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Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr

Titel: Nesthäkchen 02 - Nesthäkchens erstes Schuljahr
Autoren: Else Ury
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Aufregung. Wie würden die Zensuren am nächsten Tage ausfallen?
    Hans war ein guter und gesitteter Schüler. Der brauchte keine Angst vor seinem Zeugnis zu haben. Aber da er ein bescheidener Junge war und seine Leistungen nicht zu hoch anschlug, klopfte ihm doch das Herz, wenn er an morgen dachte.
    Der Frechdachs Klaus dagegen war, obwohl er nicht besonders bei seinen Lehrern angeschrieben stand, durchaus davon überzeugt, daß er eine glänzende Zensur bekommen müsse. Der fürchtete den Zensurentag ganz und gar nicht.
    Und unser Nesthäkchen? Ei, das hatte große Sorgen. Würde sie die Erste bleiben? Oder kam eine andere auf den Ehrenplatz?
    »Was meinst du, Gerdachen?« fragte Annemarie ihre Puppe, für die sie heute, da keine Schularbeiten zu machen waren, wieder mehr Zeit hatte.
    »Glaubst du, daß ich oder Mariannchen Erste werde?«
    Puppe Gerda zuckte die Achseln. Ihr erschien es recht zweifelhaft, daß Annemarie ihren ersten Platz behalten würde; denn die Hefte und Schulbücher, die sie öfters zu sehen bekam, schauten nicht gerade sauber aus. Und Puppe Gerda sollte recht behalten. Zwar hatte Nesthäkchen auf Vaters Frage: »Na, was wird uns denn unsere kleine Lotte heute das erste Mal für eine Zensur nach Hause bringen?« freudig versichert: »Eine feine, ich bleibe bestimmt die Erste!« Aber Mutti hatte warnend den Finger erhoben: »Du, Lotte, sei nicht so siegesgewiß, eine Erste muß in allem vorbildlich sein. Denke an die Tintenflecke und Eselsohren in deinen Heften.«
    »Aber nicht wahr, Mutti, wenn ich Erste bleibe, darf ich in den Ferien alle meine Freundinnen einladen, du hast es mir doch versprochen, daß dann zur Belohnung bei uns Kindergesellschaft ist?« Erwartungsvoll schaute Nesthäkchen die Mutter an.
    »Wenn ich aus deiner Zensur ersehe, daß du dir Mühe gegeben hast, deine Fehler, Unachtsamkeit und Unsauberkeit, abzulegen, Lotte. Nur für den Fall habe ich es dir versprochen. Der Platz hat damit nichts zu tun.«
    Als Annemarie und ihre Freundin Margot am nächsten Morgen zur Schule gingen, um die Zensuren in Empfang zu nehmen, sprach Nesthäkchen von nichts anderem, als von der in Aussicht stehenden Kindergesellschaft.
    »Dich lade ich zuallererst ein, Margotchen, weil du doch meine beste Freundin bist; und dann noch Ilse und Marlenchen und Ruth und Mariannchen. Aber Hilde Rabe muß auch kommen, weil die immer so fein ungezogen ist. Am besten ist's, ich lade gleich die ganze Klasse ein, denn eigentlich sind es doch alle meine Freundinnen.«
    »Mich darf Hilde Rabe nicht besuchen, meine Mutti sagt, ich darf nur mit artigen Kindern verkehren«, vertraute Margot ihrer Freundin an.
    Annemarie machte ein erschrecktes Gesicht. Ach Gott, am Ende verbot Frau Thielen ihrer Margot auch eines Tages die Freundschaft mit ihr!
    Durch das offene Fenster mußte doch ihr Geschrei, wenn sie sich mit Klaus zankte, bis zu Thielens hinüberschallen. Nein, da war es doch gescheiter, sie sah sich vor und vertrug sich besser mit dem Bruder. Sie hatte ja ihre Freundin Margot so lieb, die sollte sie nicht auch für ein unartiges Kind halten.
    Aber als Fräulein Hering nun die Klasse betrat, im Arm ein großes Pack weißer Blätter, da schlug auch manch anderes Kinderherz noch aufgeregt poch - poch. Es erschien allen, als ob die junge Lehrerin, die doch oft so lustig mit den kleinen Mädchen zu lachen und zu scherzen verstand, heute besonders feierlich dreinschaute.
    »Liebe Kinder«, begann Fräulein Hering und legte das umfangreiche Pack Zensuren vor sich auf das Pult, »wir schließen heute das erste Halbjahr unserer gemeinsamen Arbeit. Wir haben zusammen gelernt und gestrebt, und ich kann wohl sagen, daß ich mit eurem Fleiß, eurem Betragen und euren Leistungen im Ganzen zufrieden bin. Bis auf wenige Ausnahmen habt ihr euch reichlich Mühe gegeben, mir nur Freude zu machen. Und wer das bisher noch nicht getan hat« -hier blickte Fräulein Hering zu der sich verkriechenden Hilde Rabe hin - «soll es sich für das künftige Halbjahr vornehmen. Es ist niemals zu spät dazu, das Gute zu beginnen. Aus euren Zeugnissen, die ich jetzt verteilen werde, ersieht eine jede, worin sie sich noch bessern muß.«
    Fräulein Hering griff nach dem obersten weißen Blatt. »Die Erste der Klasse wird« hier stand Annemarie höflich auf, in der festen Annahme, daß die Lehrerin sie meinte. »Nein, Annemie, setz dich nur wieder hin, es tut mir leid, aber du kannst den ersten Platz nicht behalten. Deine Hefte und Bücher sehen
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