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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt
Autoren: James Kahn
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-Katastrophen ringsum richtig wahrzunehmen.
    Auch Josh und Rose kamen sich während dieser Zeit wieder näher. Freunde von alters her, entdeckten sie Leidenschaften in sich – erweckt, vielleicht, durch die Liebe zu dem Zentauren, den sie so schmerzlich vermissten.
    »Ich mache mir solche Sorgen um ihn«, sagte Rose gepresst. »Er ist so allein.«
    »Da oben ist er sicherer – wahrscheinlich weniger in Gefahr als wir. Und die Neuromenschen kümmern sich um ihn«, sagte Ollie.
    »Werden wir ihn je wieder sehen? Ich habe ihm so viel zu sagen …«
    »Er weiß es. Er weiß, dass du ihn liebst. Wie er auch weiß, dass ich ihn liebe. Es kommt nicht darauf an, ob wir ihn hier wieder sehen«, sagte Josh und starrte hinüber zu flammenden Bäumen. »Wir haben nie aufgehört, ihn hier zu sehen.« Er berührte ihre Brust.
    Sie schüttelte weinend den Kopf.
    »Aber er fehlt mir so.«
    Er legte die Arme um sie, presste sie an sich. Sie weinten beide, dann liebten sie sich, und immer wieder danach sprachen sie von Beauty.
    Aber von allen Vereinigungen, die während dieser Umwälzungen stattfanden, war die seltsamste wohl die zwischen Ollie und Phé.
    Sie stieß auf ihn am fünften Tag, als er seine Flöte spielte, während der Ozean loderte.
    »Seltsames Wetter, nicht?« sagte sie.
    »Sieht aus wie das Ende der Welt«, meinte er.
    Sie nickte.
    »Wenn es nur nicht regnet. Den Regen hasse ich.«
    Sie sahen einander tief an.
    »Du bist sehr schnell mit mir hierher geflogen«, sagte er stockend. »Ich … wollte dir noch danken.«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Man muss sich warm halten, wenn man hoch fliegt, das ist alles. Du hast mich warm gehalten.«
    »Nein, du hast Kraft und bist schnell, das weiß ich zu schätzen.« Er war ein wenig erstaunt über sich. So offen pflegte er sonst nicht zu reden.
    »Und auch du hast manches an dir, was ich bewundere«, sagte sie heiser.
    Er wollte sie plötzlich berühren. Ein Gefühl, das er sich nicht erklären konnte. Es beschlich ihn selten, bei Vampiren schon gar nicht. Er streckte die Hand aus und berührte mit den Fingerspitzen ihre Wange, strich an ihrem Hals entlang bis zu ihren Brüsten, wog ihre schwere Brust in der Hand.
    Ihre Augen schlossen sich kurz, dann zog sie ihn an sich, drückte seinen schmalen Körper an den ihren, schlang die Flügel um sie beide, riss seine Hose auf, nahm ihn tief in sich hinein, spürte seine Hitze, sein Herz an ihrem, seinen schnellen Atem an ihrem Gesicht, den Schweiß, der zusammenfloss, seine Hände überall an ihr. Sie berührte seine Kehle mit den Lippen, ihre Zunge streichelte ihn, sie begann zu zittern …
    »Bitte … kein Blut«, flüsterte er.
    Seltsamerweise erregte sie das noch mehr. Sie presste die Lippen auf seinen Mund, küsste ihn leidenschaftlich, fuhr mit dem scharfen Fangzahn über seine Unterlippe und leckte das Tröpfchen Blut, das hervordrang. Ringsum stürzten Meteore, brodelte Schwefel, aber sie merkten nichts, verirrten sich ineinander, taumelten in namenloser Lust.
    Die befreiten Menschen blieben zusammen und bauten ein großes, unsinkbares Floß. Sie wollten von der Stadt fort, so weit es ging, und waren zu dem Entschluss gelangt, nach Süden zu fahren. Sie waren hagere, ausgelaugte, verbitterte Wesen. Sie arbeiteten zusammen, aber wortlos, dem Anschein nach ohne Antrieb.
    Nur Jasmine blieb allein beim Kind. Sie saß bei dem verfallenden Geschöpf und versuchte zu verhindern, dass es sich die Zunge durchbiss, wenn es von Krämpfen geschüttelt wurde, hörte es klagen und wüten, pflegte das Kind in den letzten Stunden ihres Daseins.
    Einmal hatte Jasmine eine Vision. Sie sah eine Frau sich nähern – eine weißhaarige Frau, die Jasmine sehr ähnlich sah, nur viel älter war, körperlos. Die Doppelgängerin ging mit stockendem Schritt von einer Person zur anderen durch das Lager, die Hände ausgestreckt, weinend. Niemand sonst schien sie wahrzunehmen.
    »Helft mir, ich flehe euch an«, wimmerte die Erscheinung. »Mein Name ist Jezabel, und ich bin in der Hölle.«
    Sie blickte endlich auf Jasmine, und über ihr verhärmtes Gesicht ging ein Zucken des Wiedererkennens.
    »Das ist also das Ende für dich und mich – ich bin dein Tod, und du bist der meine.«
    Dann wankte die Erscheinung davon – verloren, weinend, uralt, jeder Hoffnung, jedes Freundes beraubt. Aus irgendeinem Grund brachte die alte Frau Jasmine stärker aus dem Gleichgewicht als alle Schrecknisse zuvor – wie ein Alptraum ohne Sinn schien sie daran zu
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