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Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Titel: Neues Vom Räuber Hotzenplotz
Autoren: Otfried Preußler
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vermutlich beim Fischen gewesen, die beiden. Seppel trägt eine Angelrute über der Schulter und Kasperl ein Netz . . . Übrigens hängt in dem Netz etwas drin. Scheint was Schweres zu sein . . . Eine Flasche vielleicht? Ja, zum Schinder, das ist eine Flasche – jetzt sehe ich's ganz genau. Ob da Rum drin ist? Oder Birnengeist?«
    Hotzenplotz spürte, wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Trotzdem bewahrte er kaltes Blut und machte sich sprungbereit. Er ließ Kasperl und Seppel auf wenige Schritte herankommen. Dann brach er mit vorgehaltener Pfefferpistole aus dem Gebüsch hervor.
    »Hände hoch – oder es knallt!«
    Kasperl und Seppel ließen das Angelzeug fallen und hoben die Hände. Plötzlich fing Kasperl zu lachen an.
    »Sie sind von der Polizei und jagen uns einen solchen Schreck ein? Was soll denn das!«
    Hotzenplotz hielt ihm die Pfefferpistole unter die Nase.
    »Schau mir mal ins Gesicht und denk dir den Helm und den roten Kragen weg! Jetzt vergeht dir das Lachen, wie?«
    Kasperl verdrehte die Augen, und Seppel klapperte mit den Zähnen; sie hatten es vorher gründlich geübt.
    »S-sie s-sind d-das?« stotterte Kasperl.
    »Ja, ich bin das, hö-hö-hö-höööh! Überrascht euch das etwa?«
    Hotzenplotz deutete mit dem Pistolenlauf auf die Flasche in Kasperls Netz.
    »Woher habt ihr die?«
    »Aus dem St-tadtb-bach gefischt Es ist eine . . . eine Fla...«
    »Warum sprichst du nicht weiter? Her damit! Wollen mal sehen, was drin ist!«
    Hotzenplotz ließ sich die Flasche geben, beguckte sie gründlich von allen Seiten und meinte kopfschüttelnd:
    »Wenn mich nicht alles täuscht, ist das Ding versiegelt. Und hier klebt ein Zettel drauf, wie ich sehe . . .«
    Der Zettel trug eine Aufschrift in großen, ein wenig verschnörkelten Buchstaben:

    FLASCHENPOST
    WICHTIGE MITTEILUNG AN DIE POLIZEI !
    ÖFFNEN DURCH NICHTPOLIZEIBEAMTE
    STRENG VERBOTEN ! !

    Hotzenplotz grinste und rieb sich das Kinn.
    »Was verboten ist, reizt mich doppelt. Ich werde die Flasche natürlich öffnen.«
    »Das dürfen Sie nicht!« rief Kasperl. »Sie sind ja kein Polizeibeamter!«
    Hotzenplotz lachte ihn schallend aus.
    »Willst du mir etwa Vorschriften machen? Sieh mal, wie rasch das geht!« Er zog seinen Säbel und hackte die Flasche mit einem kurzen Schlag in der Mitte durch.

    Ein zusammengerolltes Papier fiel heraus. Er bückte sich, hob es auf, überflog es – und sah auf den ersten Blick, daß äußerste Vorsicht geboten war.
    »Umdrehen!« herrschte er Kasperl und Seppel an. »Augen zu! Ohren zuhalten!«
    Jetzt erst begann er den Brief aus der Flasche zu lesen, von dem er nicht ahnen konnte, daß Großmutter ihn in Kasperls Auftrag geschrieben hatte:

    Werter Herr Dimpfelmoser!

    In der Todesstunde vertraue ich dieser Flaschenpost ein Geheimnis an. Alle Reichtümer an Geld und Gold, die ich im Lauf meines langen Lebens zusammengehamstert habe, liegen im Spritzenhaus unseres Städtchens vergraben. Sie werden gebeten, sie polizeilich sicherzustellen und an die armen Leute zu verteilen. Sonst finde ich keine Ruhe im Grab.

    Ein unbekannt
    bleiben wollender,
    jedoch reuiger Sünder.

    Zur Beachtung:
    Der Schatz ist verzaubert. Er muß bei Vollmond gehoben werden, sonst geht es schief.

    Hotzenplotz rieb sich die Augen und zwickte sich in die Nase. Kein Zweifel, er träumte nicht!
    Die Nachricht vom Geld- und Goldschatz im Spritzenhaus ließ ihn für eine Weile alles vergessen, was ringsum geschah. Kasperl und Seppel machten sich das zunutze und rannten davon. Hotzenplotz merkte es einige Augenblicke zu spät.
    »Halt!« rief er. »Stehenbleiben, verdammt nochmal – stehenbleiben!«
    Für einen Schuß aus der Pfefferpistole waren sie zu weit weg, und nachlaufen wollte er ihnen nicht. Wozu auch? Für diesmal konnten ihm Kasperl und Seppel gestohlen bleiben. Im Augenblick gab es Dinge, die tausendmal wichtiger waren.
    »Ob das stimmt, was da auf dem Zettel steht?« überlegte er.
    Warum sollte es eigentlich nicht stimmen? Immerhin war die Flaschenpost ja versiegelt gewesen.
    Er rollte den Brief zusammen und steckte ihn in die Hosentasche.
    »Ich werde der Sache mit dem vergrabenen Schatz auf den Grund gehen«, nahm er sich vor. »Das soll mir mit Hilfe des Spritzenhausschlüssels nicht schwerfallen. Außerdem haben wir heute Vollmond, das trifft sich ja.«
    Daß er mit äußerster Vorsicht zu Werke gehen mußte, verstand sich von selbst. Er wollte sich recht viel Zeit lassen und die Umgebung des Spritzenhauses sorgfältig
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