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Neonträume: Roman (German Edition)

Neonträume: Roman (German Edition)

Titel: Neonträume: Roman (German Edition)
Autoren: Sergej Minajew
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sich was wegen der Party überlegt? Wir brauchen eine Bühne.«
    » Schitikow? Ach ja. Er hat versprochen, mich morgen anzurufen und mir Bescheid zu sagen.« Rita hat meine Hand genommen und zieht mich hinter sich her.
    Wir verlassen den VIP -Bereich, steigen eine Treppe hinunter und gelangen auf die Tanzfläche. Die Masse der Tanzenden wogt um zwei Podeste herum, auf denen Go-go-Girls in roten Badeanzügen agieren. Die Körper der Mädchen sind perfekt gestylt, die Bewegungen hyper-erotisch, die Gesichter entrückt.
    » Supernature! Supernature!«, kreischt es aus den Boxen. Der DJ schleudert eine leere Plastikflasche in den Saal, und die Tanzfläche explodiert von in die Höhe geworfenen Händen.
    » Hör einfach auf, Trübsal zu blasen«, ruft Rita mir zu und fängt an zu tanzen.
    Sie bewegt sich sehr lasziv und zieht augenblicklich die Aufmerksamkeit zweier neben ihr tanzender Jungs auf sich. Die beiden sind im Partnerlook: blaue Jeans und enganliegende weiße T-Shirts.
    » Wie meinst du das?«, frage ich zurück, gehe einen Schritt auf sie zu und presse mich eng an ihren Körper. Aber sie hört mir schon nicht mehr zu, wie in Ekstase leckt sie sich die Lippen, schließt die Augen und wirft die Arme in die Luft. Sie ist vollkommen weggetreten, hört nur noch die Musik. Sie sieht wahnsinnig attraktiv aus.
    Rita trägt ein tief ausgeschnittenes blaues T-Shirt auf der nackten Haut, einen engen Jeansrock und hochhackige Sandalen. Sie sieht aus wie fünfundzwanzig (wenn sie nicht redet), erzählt allen Leuten, sie sei sechsundzwanzig, dabei ist sie seit vierzehn Tagen gerade mal dreiundzwanzig. Viermal in der Woche geht sie in den Fitness-Salon » Dr. Looder« (Laufband, Geräte, Schwimmbad), viermal in der Woche in Klubs (freitags, samstags, sonntags, montagmorgens), und sie würde niemals einen Ausverkauf in den gerade angesagten Klamottenläden wie dem Podium, dem Süßen Etwas oder dem ZUM und so weiter verpassen, obwohl der wichtigste Schauplatz ihrer Shoppingtouren das » Discount-Center« an der Savvinskaja ist. (Das würde sie allerdings nicht einmal ihrer besten Freundin verraten). Rita erzählt allen, sie absolviere ein Fernstudium im Bereich Internationales Management an der Staatlichen Humanistischen Universität Moskau (das ist natürlich gelogen– obwohl dort eine ihrer Freundinnen studiert). Einmal im Monat lässt sie sich die Haare kurz schneiden, aber nicht färben (ihre Haare sind von Natur rabenschwarz), sagt, sie erhalte französische Maniküre und Wadenepilation im Studio PERSONA LAB (in Wirklichkeit macht ihr eine Freundin, die dort arbeitet, zuhause die Nägel), und sie rasiert sich in unregelmäßigen Abständen zwischen den Beinen.
    Rita konsumiert leichte Drogen (die Gesundheit erlaubt es), macht keine Diäten (das Alter erlaubt es) und ist überzeugte Nichtraucherin (Rauchen schadet der Gesundheit). Sie trinkt am liebsten … eigentlich alles, außer Wodka. Ihre bevorzugten Lokale sind Stadtcafés wie das » Etage«, in denen sie jeden Tag ihr Frühstück einnimmt (etwa um ein Uhr mittags).
    Vor einem Jahr tauchte bei Rita ein grüner Mini-Cooper auf (ein Geschenk ihrer Eltern, die, was man so hört, mit Erdgas zu tun haben). Sie wohnt in einer gemieteten Achtzig-Quadratmeter-Studiowohnung, » in der Nähe« des feudalen Kutusowskij-Prospekts. (O-Ton Rita: » Ich möchte nicht von meinen Eltern abhängig sein!«) » In der Nähe« erweist sich bei genauerer Betrachtung als ziemliche Übertreibung (die Wohnung befindet sich an der Metrostation Molodjoshnaja). Die ganze Wohnung ist förmlich zugehängt mit Arbeiten von allen möglichen Pseudogrößen der » jungen russischen Fotografie«. Auf den meisten dieser Fotos ist sie selber zu sehen. Das Interieur ist ziemlich minimalistisch: ein großer Plasma-Bildschirm, eine Stereoanlage, das Bad mit einem Sammelsurium von Kosmetikartikeln, die Küche mit einem Sammelsurium von Müslischachteln und Saftpressen (die meisten davon defekt), ein großes rotes Bett und zwei Schränke. ( » Ich habe nicht vor, mich hier ernsthaft niederzulassen.«) Ja, und dann die Kerzen. Überall Kerzen. Eine wahre Unmenge von Kerzen in allen Größen und mit den verschiedensten Aromen. » Wie in einem teuren Spa-Hotel«, erklärt Rita jedem, der ihre Wohnung zum ersten Mal betritt. Was das Spa angeht, kann ich nicht mitreden, aber wenn sie abends die Kerzen anmacht, habe ich immer das Gefühl, ich sei in einer Kirche.
    Rita gibt sich wahnsinnig viel Mühe, als
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