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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert
Autoren: Marian Keyes
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wurde es Racheliteratur genannt, und offenbar war das ein positives Urteil.
    Aber auch das reichte nicht, um den Verkauf anzukurbeln, und ich gestehe, dass ich nicht besonders hilfreich war: Kurz bevor das Buch erschien, bat Dad mich, nicht bei Werbeveranstaltungen aufzutreten, wo ich die wahre Geschichte erzählen sollte, und inzwischen war ich wohl etwas milder gestimmt, denn er tat mir Leid, und ich versprach es ihm. (Das hat mich in der Werbeabteilung von Dalkin Emery nicht sehr beliebt gemacht, denn da war schon alles Mögliche geplant worden wie Fernsehauftritte von Mam und mir, wo wir Dad fertig machen sollten. Aber Mam wollte das nicht mehr, nachdem Dad wieder da war.)
    Ich werde kein zweites Buch schreiben. Ich habe nicht genügend Fantasie, und mir ist auch nichts Schlimmes zugestoßen – außer natürlich, dass mein erstes Buch schlechte Kritiken bekommen hat und ich kein zweites Buch schreiben kann, aber das ist alles ein bisschen zu postmodern. Die Tatsache ist, dass mein Leben sehr schön ist, worüber soll ich mich also beklagen?
    Zurzeit beschränken sich meine künstlerischen Ergüsse darauf, dass ich für verlassene Frauen Geschichten über ihre ungetreuen Lebensgefährten erfinde. Das kann ich ziemlich gut, und innerhalb meines Freundeskreises schätzt man mich dafür, und das reicht mir.
    Ich habe immer noch das meiste von meinem Vorschuss (ich musste ihn nicht zurückzahlen, obwohl das Buch sich so gut wie gar nicht verkaufte), und vielleicht werde ich mich eines Tages selbstständig machen. Das ist nicht so leicht, wie es klingt, nicht jede von uns ist eine Jojo Harvey, die jetzt vier Mitarbeiter in ihrem Büro aus getöntem Glas in Soho hat. Nicht nur bin ich sehr feige, ich habe auch einen Vertrag, der es mir verbietet, Klienten abzuwerben.
    Lilys Karriere geht weiter steil nach oben. Sie hat ein neues Buch geschrieben, Ein zauberhaftes Leben , das wie ein zweites Mimis Medizin ist und millionenfach verkauft wird. Dann wurde Glasklar , mit dem Dalkin Emery fast auf Grund gelaufen wäre, überraschenderweise für den Orange Prize nominiert, und darauf wurde es auch ein Bestseller. Anscheinend arbeitet sie an etwas Neuem, und alle sind sehr aufgeregt.
    Ich habe Anton und Lily sogar getroffen, bei einer Verlagsparty, kurz nachdem Jagd auf Regenbogen rauskam und die vom Verlag noch mit mir redeten. Ich schob mich durch die Massen auf der Suche nach der Toilette, als ich plötzlich vor Lily stand.
    »Gemma?«, krächzte Lily. Der blanke Schreck stand ihr im Gesicht.
    Und nach all den Fantasien, die ich in all den Jahren gehabt habe – ich wollte ihr ein Glas Rotwein ins Gesicht schütten, sie mit tötenden Blicken in die Knie zwingen, allen im Saal zurufen, was für eine widerliche Hexe sie war –, sah ich mir selbst zu, wie ich ihre Hand nahm und mit einem gewissen Maß an Aufrichtigkeit sagte: »Ich habe Mimis Medizin gern gelesen, meine Mutter auch.«
    »Danke, oh, danke, Gemma. Und mir hat Jagd auf Regenbogen sehr gut gefallen.« Sie lächelte ihr süßes Lächeln, dann kam Anton dazu, und das war auch in Ordnung. Wir plauderten ein paar Minuten über belanglose Dinge, und als ich weiterging, wollte Anton Lilys Hand nehmen, aber sie ließ ihn nicht, und ich hörte, wie sie sagte: »Nimm ein bisschen Rücksicht.« Ich glaube, sie meinte, auf mich.
    Und ja, ich war auch traurig. Schade eigentlich, dass wir nicht befreundet sein können, denn Lily ist (abgesehen von dem einen Mal, wo sie mir den Freund weggenommen hat) ein sehr lieber Mensch. Ich hatte sie immer so gemocht.
    Aber vorwärts und nach oben.
    Als Mam Johnny den Apotheker zum ersten Mal traf, ließ sie seine breiten Schultern, sein freundliches Wesen und das Funkeln in seinen Augen, das jetzt immer da ist, weil er nicht mehr rund um die Uhr arbeiten muss, auf sich wirken, beugte sich zu mir vor und sagte: »Anscheinend sind die Profis jetzt eingetroffen.«
    Sie mag ihn. Mist.
    Aber auch das reichte nicht, um ihn mir zu vergraulen.
    Colette ist nicht lange allein geblieben. Sie hat einen anderen Mann kennen gelernt – einen Freund eines Freundes des Schwagers von Trevors Bruder –, und weil Dublin so klein ist, habe ich es erfahren. Soweit ich gehört habe, ist der neue viel besser als Dad. (Wenigstens trägt er keine Unterhemden.)
    Und was Mam und Dad angeht … na ja, er löst das Kreuzworträtsel und spielt Golf, sie kauft Klamotten und lässt ihn raten, was sie gekostet haben, und zusammen gucken sie Murder Mysteries und
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