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Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Titel: Neues Vom Räuber Hotzenplotz
Autoren: Otfried Preußler
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anderen Anzug im Schrank habe, nicht einmal eine einzelne Hose. »Denn«, sagte er, »wie ihr wißt, bin ich immer im Dienst, und im Dienst trägt man Uniform.«
    Da war guter Rat teuer.
    »Wissen Sie was?« meinte Kasperl nach einigem Grübeln. »Wir bringen Sie erst mal zu uns nach Hause, dort sind Sie am besten aufgehoben. Großmutter hat gewiß nichts dagegen – oder?«
    Großmutter war mit allem einverstanden.
    Kasperl und Seppel liehen sich bei der Gemüsefrau an der Ecke den Handwagen und ein leeres Gurkenfaß. Es war nicht ganz einfach, Herrn Dimpfelmoser dazu zu bringen, daß er ins Faß stieg und sich darin nach Hause befördern ließ.
    »Bin ich vielleicht eine saure Gurke?« schimpfte er. »Amtspersonen haben in einem solchen Faß nichts verloren!«
    Zuletzt stieg er aber doch hinein, was wäre ihm denn auch anderes übriggeblieben? Kasperl und Seppel hoben den hölzernen Deckel aufs Gurkenfaß, spannten sich vor den Handwagen und wollten losfahren.
    »Wartet!« rief Großmutter. »Nicht so rasch, erst muß ich das Spritzenhaus abschließen! Hotzenplotz bringt es fertig und stiehlt uns auch noch das Feuerwehrauto, wenn wir nicht aufpassen!«
    »Aber er hat doch den anderen Schlüssel – den von Herrn Dimpfelmoser! Damit kann er sowieso ins Spritzenhaus!«
    »Trotzdem!« erwiderte Großmutter. »Ordnung muß sein, da hilft alles nichts!«
    Kasperl und Seppel warteten, bis sie das Spritzenhaus zugesperrt hatte. Dann setzten sie sich mit dem Handwagen in Bewegung. Großmutter lief hinterdrein und schob. Die Leute, denen sie unterwegs begegneten, mußten den Eindruck haben, die drei hätten auf dem Gemüsemarkt ein Faß Gurken gekauft und schafften es nun nach Hause. Wären sie nahe genug herangekommen, so hätten sie freilich gehört, daß im Gurkenfaß jemand saß, der unaufhörlich mit dumpfer Stimme vor sich hinschimpfte:
    »O verflucht, ist das eine Luft hier drin! Ich werde mein Lebtag nach sauren Gurken stinken, fürchte ich. Und so eng ist es hier! Ich bin nur noch ein einziger blauer Fleck. Au, meine Nase! O weh, meine linke Schulter! Ihr glaubt wohl, ich habe Gummiknochen und einen Wattekopf?«

    Je länger die Fahrt dauerte, desto weniger wohl fühlte sich der Herr Oberwachtmeister im Gurkenfaß; und je weniger wohl er sich fühlte, desto lauter schimpfte er.
    Ein paarmal versuchte Großmutter, ihm gut zuzureden.
    »Still doch, Herr Oberwachtmeister, still doch! Was sollen die Leute denken?«
    Als dies alles nichts half, stimmten Kasperl und Seppel ein Lied an:
    »Hotte hotte hüh,
    Klöße in der Brüh!
    Willst du mit der Kutsche fahren,
    darfst du nicht an Butter sparen,
    spät und in der Frü-hü-hüüüh:
    Hotte hotte hüh!«
    Großmutter sang aus voller Kehle mit, und es gelang ihnen, wenn auch mit einiger Mühe, Herrn Dimpfelmoser zu übertönen.

Es muß  etwas geschehen

    Großmutter hatte im Dachgeschoß ihres Häuschens ein kleines Zimmer mit schiefen Wänden und einem Gästebett. Dort brachten sie den Herrn Oberwachtmeister unter.
    »Mögen Sie Baldriantee?« fragte Großmutter. »Baldriantee beruhigt die Nerven und wird Ihnen guttun – nach allem, was Sie erlebt haben.«
    »Wenn ich ehrlich bin«, sagte Herr Dimpfelmoser, »dann möchte ich lieber etwas zu essen. Was meinen Sie, wie mir der Magen knurrt!«
    »Uns auch!« riefen Kasperl und Seppel. »Uns auch!«
    Großmutter lief in die Küche und strich einen Haufen Butterbrote. Herr Dimpfelmoser, Kasperl und Seppel sorgten dafür, daß nichts übrigblieb. Großmutter konnte das nicht verstehen: Bei ihr schlug sich jede Aufregung auf den Magen, und hinterher brachte sie stundenlang keinen Bissen hinunter.
    Sie stellte Herrn Dimpfelmoser ein Kännchen Baldriantee ans Bett und erklärte, sie müsse nun in die Stadt gehen. Erstens habe sie einiges zu besorgen – »und zweitens«, versprach sie ihm, »werde ich in der Reinigungsanstalt ein bißchen Dampf machen wegen Ihrer Uniform.«
    »O ja!« rief Herr Dimpfelmoser. »Die sollen sich ausnahmsweise einmal beeilen! – Und noch etwas könnten Sie für mich tun ...«
    »Nämlich?«
    »Bringen Sie mir von daheim ein Paar Schuhe und Strümpfe, den zweiten Helm und den anderen Säbel mit, den Paradesäbel, den ich normalerweise bloß sonntags trage! Frau Pfundsmichel, meine Zimmerwirtin, wird Ihnen alles geben. Und noch was, damit ich es nicht vergesse! Im Fahrradständer auf unserm Hof steht ein blaues Fahrrad mit roten Felgen. Ob Sie das auch noch mitbringen könnten? Es ist mein
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