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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt
Autoren: James Kahn
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troff.
    Eine Traum-Welt, die erschreckte. Man blieb in kleinen Gruppen zusammen und spendete sich gegenseitig Trost.
    Am Morgen des fünften Tages trat Osi vor die Versammlung.
    »Ich habe lange nachgedacht«, sagte er, »und ich bin zu dem Entschluss gekommen, fortzugehen. Dies kann nichts Gutes bringen – das Kind steckt die Erde mit seiner Krankheit an –, und da wir dem Wahnsinn kein Ende machen dürfen« – er sah Josh vielsagend an –, »will ich mein Leben anderswo neu beginnen.«
    »Dann geh«, sagte Paula tonlos.
    »Das werde ich tun«, erwiderte Osi. »Aber zuerst möchte ich fragen, wer mitkommen will – als Kern meines neuen Harems, als Freiwilliger.«
    »Harem!« schrie Paula zornig.
    »Freiwillig!« rief Ollie.
    »So ist es«, antwortete Osi ruhig. »Alle, die sich mir anschließen, können meinen Harem jederzeit verlassen, das verspreche ich. Solange ihr bei mir bleibt, sorge ich für euch, ihr habt es warm und bequem, werdet ernährt und geschätzt. Ich werde euch vor den Elementen und vor Angriffen aller Untiere schützen. Ich werde nicht zulassen, dass irgendein anderer Sire euch etwas antut. Wir werden wachsen und eine Familie sein.«
    »Eine Familie!« rief Ollie und brach in Gelächter aus. Das löste die Spannung.
    »Eine Familie, gewiss«, gab Osi heiter zurück. »Lass dir nichts vormachen. Wir werden uns streiten und beneiden und lieben und lachen. Was sagt Ihr, Sire Aba? War mein Harem nicht das Ideal einer Familie?«
    »Das war sie«, sagte Aba nickend. »Und alle schienen sehr zufrieden zu sein. Gewiss.«
    Paula starrte ihren Liebsten halb entsetzt, halb fragend an.
    Phé meinte jovial: »Ich würde sofort mitmachen, wenn ich an eurer Stelle wäre – Sire Osi ist ein guter Herr, und er wird nicht so bald hier wieder vorbeikommen.« Sie lachte, dass ihr Busen wogte.
    »Ihr habt hier nichts zu erwarten, glaubt mir«, fuhr Osi fort. »Nichts als Elend und Entbehrung und ein kurzes, hartes Leben.« Er lächelte und ließ den Blick durch die Runde gehen.
    Es blieb lange still, dann rief eine Stimme aus den hinteren Reihen: »Ich gehe mit!« Es war einer der wenigen noch lebenden Buchleute.
    »Ich auch«, sagte ein zweites Buch.
    Jasmine zeigte das Lächeln einer dreihundert Jahre alten Frau, die immer noch nichts verstand.
    Am Ende entschieden sich zwei Bücher und zwei der aus den Käfigen befreiten Menschen dafür, Osi zu begleiten. Er nahm sie unter seine kraftvollen Arme, rief einen Abschiedsgruß, flog empor in den Himmel, entschwebte nach Osten und schaute nicht mehr um.
     
    Phé kümmerte sich sehr um ihren jungen Bruder Aba.
    »Kleiner, dass du mir nicht wegläufst. Die Zeiten sind schlecht. Und lass das Weibsbild.«
    »Phé, ich gehe nicht fort«, sagte Aba gereizt. »Und Paula ist kein Weibsbild.«
    »Sie ist schön, kleiner Sire, aber das sind doch alle armseligen Geschöpfe.« Sie lachte dröhnend und schlug ihm auf die Schulter.
    »Du machst mich verlegen, Schwester«, sagte er dumpf.
    »Das schadet nichts.« Sie nickte und zwinkerte ihn an, als Paula auftauchte.
    »Doch, doch. Du hast eine lose Zunge.«
    »Deine Schwester mag ich«, sagte Paula, als sie herankam. »Warum bist du böse auf sie?«
    »Er ärgert sich, aber das macht nichts. Ich passe auf den Kleinen schon auf.« Phé zwickte beide und schlenderte davon, um andere zu ärgern.
    In den nächsten vierundzwanzig Stunden wurde es für das Kind und die Welt immer ärger. Die Kind-Königin begann zu erbrechen, krampfgeschüttelt, erstarrte dann, begann wieder am ganzen Körper zu zucken. Ringsum in der Landschaft brachen Vulkane auf und spien glühendes Gestein und schwefliges Magma himmelwärts. Feuerstürme versengten den Boden und brannten nieder, was nicht geschützt war; Erdbeben kippten die Ebenen hoch, rissen Schlünde auf, ließen Flammengeysire entstehen.
    Manchmal schien es, als wolle der Himmel selbst zerreißen und die schwarze Flut der ewigen Leere herabstürzen lassen. Die Erde begann schneller zu rotieren, so dass Tage und Nächte nur wenige Stunden anhielten, die Zeit flatterte umher wie eine von der Tollwut erfasste Fledermaus, zu schnell, als dass man sie verfolgen konnte.
    In der Luft lag Unheil. Manche Tiere traten den Rückzug in sich selbst an, aber bei vielen trat die gegenteilige Wirkung ein, wurden Gefühle zügelloser Hingabe oder tiefer Leidenschaft erweckt. Aba und Paula hingen noch mehr aneinander als früher, in fanatischer Liebe, ohne die natürlichen – oder unnatürlichen
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