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Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity

Titel: Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity
Autoren: Ann Granger
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knickste geziert.
    »Einen schönen guten Tag, Mrs. Dawson«, entbot Potter. »Bitte verzeihen Sie, dass ich störe. Ich habe diese Gentlemen in meiner Begleitung. Dürfen wir hereinkommen?«
    Ihre Augen huschten an ihm vorbei zu uns. »Das Gesetz?«, rief sie aus, und das gezierte Getue und das Lächeln verschwanden. »Es gibt keinen Grund für einen Besuch des Gesetzes in meiner Wohnung.« Sie stemmte die Hände in die Hüften und baute sich so in der Tür auf, als wollte sie uns den Zutritt verwehren.
    Ich ergriff das Wort, bevor Potter eine Chance dazu bekam. »Wir begleiten diesen Gentleman hier, Mr. Charles Roche, der etwas Geschäftliches mit Ihnen zu besprechen hat.«
    Die Xanthippe musterte Charles Roche von oben bis unten. Geistesgegenwärtig nahm Roche seinen Hut ab und verneigte sich.
    »Oh, ein Gent …«, sagte Mrs. Dawson, und ihr Lächeln kehrte zurück. Sie nahm die Hände von den Hüften und knickste erneut. »Kommen Sie herein, Gentlemen, immer herein mit Ihnen – hey, Dotty! «
    Sie drehte den Kopf nach hinten, und die plötzlich erhöhte Lautstärke und Schärfe in ihrer Stimme ließ uns alle zusammenzucken.
    »Dotty! Hör auf, diesen Haferbrei zu rühren, und stell den Kessel mit Wasser auf, um Tee zu machen! Ich habe Besuch!«
    Sie führte uns nach drinnen, während sie die schmutzige Schürze losband und hinter einem klapprigen Lehnsessel ablegte, wo sie nicht mehr zu sehen war.
    Der Raum, in welchem wir uns befanden, diente zugleich als Küche und Wohnzimmer. Auf der gegenüberliegenden Seite stand ein kleiner Herd, an welchem ein schmuddeliges Mädchen von vielleicht vierzehn Jahren stand und sich mit einem verbeulten Teekessel abmühte. Dotty, wie ich annahm. Der unbeaufsichtigte Topf mit Haferbrei brodelte und blubberte vor sich hin. Der Geruch ließ vermuten, dass der Inhalt bereits angebrannt war. An einem über dem Herd quer durch das Zimmergespannten Seil hingen Dutzende von trocknenden Lappen. Windeln, nahm ich an.
    Ich musste an den kleinen Peter Harris denken, der auf dem Bahnsteig von King’s Cross zurückgelassen worden war. Auch er war in einem Haus wie diesem gelandet, spartanisch, aber ein wenig besser als dieses hier. Die Unglücklichen, die hier in diesem Zimmer gelandet waren, hatten den kürzeren Strohhalm gezogen.
    »So nehmen Sie doch Platz, Gentlemen«, lud uns unsere Gastgeberin ein.
    Potter tat wie geheißen, doch wir anderen waren zu fasziniert von den übrigen Bewohnern des Zimmers, um irgendetwas anderes zu tun, als wie angewurzelt dazustehen und zu gaffen. Es waren sicherlich ein Dutzend Kleinkinder aller Altersstufen. Einige krabbelten, andere liefen unsicher, wiederum andere lagen in aus Orangenkisten gebauten Wiegen. Zwei ältere Kinder waren damit beschäftigt, in einer Schüssel voll fettigem Wasser Teller abzuwaschen. Es war aller Wahrscheinlichkeit nach alles Wasser, das ihre Hände an diesem Tag zu sehen bekommen würden. Keines der Kinder erweckte den Anschein, in letzter Zeit gebadet worden zu sein. Ihre Kleidung war gleichermaßen schmuddelig. Sie waren ausnahmslos dünn und gebrechlich und – für Kinder in ihrem Alter ganz untypisch – still. Sie starrten uns aus großen, verängstigten Augen an. Ein oder zwei Kinder hatten rasierte Köpfe – wohl ein Versuch, Ungeziefer zu bekämpfen. Die rasierte Kopfhaut war übersät mit hellvioletten Flecken.
    »Enzianviolett«, sagte Morris in meine Richtung. »Meine Frau hat ebenfalls eine Flasche davon in ihrem Arzneischrank. Sehr gut gegen Hautprobleme.«
    Ich riss mich zusammen und setzte mich in den mir angebotenen Sessel. Roche nahm den klapprigen Lehnsessel. Morris postierte sich stehend neben der Tür.
    Potter erklärte in knappen Worten den Grund unserer Anwesenheit und zeigte Mrs. Dawson den Gerichtsbeschluss. Sie unternahm keinen Versuch, das Schreiben zu lesen, und ich vermutete insgeheim, dass sie Analphabetin war.
    »Sie sind also hergekommen, um eins der Bälger mitzunehmen, wie?«, erkundigte sie sich und kam damit direkt zum Kern der Sache. »Dann werde ich für eins weniger bezahlt, richtig, Mr. Potter?«
    »Ohne Zweifel wird bald ein anderes Kind den frei gewordenen Platz einnehmen, Ma’am«, versicherte Potter ihr.
    »Welches wollen Sie denn?«, fragte sie gleichmütig und winkte mit der Hand in den Raum voller Kinder.
    Das Mädchen Dotty erschien neben mir und drückte mir eine emaillierte Blechtasse mit schwarzem Tee in die Hand.
    »Vielleicht einen Tropfen Rum in den Tee,
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