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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert
Autoren: Marian Keyes
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Jojo hat das gedacht, der Verlag hat es gedacht, sogar die Bank.
    Ich hatte Angst, wenn wir kein Zuhause für uns drei kaufen würden, dann würden wir deine hart verdienten Tantiemen verschwenden und am Schluss mit lauter unnützem Zeug dastehen (Autos, Stereoanlagen, Barbiekram), aber keine Sicherheit haben (du weißt, wie wir sind). Es war ein Versuch, wie ein verantwortungsvoller Erwachsener zu handeln. Etwas zu kaufen, was unsere Mittel überstieg, schien in dem Moment eine kluge Entscheidung; es schien klüger, die Zwischenakte – ein kleineres Haus für ein Jahr kaufen, dann wieder umziehen, zweimal Maklergebühren und Grunderwerbssteuer bezahlen – auszulassen. Wie ein kompletter Idiot dachte ich, ich hätte eine Vision. Aber das ist alles nicht von Bedeutung. Ich habe auf deine Befürchtungen nicht gehört, alles ist zusammengebrochen, und ich kann meine armseligen Versuche, mich zu rechtfertigen, selbst nicht mehr hören. Ich dachte, ich sei Optimist, du hast gesagt, ich sei ein Dummkopf. Du hattest Recht, und wenn ich noch einmal von vorn anfangen könnte, würde ich alles anders machen.
    Angesichts deiner Erfahrungen als Kind war es umso wichtiger, dir Sicherheit zu geben, und stattdessen habe ich dir das Chaos geboten.
    Mir tun alle meine Fehler Leid, mir tut es Leid, dass ich dich unglücklich gemacht habe, aber nie werde ich unsere Zeit zusammen bereuen. Wenn ich ein alter Mann bin und auf mein Leben zurückblicke, dann werde ich sagen können, dass es mindestens eine gute, reine Sache gegeben hat. Von dem Moment an, als wir uns vor der U-Bahnstation getroffen hatten, habe ich mich für den glücklichsten Menschen auf der Welt gehalten, und das Gefühl ist nie weggegangen. Jeder einzelne Tag, den wir zusammen verbracht haben, war ein besonderes Glück. Die meisten Menschen haben in ihrem ganzen Leben nicht das, was wir in dreieinhalb Jahren hatten, und dafür werde ich immer dankbar sein. Du wirst einen anderen Mann kennen lernen, und ich bin dann nur ein Kapitel in deinem Leben, aber für mich warst du und bist du die ganze Geschichte, und du wirst es immer sein.
     
    Immer dein
    Anton
     
     
    Ich legte den Brief hin und starrte an die Decke. Ich starrte und starrte.
    Ich hatte gewusst, dass es so weit kommen würde. Ich wusste es seit Wochen, schon bevor ich zu Mum gefahren bin. Deswegen bin ich ja gefahren.
    Als ich Anton verließ, dachte ich, ich hätte meinen Frieden damit gemacht. Aber als das mit den Postkarten anfing, merkte ich, dass ich mit nichts meinen Frieden gemacht hatte. Ich war betäubt gewesen, so betäubt wie ein Arm, auf dem man eine Woche geschlafen hat, und als meine Gefühle zurückkehrten, bin ich geflohen und zu Mum gefahren, in einem unsinnigen Versuch, vor dem Unvermeidlichen davonzulaufen.
    Aber ich hatte trotzdem gewusst, dass ich mich entscheiden musste: Meine Liebe zu Anton hatte sich heimlich wieder eingeschlichen. Sie war eine Weile lang verbannt worden, weil ich so unglücklich über das verlorene Haus war, aber jetzt war sie zurückgekehrt und forderte laut, dass ich mich darum kümmerte.
    Aber wie sollte ich das tun?
    Ich hatte keine Ahnung.
    Wenigstens begriff ich jetzt, was in mir abgelaufen war: Ich war sehr böse auf Anton gewesen; der Verlust des Hauses war ein ganz wunder Punkt. Aber jetzt – lag es an der Zeit? An der Entfernung? – war ich nicht mehr böse auf ihn. Ich dachte, ich würde ihm nie verzeihen, aber ich hatte ihm verziehen. Schon bevor ich den Brief gelesen hatte, hatte ich begriffen, was seine Absicht gewesen war: Er war ein Risiko eingangen, aber im Vergleich zu anderen Risiken war es kein besonders riskantes Risiko. Er hatte Pech gehabt.
    Und was war mit mir? Ich war dabei, ich hätte einschreiten können. Stattdessen hatte ich stillschweigend eingewilligt und war passiv geblieben, sodass ich, wenn nötig, alle Schuld leugnen konnte. Anton war eindeutig sorglos im Umgang mit Geld. Aber ich war nicht besser. Soll diejenige, die keine Schulden hat, den ersten Scheck ausstellen.
    Aber war die Einsicht, dass wir uns verrannt hatten, eine Garantie, dass es nicht wieder passieren würde? Wenn es nur um Anton und mich ginge, könnten wir es uns leisten, mit unseren Gefühlen Risiken einzugehen, könnten wir es noch einmal versuchen in der Gewissheit, dass wir, wenn es schief ging, durchkommen würden. Aber wir hatten ein Kind, das in seinem kurzen Leben schon viel zu viel durchgemacht hatte. Wir schuldeten es Ema, den nächsten Schritt
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