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Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Titel: Neues Vom Räuber Hotzenplotz
Autoren: Otfried Preußler
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wurde, lief er zu einer einzelnen alten Eiche, die stand etwa zwanzig Schritte vom Eingang der Höhle entfernt und war innen hohl. Er stieg in die Öffnung und scharrte das Laub und die Rindenstücke beiseite, mit denen der Boden bedeckt war. Darunter kam eine starke, aus Eichenbrettern gezimmerte Tür zum Vorschein. Hotzenplotz holte aus einer Spalte des Baumstammes einen Schlüssel hervor, den kein Mensch dort vermutet hätte. Nun öffnete er die Falltür – und damit den Einstieg zu einem schmalen unterirdischen Gang.
    Der Gang war genau zwanzig Schritte lang, dann stieß man auf eine Bretterwand. Hotzenplotz bückte sich, drückte auf einen verborgenen Knopf – und nun ließ sich die Bretterwand einfach beiseiteschieben.
    Grinsend betrat er die Räuberhöhle.
    »Daheim ist daheim!« rief er. »Wie ich die Polizei kenne, wird sie mich überall suchen, bloß hier nicht. Schließlich ist meine Behausung ja amtlich zugenagelt!«
    Er knallte das Bündel mit seinen Sachen in eine Ecke und blickte sich in der Höhle um. Schränke und Truhen waren geöffnet, der Inhalt lag auf dem Fußboden. Alles war durcheinandergeworfen: Wäsche und Küchengerät, der Hausrock, die Kaffeekanne, der Stiefelknecht, eine Schachtel mit Schnurrbartwichse, das Schuhputzzeug, Streichhölzer, Schürhaken, Feuerzange und Nudelbrett, ein Paar Hosenträger, mehrere Päckchen Schnupftabak, eine Ofengabel, die Spiritusflasche und hundert andere Dinge.
    »Zum Teufel mit diesem Dimpfelmoser!« erboste sich Hotzenplotz. »Ich sehe ja ein, daß er meine Höhle durchsuchen mußte. Aber er hätte doch wenigstens dafür sorgen können, daß hinterher alles wieder an seinen Platz kommt! – Mal sehen, was fehlt...«

    Was fehlte, waren die sieben Messer, die Pfefferpistole, das Fernrohr, der Räubersäbel, das Pulverfaß und die Pfeffertonne. Herr Dimpfelmoser hatte sie bei der Durchsuchung der Höhle beschlagnahmt und wegbringen lassen. Aber den Räuber Hotzenplotz ließ das völlig kalt, für solche Fälle hatte er vorgesorgt.
    Er rückte sein Bett von der Wand und öffnete eine verborgene Luke im Fußboden.
    »Es geht eben nichts über einen geheimen Vorratskeller«, sagte er, legte sich auf den Bauch und steckte den Arm durch die Luke.
    Für jedes beschlagnahmte Messer lagen da unten drei neue bereit, nebst allem anderen, was man als Räuber zur Ausübung seines Berufes braucht. Mit sicherem Griff zog er eine geladene Pfefferpistole herauf.
    »Die reicht mir fürs erste«, meinte er. »Alles andere später, sobald ich hier oben ein wenig Ordnung gemacht habe.«
    Ordnung machen war etwas, was er besonders ungern tat.
    »Ich komme mir vor wie mein eigenes Dienstmädchen!« schimpfte er. »Doch so wahr ich der Räuber Hotzenplotz bin – ich werde mich dafür rächen! Nicht nur an Dimpfelmoser, sondern vor allem an Kasperl und Seppel. Die sollen mich nicht umsonst ins Loch gebracht haben! Gleich morgen will ich mich auf die Lauer legen –, und wenn ich sie kriege, dann mache ich Schmorbraten aus den beiden! Ja – Schmooorbraten, hö-hö-hö-höööh!«

Mit  Flaschenpost

    Am nächsten Morgen brach Hotzenplotz auf, um Kasperl und Seppel zu fangen. Wieder trug er die Polizeiuniform – nur daß diesmal in seinem Gürtel die Pfefferpistole und sieben Messer steckten. Das Ersatzfernrohr und ein paar handfeste Stricke hatte er auch dabei.
    Hinter den Ginsterbüschen am Waldrand bezog er Posten.
    »Hier bleibe ich liegen und warte, bis sie vorbeikommen«, schwor er sich. »Irgendwann kommen sie ganz bestimmt vorbei. Das habe ich so in der Nase, verdammt nochmal – und bis jetzt ist auf meine Nase noch immer Verlaß gewesen!«
    Er beobachtete durch das Fernrohr die Landstraße. Nirgends ein Mensch zu erspähen.
    Die Sonne schien Hotzenplotz auf den Kopf, eine Fliege summte um seinen Helm. Um nicht versehentlich einzuschlafen, nahm er von Zeit zu Zeit eine Prise Schnupftabak.

    »Man sollte es nicht für möglich halten, wie einen vierzehn Tage im Spritzenhaus aus der Übung bringen!« knurrte er. »Früher konnte ich stundenlang auf der Lauer liegen, und trotzdem bin ich nicht schläfrig geworden . . .«
    Mit einemmal gab es ihm einen Riß. Auf der Landstraße näherten sich zwei wohlbekannte Gestalten. Die eine, das sah er im Fernrohr ganz deutlich, trug eine rote Kasperlmütze, die andere einen grünen Seppelhut.
    Mit einem Schlag war der Räuber Hotzenplotz pudelwach.
    »Habe ich nicht gewußt, daß sie hier vorbeikommen werden?« brummte er. »Sind
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