zu können. Ich will sie nicht verteidigen oder in Schutz nehmen, ich sage nur, wie es ist.«
    »Dann werde ich nicht eher ruhen, als bis es nicht mehr ›so ist‹!«, schnappte Roche aufgebracht.
    Ich bezweifelte seine Ernsthaftigkeit nicht, doch ich bezweifelte stark, ob er imstande war, etwas daran zu ändern. Die Politik der Gemeinde war es, so wenig wie irgend möglich zu unternehmen, um Missbrauch vorzubeugen. Ein mittelloses Waisenkind unter Armenrecht war eine Bürde für den respektablen Steuerzahler und dementsprechend unwillkommen. Gleichgültig, wie gering der ausgegebene Betrag war, er wurde nur widerwillig gezahlt.
    Was Potter betraf, er tat, als hätte er Roches Ausbruch nicht gehört. Er beschleunigte seine Schritte und vergrößerte den Abstand zwischen sich und uns noch mehr. Wir hatten Glück, bald darauf eine Droschke zu finden, einen geschlossenen vierrädrigen Growler, und hielten das Gefährt an.
    »Wem gebe ich jetzt das Baby?«, wollte Dotty wissen.
    »Sie, Morris!«, befahl ich. »Sie sind doch Familienvater, wenn ich mich nicht irre!«
    Morris streckte entgegenkommend die Arme aus, und Nummer siebenundzwanzig wurde in sie gelegt.
    »Wollen Sie das kleine Ding etwa in meiner Droschke transportieren?«, fragte der Kutscher. »Ich will nicht, dass ihm schlecht wird und es mir die Polster vollkotzt!«
    »Man wird Sie für sämtliche Unannehmlichkeiten entlohnen«, beschied ihm Charles Roche laut.
    Genau wie Mrs. Dawson erkannte auch der Kutscher einen distinguierten Bürger auf den ersten Blick. »Ganz recht, Sir. Wie Sie meinen!«
    »Ich möchte einen Vorschlag machen, Gentlemen!«, meldete sich Morris zu Wort, als wir uns in Bewegung setzten und die Droschke über das Kopfsteinpflaster rumpelte. »Ich hatte überlegt, dass es besser wäre, wenn das Baby ein wenig sauberer wäre, bevor die junge Lady Mrs. Craven ihr Kind zum ersten Mal nach so langer Zeit wiedersieht. Wenn wir zuerst zu mir nach Hause fahren könnten, wird meine Frau die Kleine baden und ihr ein hübsches Kleidchen anziehen. Ich weiß, dass sie saubere Babykleidung bereitliegen hat. Unsere beiden Mädchen sind inzwischen verheiratet, und Mrs. Morris wartet sehnlich darauf, dass eine von ihnen endlich selbst ein Baby bekommt!«
    Und das taten wir denn auch. Mrs. Morris und ihre Schwester gaben ihrer Bestürzung lauthals Ausdruck angesichts des Zustands, in dem sie das Baby erblickten. Sie entrissen dem guten Sergeant das Kind und verschwanden mit ihm in der Küche, um nach kurzer Zeit mit ihm zurückzukehren, frisch gewaschen und in einem sauberen weißen Kleidchen und fast nicht wiederzuerkennen, auch wenn es noch eine ganze Weile dauern würde, bis in die großen blauen Augen ein wenig Lebhaftigkeit zurückkehrte.
    Wir brachten das Mädchen nach Chelsea und zum Haus von Charles Roche. Als die Magd die Tür öffnete, kam meine eigene liebe Lizzie in die Halle hinausgerannt und rief aufgeregt: »Habt ihr sie? Oh, lieber Gott, bitte sag, dass ihr sie habt!«
    »Wir haben sie«, sagte ich.
    Lizzie brach in Tränen aus, was ich bei ihr noch nie gesehen hatte, gleichgültig, wie extrem die Umstände sein mochten.
    Ich räusperte mich laut und nahm mir einige Sekunden Zeit, um die Straße hinauf- und hinunterzublicken. Es ging nicht an, wenn ein Inspector der Metropolitan Police sich in Ausübung seines Dienstes Emotionen anmerken ließ.
    Später war das natürlich etwas anderes. »Ich schwöre dir, Lizzie!«, sagte ich mit Nachdruck, als wir allein auf der Türschwelle des Hauses in Chelsea standen und ich mich einstweilen von ihr verabschiedete. »Als ich dieses Baby lebendig und wohlbehalten sah – oder zumindest so wohlbehalten, wie es in der Obhut von Mrs. Dawson möglich war –, hätte ich am liebsten laut ›Halleluja!‹
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher