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Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Titel: Neues Vom Räuber Hotzenplotz
Autoren: Otfried Preußler
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Spritzenhaus herrschte tiefe Finsternis. Kasperl hatte sich an der rechten Innenseite des Tores aufgestellt, Seppel links, jeder mit einer Feuerpatsche bewaffnet.
    »Ob Hotzenplotz kommt?« fragte Seppel zum einhundertsiebenundfünfzigstenmal; und Kasperl antwortete:
    »Bestimmt! Oder meinst du, daß der sich einen vergrabenen Schatz entgehen läßt?«
    Seppel kicherte vor sich hin.
    »Schade, daß es hier drin so finster ist! Ich wollte, wir könnten sein dummes Gesicht sehen, wenn wir ihm unsere Feuerpatschen aufs Dach hauen . . .«
    »Pscht!« unterbrach ihn Kasperl aufgeregt. »Draußen kommt wer!«
    Sie hörten, wie jemand über den Marktplatz geradelt kam und das Rad an der Mauer abstellte.
    Hotzenplotz – mit dem Fahrrad?
    »Gewiß hat er es gestohlen«, flüsterte Kasperl.
    Nun wurde ans Tor geklopft.
    »Seid ihr noch drin?« fragte eine leise Stimme.
    Kasperl und Seppel verhielten sich mäuschenstill. So dumm waren sie nicht, daß sie Hotzenplotz auf den Leim gingen und sich verrieten.
    »Warum sagt ihr nichts? Ich bin es, Dimpfelmoser! Wartet, ich komme jetzt zu euch 'rein . . .«
    »Komm du nur!« dachte Kasperl. »Du scheinst nicht zu wissen, daß Oberwachtmeister Dimpfelmoser seit gestern mittag bei uns zu Hause im Bett liegt!«
    Draußen wurde der Schlüssel ins Schloß gesteckt und zweimal herumgedreht.
    Kasperl und Seppel hoben die Feuerpatschen und hielten den Atem an.
    Vorsichtig wurde das Tor geöffnet, und jemand steckte den Kopf herein. Im Mondschein erkannten sie, daß es Hotzenplotz sein mußte. Wie zu erwarten, trug er die Polizeiuniform und den Helm des Herrn Oberwachtmeisters Dimpfelmoser.
    »Immer hereinspaziert!«
    Kasperl schlug ihm mit seiner Feuerpatsche den Helm vom Kopf, Seppel besorgte den Rest.
    »So, den hätten wir! – Und was nun?«
    »Nun die Uniform aus und den Schlauch her!«
    Der Gefangene lag auf der Nase und rührte sich nicht. Kasperl zog ihm mit Seppels Hilfe die Uniform aus. Nebst Schuhen und Strumpfsocken, wie sich von selbst versteht. Dann wickelten sie ihn von unten bis oben in einen Feuerwehrschlauch und stülpten ihm einen leeren Wassereimer über den Kopf.
    »Er soll es um kein Haar besser haben als Oberwachtmeister Dimpfelmoser!« erklärte Kasperl; und Seppel meinte: »Gewiß nicht!«
    Das Spritzenhaustor stand offen, der Mond schien herein und leuchtete ihnen. Kasperl und Seppel zerrten ihren Gefangenen in die hinterste Ecke des Raumes, genau an die gleiche Stelle zwischen der Wand und dem Feuerwehrauto, wo auch Herr Dimpfelmoser gelegen hatte.
    »Von allein kommt er hier nicht weg«, meinte Kasperl. »Ich sause jetzt mit den gestohlenen Sachen nach Hause, und du bleibst als Wache hier.«
    »Gut«, sagte Seppel. »Ich halte für alle Fälle die Feuerpatsche bereit –, und wenn Hotzenplotz den Versuch macht . . .«
    An dieser Stelle wurde er mitten im Satz unterbrochen: Irgendwer hatte das Tor des Spritzenhauses von außen zugeknallt. Nun standen die beiden wieder im Finstern. Sie hörten den Schlüssel im Schloß knacken, einmal und noch einmal.
    »Heda!« rief Kasperl. »Was soll das? Hier sind ja Leute drin!« Er schlug mit den Fäusten ans Tor, er trat mit den Füßen dagegen. »Aufsperren! Aufsperren!«
    Als Antwort ertönte vom Gitterfenster herab ein dröhnendes Lachen. Die Freunde fuhren herum. In der Fensteröffnung erblickten sie einen behelmten Kopf, der sich deutlich vom hellen Nachthimmel abhob. Noch einen!
    »Na, ihr zwei Flaschenpostler?«
    Kasperl und Seppel kamen sich vor wie in einem bösen Traum. War das Hotzenplotz, dort am Fenster? Aber den hatten sie doch gerade erst in den Feuerwehrschlauch gewickelt . . .
    »Damit habt ihr wohl nicht gerechnet, wie?«
    Es war tatsächlich Hotzenplotz! Diese Stimme gab es kein zweitesmal.
    »Wenn ihr mich 'reinlegen wollt, müßt ihr's schlauer anstellen! Ich bin schließlich nicht blöd. Ich bin ein gelernter Räuber – und ihr seid geborene Hornochsen, hö-hö-hö-höööh!«
    Kasperl und Seppel verstanden die Welt nicht mehr.
    »Aber w-wir h-haben Sie . . .«, stammelte Seppel. »W-wir h-haben Sie doch gerade erst m-mit der F-feuerpatsche . . . Und dann . . .«
    »Dann haben wir Sie in den Schlauch gewickelt!« rief Kasperl.
    »Mich?« widersprach ihm Hotzenplotz. »Mich gewiß nicht! Ich lasse mich nämlich nicht einwickeln, merkt euch das, von euch beiden schon gar nicht! Am besten, ihr schlaft jetzt und laßt euch was Hübsches träumen – meinetwegen von einem vergrabenen Schatz in einem
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