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Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Neues Vom Räuber Hotzenplotz

Titel: Neues Vom Räuber Hotzenplotz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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daran, wenn Sie den Zwicker noch eine Weile unten lassen. Mit Rollsplitt ist nicht zu spaßen.«
    So kam es, daß Großmutter viel zu spät merkte, was da mit ihr gespielt wurde. Als sie Verdacht schöpfte und den Zwicker aufsetzte, lagen die letzten Häuser des Städtchens schon weit hinter ihnen, und eben bog Hotzenplotz von der Landstraße ab, in den Wald hinein.
    »Heda!« rief Großmutter. »Wohin fahren Sie uns denn da, Herr Oberwachtmeister. Warum radeln wir nicht zum Spritzenhaus?«
    »Darum!« sagte der Räuber Hotzenplotz barsch.
    Er sagte es laut und mit seiner gewohnten Stimme. Großmutter merkte gleich, daß da etwas faul war.
    »Hören Sie mal, Sie da vorn!« rief sie. »Sind Sie womöglich gar nicht der Herr Polizeioberwachtmeister Dimpfelmoser?«
    Hotzenplotz radelte lachend weiter.
    »Das haben Sie reichlich spät gemerkt«, meinte er. »Raten Sie mal, wer ich wirklich bin, hö-hö-hö-höööh!«
    Großmutter war empört.
    »Ich kenne nur einen Menschen im ganzen Landkreis, dem ich ein solches Schurkenstück zutraue«, rief sie – »und das sind Sie! Was haben Sie eigentlich mit mir vor?«
    »Ich entführe Sie.«
    »Daß ich nicht lache! Ich werde um Hilfe schreien! – Hilfe! Zu Hiiilfeee! Man will mich entführen! Rettet mich! Rettet miiiiich!«
    »Schreien Sie ruhig, solang Sie wollen«, meinte der Räuber Hotzenplotz, »hier im Wald hört Sie doch keiner. Alles, was Sie mit Ihrem Gebrüll erreichen, ist, daß Sie Halsweh kriegen.«
    Damit hatte er leider recht. Großmutter schluchzte ein paarmal und sagte mit tränenerstickter Stimme:
    »Schämen Sie sich, Herr Hotzenplotz! Als hilflose alte Dame erwarte ich, daß Sie mich auf der Stelle nach Hause zurückbringen und sich bei mir entschuldigen.«
    Hotzenplotz lachte schallend.
    »Na schön«, sagte Großmutter. »Wenn Sie mich nicht zurückbringen, werde ich eben vom Rad springen und davonlaufen.«
    »Bitte sehr!« brummte Hotzenplotz. »Erstens ist das in Ihrem Alter nicht ungefährlich, und zweitens würden Sie nicht weit kommen.«
    Auch damit hatte er leider recht.
    »Ich sehe schon«, dachte Großmutter, »daß mir nichts anderes übrigbleibt, als ihm die Fahrradpumpe über den Kopf zu hauen.«
    Die Fahrradpumpe war vom Gepäckträger aus bequem zu erreichen. Schon schwang sie sie in der Hand, schon haute sie damit zu.
    Der dumpfe Krach tat ihr in der Seele weh – doch Hotzenplotz radelte weiter, als ob überhaupt nichts geschehen sei.
    »Tun Sie sich keinen Zwang an, Großmutter«, sagte er. »Bloß – vergessen Sie nicht, daß ich einen Helm auf dem Kopf trage. Einen Polizeihelm.«
    Da sah Großmutter ein, daß es keinen Sinn hatte, irgend etwas zu unternehmen, und sie beschloß, die Fahrradpumpe in hohem Bogen wegzuwerfen; aber dann mußte sie daran denken, daß die Pumpe ja eigentlich dem Herrn Oberwachtmeister Dimpfelmoser gehörte, und da tat sie es lieber doch nicht.

Im  Rückwärtsgang

    Kasperl und Seppel hatten ihren Gefangenen wieder ausgewickelt. Der arme Herr Dimpfelmoser tat ihnen schrecklich leid. Sie halfen ihm in die Uniform und beteuerten mehr als ein dutzendmal, wie sehr sie das Mißverständnis bedauerten, dem er zum Opfer gefallen war.
    »Eigentlich«, meinte Kasperl nachdenklich, »ist an der ganzen Bescherung die Reinigungsanstalt schuld. Wer konnte denn ahnen, daß es so schnell gehen würde mit Ihrer Uniform?«
    »Tja«, brummte Oberwachtmeister Dimpfelmoser, »zum Großteil besteht das Leben eben aus Überraschungen. Dieser Hotzenplotz hat mehr Glück als Verstand! Ich muß sagen, ihr habt mich ganz schön zusammengepatscht . . . Na, Schwamm drüber! Suchen wir uns ein halbwegs bequemes Plätzchen und legen wir uns aufs Ohr. Morgen früh wird schon jemand kommen und uns hier 'rauslassen.«
    »Morgen früh?« widersprach ihm Kasperl. »So lang können wir nicht warten!«
    »Wieso denn nicht?«
    »Wegen Großmutter«, sagte Seppel. »Hotzenplotz hat etwas mit ihr vor, er hat es uns selbst verraten.«
    »Und drum«, drängte Kasperl, »dürfen wir keine Zeit verlieren, wir müssen hier 'raus!«
    Herr Dimpfelmoser sah das natürlich ein. Sie rüttelten mit vereinten Kräften am Tor, sie versuchten die Gitterstäbe des Fensters herauszubrechen, sie klopften die Wände nach dünnen Stellen ab – alles umsonst.
    »Und wenn wir uns unter der Schwelle durchgraben?« meinte Seppel. »Ich habe da nämlich etwas entdeckt...«
    Er brachte aus einer Ecke des Spritzenhauses zwei Schaufeln und eine Spitzhacke

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