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Glut der Gefuehle - Roman

Glut der Gefuehle - Roman

Titel: Glut der Gefuehle - Roman
Autoren: Jo Goodman Eva Malsch
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Prolog
    Herbstsemester, 1796
     
    Zweifellos war es eine Falle.
    Der Right Honorable Matthew Forrester, Viscount Southerton, tappte wissentlich, sogar bereitwillig, hinein. Alle erforderlichen Voraussetzungen seien vorhanden, hatte er seinen Freunden versichert. Eine Herausforderung. Ein Risiko. Eine Wette. Und letzten Endes eine Falle. Einen geistigen Wettstreit wollte er das Spiel nicht nennen, denn die Vorteile lagen zu eindeutig auf seiner Seite.
    Nur wenige Monate nach seinem elften Geburtstag war Matthew ein hoch aufgeschossener, ziemlich magerer, etwas tollpatschiger Junge, was seinem Vater missfiel. Au ßerdem störte es den Earl, dass sein Erbe zu Tagträumen neigte. Das hatte er immer wieder tadelnd erwähnt.
    Nun saß Matthew vor dem Tribunal, die langen Beine ausgestreckt, die Arme vor der schmalen Brust verschränkt, und hoffte, eine möglichst lässige Pose eingenommen zu haben. Dabei dachte er an einen Bekannten seines Vaters, den er in der Bibliothek gesehen und der seine Fantasie beflügelt hatte. Diesen nonchalanten, fast respektlosen jungen Mann versuchte er jetzt nachzuahmen.
    »Er grinst wie eine Forelle«, bemerkte ein Mitglied des Tribunals und beugte sich vor, so dass sein Oberkörper einen Schatten auf den Tisch warf. »Genauso grinste mich neulich ein Fisch an – bevor ich ihn filetierte.«

    Seine vier Beisitzer lachten, vor allem über die Wirkung, die der aggressive Scherz auf den jungen Viscount ausübte. Krampfhaft schluckte er, und sein Lächeln erlosch. Dann richtete er sich kerzengerade auf und straffte die Schultern.
    »Immer wieder grinsen mich die Fische an«, fuhr das Mitglied des Tribunals fort. »Bis ich sie verspeise.«
    Erneut hatte sich Matthew in der Gewalt. Er zuckte nicht mit der Wimper. Stattdessen starrte er vor sich hin, was den ungünstigen Effekt erzielte, dass seine hellgrauen Augen, die zu tränen begannen, völlig leblos aussahen – wie Fischaugen.
    Belustigt hob der Erzbischof eine Hand, um dem Lachen Einhalt zu gebieten. Rings um den länglichen Tisch trat tiefes Schweigen ein.
    »Also, Forelle?«, begann der Leiter der Bishops in gelangweiltem Ton.
    Sofort erklang neues Gelächter.
    »Ein passender Name für dich. Nennen dich deine Freunde ›Forelle‹?«
    Endlich blinzelte Matthew. Er wollte seine Lider abwischen. Aber diese Geste würde man sicher falsch interpretieren. Kein einziges Mitglied des Tribunals würde glauben, die Talgkerzen, die auf dem Tisch flackerten, hätten ihm das Wasser in die Augen getrieben. Und sie sollten ihn nicht für eine Memme halten, lieber für einen Fisch.
    »Nennen sie dich so, Forelle?«, wiederholte der Erzbischof ungeduldig. Mit seinen vierzehn Jahren war er nicht viel älter als die anderen Mitglieder des Ordens, die ihn gewählt hatten, besaß jedoch die erforderliche Autorität.
    »Nein«, antwortete Matthew schlicht.

    Missbilligendes Gemurmel war zu hören, und der Erzbischof hob die Brauen. »Nein?«
    »Nein, Exzellenz, meine Freunde nennen mich nicht ›Forelle‹.« Nur widerstrebend kam die ehrerbietige Anrede über Matthews Lippen.
    »So muss eine korrekte Antwort lauten.« Albion Geoffrey Godwin, Lord Barlough, gestattete sich ein dünnes Lächeln. »Doch sie erscheint mir trotzdem falsch.«
    Verständnislos schaute Matthew ihn an.
    »Sind wir nicht deine Freunde, Forelle?«, fragte der Erzbischof sanft.
    »Ich glaube, darüber muss erst abgestimmt werden, Exzellenz.«
    Der junge Lord Barlough nickte anerkennend. »Sehr gut. Aber das ist nur eine Formalität. Du bist hier, weil wir dich eingeladen haben. Und die Einladungen zu solchen Audienzen verschwenden wir an niemanden leichtfertig.«
    Unbehaglich erinnerte sich Matthew an die ›Einladung‹. Zwei Ordensbrüder hatten ihn im Hof von Hambrick Hall gepackt, gefesselt und geknebelt, seine Augen verbunden und ihn in diesen Raum geschleppt, der im feuchten Kellergeschoss des Schulgebäudes lag. Von einer ›Audienz‹ zu sprechen, wenn es in Wirklichkeit um eine Art Gerichtsverhandlung ging – das war ein weiterer Beweis für die Gepflogenheit des Vereins, die Wahrheit mit harmlosen Phrasen zu verschleiern.
    Der Erzbischof von Canterbanter|... Beinahe grinste Matthew, als er an diesen Spitznamen dachte. Sicher wäre Lord Barlough furchtbar wütend, wenn er wüsste, wie verächtlich die Schüler außerhalb des Ordens den Namen aussprachen. Natürlich wollten viele von den Bischöfen aufgenommen werden. Matthew und seine engsten Freunde – die ihn nicht
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