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Neue Schuhe zum Dessert

Neue Schuhe zum Dessert

Titel: Neue Schuhe zum Dessert
Autoren: Marian Keyes
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sie macht sich wirklich sehr gut.)
    Die arme Andrea, sie wollte natürlich unbedingt wissen, was mit Dad war, ob er einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall gehabt hat oder so, aber die Regeln der Höflichkeit verbieten natürlich, dass man solche Fragen stellt. Ich sagte einfach, es gehe ihm gut, aber damit wollte sie sich nicht zufrieden geben.
    »Außer Gefahr?«, fragte sie.
    »Außer Gefahr? Sein Verhalten lässt diesen Schluss nicht zu.«
    Ich beendete das Gespräch, aber ich finde das richtig schwierig. Meine Kollegen denken, Dad liegt im Sterben, wie kann ich ihnen die Wahrheit sagen? Dass mit ihm nichts weiter ist, als dass er sich eine Freundin zugelegt hat?
    Nicht nur ist es schrecklich peinlich, es ist auch so, dass die meisten ihn kennen, und sie werden es einfach nicht glauben. Ich muss gestehen, obwohl Dad mir selbst gesagt hat, dass er eine Freundin hat, habe ich aufgehört, es zu glauben. Er ist einfach nicht der Typ dazu. Sogar sein Name passt nicht, finde ich. Meine Damen und Herren, Hand aufs Herz, sind Sie der Meinung, dass Noel Hogan der Name eines Mannes ist, der seine Frau verlässt und eine Affäre mit einer jungen Frau hat, die kaum älter als seine Tochter ist? Sollte er nicht Johnny Chancer oder Steve Gleam heißen? Stattdessen behaupte ich, verehrte Damen und Herren der Jury, dass Noel Hogan der Name eines Mannes ist, der John Grisham liest und einen Stammbaum von vier Generationen aufweisen kann, eines Mannes, dessen Held nicht Arnie oder Rambo ist, sondern Inspektor Morse, anders gesagt, meine Damen und Herren, eines Mannes, der seiner Frau und seiner Tochter niemals Anlass zu Sorge geben würde.
    Jedenfalls … nachdem ich Ewigkeiten auf dem Bett gelegen hatte, beschloss ich, endlich die Scherben in der Küche aufzufegen, und ich sage dir, du hättest die Küche sehen sollen: Sie war übersät mit Scherben – sie steckten in der Butter, sie trieben im Milchkännchen. Eine besonders lange Scherbe war in einem Topf mit Fleißigen Lieschen gelandet, es sah aus wie scheißmoderne Kunst.
    Und im Wohnzimmer, wo die Porzellanfiguren dran glauben mussten … Manche waren so hässlich, dass ihr Dahinscheiden nur zu begrüßen ist, aber mir tat die kleine Tänzerin Leid – ihr Tanz war zu Ende.
    Dann legte ich mich wieder neben Mam, die kleine Flötentöne beim Atmen machte, aber ich blieb auf der Decke liegen. Auf dem Nachttisch lagen ein paar dumme Zeitschriften, und ich verbrachte den Nachmittag auf dem Bett und las sie.
    Aber danach, Susan, machte ich mir über mein eigenes Verhalten Sorgen  – um elf schaltete sich nämlich die Zentralheizung ab, und es wurde kalt im Zimmer, aber ich wollte mich nicht unter die Decke legen. Ich glaube, ich hatte das Gefühl, wenn ich auf dem Bett liegen blieb, dann leistete ich ihr nur Gesellschaft, aber wenn ich mich ins Bett legte, würde Dad wirklich nicht nach Hause kommen.
    Jedenfalls schlief ich ein, und als ich aufwachte, war mir so kalt, dass meine Haut gefühllos war – als ich mir mit dem Finger in den Arm bohrte, konnte ich die Delle sehen, aber nichts fühlen. Es war eigentlich ganz komisch, fast wie Totsein. Nachdem ich mich eine Weile damit beschäftigt hatte, zog ich mir Mams Mantel an – wozu sollte ich mir schließlich eine Unterkühlung einhandeln, bloß weil Dad übergeschnappt war? –, aber ich legte mich auch dann nicht ins Bett.
    Als ich das nächste Mal aufwachte, war die Sonne aufgegangen, und ich ärgerte mich über mich selbst. In der Nacht hatte es noch Hoffnung gegeben, dass Dad nach Hause kommen würde, und wäre ich die Nacht über wach geblieben, wäre es nie Morgen geworden. Verrückt, ich weiß, aber das habe ich gedacht.
    Als Mam aufwachte, waren ihre ersten Worte: »Er ist die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen.«
    Dann sagte sie: »Was machst du in meinem guten Mantel?«
    Jetzt bist du auf dem Laufenden. Sobald ich Neuigkeiten habe, melde ich mich.
    Liebe Grüße
    Gemma xxx
     
    PS Du hast Schuld an allem. Wenn du nicht nach Seattle gegangen wärst, wo du niemanden kennst, dann hättest du dich nicht einsam gefühlt und nach Neuigkeiten von zu Hause gesehnt, und mein Leben wäre nicht aus den Fugen geraten, nur damit ich was zu erzählen habe.
     
    PPS Ich meinte das als Witz.
    3
    Mein Handy klingelte. Es war Cody. Er heißt natürlich nicht wirklich Cody. Sein richtiger Name ist Aloysius, aber als er in die Schule kam, konnte keiner in der Klasse seinen Namen aussprechen. Die meisten Kinder sagten
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