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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert
Autoren: Marian Keyes
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Was bin ich? : »Schuldest du jemandem Geld?« »Bist du krank?« Schließlich landete ich einen Volltreffer mit: »Hast du eine Affäre?« Es hat erst vor drei Monaten angefangen  – sagt er zumindest. Warum setzt er eine fünfunddreißigjährige Ehe für eine dreimonatige Affäre aufs Spiel? Und wann wollte er es uns sagen? Hat er wirklich gedacht, er könnte eines feinen Dienstagmorgens seine Tasche packen und einfach abhauen, ohne irgendwas zu erklären?
    Und dann ist er so feige. Er gesteht mir die Sache am Telefon, dann überlässt er es mir, Mam davon zu berichten. Wie bitte? Ich bin seine Tochter! Sie ist seine Frau. Aber als ich ihn daran erinnerte, sagte er: »Ach nein, sag du es ihr, Frauen können so was besser.« Er besaß nicht einmal die Freundlichkeit, mich gleich mit Mam sprechen zu lassen; erst musste er mir noch ganz begeistert von Colette erzählen, während Mam zuguckte wie ein verwundetes Tier.
    »Bei ihr fühle ich mich jung«, sagte er, als sollte ich seinetwegen glücklich sein. Dann fügte er hinzu – und noch ehe er es sagte, wusste ich, dass es kommen würde –, er fügte hinzu: »Ich fühle mich wieder wie ein Teenager.« Und ich erwiderte: »Wie schön für dich.« So lächerlich, der alte Dummkopf.
    Mam zu erzählen, dass ihr Mann sie verlassen hatte, um mit seiner Sekretärin zusammenzuleben, war buchstäblich das Schwierigste, was ich je zu leisten hatte. Es wäre leichter gewesen, ihr zu sagen, dass er tot war. Aber sie nahm es gut auf. Zu gut. Sie sagte nur: »Ach so.« Und klang sehr vernünftig. »Eine Freundin, sagst du? Um Klassen besser als Buffy hier.«
    Wir saßen, so verrückt das klingt, vor dem Fernseher, wo gerade Buffy lief, bekamen aber nichts mit, wenigstens ich nicht, dann schaltete sie plötzlich ohne Ankündigung den Fernseher aus und sagte: »Weißt du, ich würde gern mit ihm sprechen.«
    Sie ging raus zum Telefon, wählte seine Nummer und erreichte ihn in seinem Büro, und dann sprachen sie ganz ruhig miteinander, so klang es wenigstens: »Ja, Gemma hat das gesagt, aber ich dachte, sie hat dich vielleicht falsch verstanden. Ach so, hat sie nicht. Ach ja, … Colette … du bist in sie verliebt … aha … ach ja. Ja, natürlich hast du es verdient, glücklich zu sein … schöne Wohnung, sagst du … das ist ja schön. Eine schöne Wohnung ist was Schönes … Brief vom Anwalt … ach so, ja, ich achte drauf, also dann, erst mal bis bald.«
    Als sie aufgelegt hatte, sagte sie: »Er hat eine Freundin.« Als wäre das eine Neuigkeit.
    Sie ging in die Küche, ich hinter ihr her. »Eine Freundin. Noel Hogan hat eine Freundin. Er zieht zu ihr in ihre schöne Wohnung.«
    Dann macht sie einen der Hängeschränke auf, nimmt einen Teller heraus und sagt: »Mein Ehemann hat nach fünfunddreißig Ehejahren eine Freundin«, und feuert den Teller wie ein Frisbee an die Wand, wo er in tausend Scherben zerspringt. Dann noch einen, und noch einen. Sie wurde immer schneller, die Teller sausten mit einer Geschwindigkeit durch die Luft, dass ich kaum Zeit hatte, mich zu ducken und vor dem Scherbenregen in Sicherheit zu bringen.
    Solange sie sich nur an dem blau-weißen Alltagsküchengeschirr vergriff, war es mir egal. Ich dachte, sie macht einfach das, was von ihr erwartet wird. Aber als sie ins Wohnzimmer ging und eine ihrer Porzellantänzerinnen in die Hand nahm – du weißt schon, sie sind potthässlich, aber sie liebt sie – und sie nach nur einem winzigen Zögern gegen das Fenster warf, da begann ich mir Sorgen zu machen.
    »Ich fahre hin und bringe ihn um«, knurrte sie und klang, als wäre sie besessen.
    Wenn nicht dagegen gesprochen hätte, dass sie
     
    A. nicht Auto fahren kann,
    B. Dad das Auto hatte und
    C. sie niemals mein Auto genommen hätte, weil sie es zu »angeberisch« fand,
     
    dann hätte sie das gemacht.
    Als ihr bewusst wurde, dass sie nicht weg konnte, begann sie, ihre Kleider zu zerreißen. Ich versuchte, ihre Hände zu packen und sie daran zu hindern, aber sie hatte viel zu viel Kraft. Jetzt bekam ich richtig Angst. Sie hatte jegliche Kontrolle verloren, und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wen konnte ich anrufen? Mein erster Gedanke war Dad, besonders, da es seine Schuld war. Am Ende rief ich Cody an. Nicht, dass ich Verständnis erwartete, aber ich erhoffte mir praktischen Rat.
    Er war in Freizeitstimmung, das heißt, in so schwuler Stimmung wie eine Reihe kirschfarbener Zelte mit Marabu-Federn. »Ein Schock? Wie
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