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Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Titel: Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr
Autoren: Else Ury
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ein ordentliches kleines Mädchen, dann bekommst du auch keine Schelte mehr!« Ohne daß Puppe Gerda einen Ton sprach, wußte die Kleine wieder ganz genau, was sie dachte.
    »Ja, ich will - ich will mich ganz bestimmt bessern!« flüsterte sie ihrer Puppe ins Ohr.

Kindergesellschaft
     
    In der ersten Zeit gab sich Klein-Annemarie grenzenlose Mühe, ihren Fehler zu bekämpfen und ein ordentliches, sauberes Kind zu werden.
    Wenn sie mittags aus der Schule kam, und die Mütze wie sonst auf irgendeinen Stuhl fliegen wollte, während die Mappe kopfüber in die entgegengesetzte Ecke sprang, dann brauchte Fräulein Lena das kleine Mädchen nur mahnend anzusehen. Und sogleich wanderte die Mütze in den Schrank und die Mappe an den Nagel am Arbeitspult. Annemarie band sich von selbst ihre Hausschürze um, sie wusch sich die Hände, bevor sie an die Schularbeiten ging, und sie faßte ihre Hefte und Bücher so behutsam an, als ob sie aus Glas seien. Ja, sie versuchte sogar, jedes Knöpfchen, das von ihren Kleidungsstücken abriß, sich selbst wieder anzunähen.
    Freilich kam es manchmal vor, daß sie sich dabei tüchtig piekte und rotes Blut aus dem Fingerchen floß. Dann mußte Vater ihr einen großen Verband anlegen. Auch nähte sich Nesthäkchen öfters ihre Schürze oder ihren Kleiderärmel mit ans Hemdchen oder Höschen fest, das sie mit einem neuen Knopf versehen wollte.
    Aber das war nur im Anfang. Auch der alte Faden, der so leicht riß, wenn die Kinderhände ungeduldig daran zerrten, nahm allmählich Vernunft an und ärgerte Klein-Annemarie nicht mehr.
    Mutti und Fräulein Lena konnten zufrieden sein, denn sie sahen, wie ernst es der Kleinen mit ihrem Versprechen, sich zu bessern, war. Auch Vater nahm zu seiner Freude wahr, daß seine Kragen lange nicht so schnell wie früher von kleinen, zärtlichen, aber leider schwärzlichen Kinderfingerchen beschmiert wurden. Nesthäkchen achtete darauf, daß es stets saubere Hände hatte. Es legte mittags seine Serviette von selbst zusammen, ohne daß Fräulein es erst dazu zurückholen mußte. Und es räumte abends vor dem Schlafengehen alle gebrauchten Spielsachen auch ohne Fräulein Lenas Aufforderung in das Fach.
    Selbst die Puppen bemerkten mit Genugtuung Annemaries erwachten Ordnungssinn. Sie hatten, seitdem Nesthäkchen ein kleines Schulmädchen geworden war und neue Pflichten bekommen hatte, recht oft Grund gehabt, über ihr Mütterchen Klage zu führen. Geradezu verwahrlost mußten die armen Kinder oft einhergehen. Sie wurden nicht mehr gewaschen, nicht gekämmt, und ihre Sachen lagen in der Puppenkommode wie Kraut und Rüben durcheinander. Baby behielt wochenlang seine zerlöcherten Strümpfchen an, und Irenchen mußte sogar mit dem Hut schlafen gehen. Die einzige, die weniger unter Annemaries Liederlichkeit zu leiden hatte, war Puppe Gerda. Wenn die mit ihren blauen Glasaugen ihr Mütterchen vorwurfsvoll anschaute, das konnte Nesthäkchen nicht ertragen.
    Jetzt aber ging es auch den anderen Puppen wieder besser, denn ein ordentliches kleines Mädchen sorgt vor allem dafür, daß seine Puppen sauber aussehen.
    »Heute werde ich alle Puppenstrümpfe stopfen«, sagte das kleine Mädchen an einem Regentage und setzte sich mit ihrem Kinderstuhl neben Fräulein Lena. Diese hatte ebenfalls einen Berg Strümpfe zum Ausbessern vor sich. Die meisten davon stammten von dem wilden Klaus.
    »Annemiechen, du mußt aber erst stopfen lernen, du verstehst es noch nicht, ich will es dir gern zeigen«, erbot sich Fräulein Lena freundlich. Sie zeigte dem kleinen Mädchen, wie man ein Fadengitter über das Loch spannt.
    Das sah ganz leicht und lustig aus. Aber als Nesthäkchen es schnell nachmachen wollte, merkte es zu seinem Erstaunen, daß eine Sache oft schwieriger ist, als sie aussieht. Annemarie verlor bald die Geduld und zog es vor, die Löcher in den Puppenstrümpfen lieber zuzunähen als zu stopfen. Und schließlich hatte sie auch dazu keine Lust mehr.
    Und so wie bei den Puppenstrümpfen erging es Nesthäkchen bald überhaupt mit der vorgenommenen Ordnungsliebe. Leider! Die Ausdauer fehlte. Zuerst mußte Fräulein Lena erinnern. Dann, als die Kleine ein immer widerwilligeres Gesicht bei der Erfüllung ihrer Obliegenheiten machte, ermahnte das Fräulein. Bald genügte auch das Ermahnen nichts mehr, ja nicht einmal Fräulein Lenas Schelten.
    Nicht nur im Hause ließ Annemarie nach, sauber und ordentlich zu sein, sondern auch bei ihren Schularbeiten. Die Hefte, die im Anfang nach
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