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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch
Autoren: Horst Biernath
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Apparat.
    »Hier bei Pforten!« sagte sie streng und verärgert.
    »Gott sei’s gepfiffen und getrommelt!« schrie drüben jemand. »Seit zwei geschlagenen Stunden versuche ich Sie zu erreichen. Ich muß unbedingt Herrn Pforten sprechen!«
    »Herr Pforten ist jetzt nicht zu sprechen!«
    »Aber ich weiß doch genau, daß er zu Hause ist!«
    »Rufen Sie morgen an. Herr Pforten ist — unpäßlich.«
    »So hören Sie doch! Hier spricht Leonhard von der Elite-Filmproduktion...«
    »Das nützt gar nichts!«
    »Ist Herr Pforten etwa blau?«
    »Erlauben Sie, wie kommen Sie mir vor!« sagte Babette empört.
    »Also passen Sie auf, Fräulein! Sagen Sie Herrn Pforten, der Hund wäre gefunden!«
    »Poldi...?«
    »Aha! Jetzt werden Sie munter, was?«
    »Ist es wirklich wahr?«
    »Ja, glauben Sie denn, ich opfere meine Nachtruhe und Gesundheit, um Ihnen Märchen zu erzählen?« schrie Leonhard ziemlich böse.
    »Einen Augenblick, bitte!« rief Babette in den Apparat und drehte sich um.
    »Herr Pforten! Der Poldi ist gefunden worden!«
    Aber Herr Pforten, der vor einer Minute noch mit tränenerstickter Stimme Uhlandsche Balladen zitiert hatte — »Ihr habt mein Volk verführet-verlockt ihr nun mein Weib?« -, schlief bereits wie ein Toter und war für die nächsten Stunden durch nichts, was auch geschehen mochte, aufzuwecken.
    »Können Sie morgen vormittag mit dem Poldi nach Sachrang herauskommen, Herr Leonhard?« fragte Babette.
    »Ich will’s versuchen«, knurrte der junge Mann, »aber halten Sie mir den Daumen, Fräulein, daß die alte Kiste, die ich fahre, so ‘ne weite Landpartie noch durchhält!«

21

    Pforten wachte am nächsten Tage mit einem furchtbaren Schädel auf. Noch immer unsicher auf den Beinen tappte er mit bloßen Füßen ins Bad, trank gierig ein Glas Wasser und spülte zwei Kopfschmerztabletten hinunter. Sein Gesicht starrte ihm, von wirrem Haar umrahmt, mit rotgeränderten Augen, unrasiert und zerknittert aus dem Spiegel entgegen. Dorian Gray, letztes Kapitel... Er wandte sich angeekelt ab. Der Film des gestrigen Abends spulte sich in seinem Hirn ab. Simone Simpson und Stiebeling in der Hollywoodschaukel...
    Aber Bärli, er könnte doch mein Großvater sein... Sieh ihn dir doch einmal an, wie diesem alten Herrn schon wieder die Puste ausgeht.
    Großvater...!
    Er preßte die Fingerspitzen gegen die schmerzenden Schläfen und schlich gebrochen in sein Schlafzimmer zurück. Dieses Biest! Dieses gemeine, nichtswürdige Biest! Er hätte sie und Stiebeling und die ganze Bande aus dem Hause feuern sollen!
    Und sich an turbulenten Szenen berauschend und schon zufrieden damit, daß er wenigstens träumte, was er zu tun versäumt hatte, schlief er wieder ein.
    Der junge Herr Leonhard saß indessen unten schon beim zweiten Frühstück. Das erste hatte er um halb neun eingenommen, als er mit dem Poldi auf Sachrang eintraf. Der Hund lag in der Küche und nagte an einem großen Kalbsknochen. Er kratzte sich unaufhörlich. Als Babette ihn untersuchte, machte sie die Entdeckung, daß er in den drei Asyltagen sämtliche Flöhe aufgefangen hatte, die dort in den Pelzen seiner Kollegen herumgekrabbelt waren. Sie seifte ihn ab und stäubte ihn, sobald er sich auf dem Rasen trocken gewälzt hatte, mit Insektenpulver aus dem reichen Vorrat ein, den Pforten bei Poldis Einzug auf Sachrang mitgebracht hatte. Leonhard half ihr bei dem Geschäft, er war ein anstelliger junger Mann, in allen Sätteln zu Hause; ob er nun für den Dicken heiße Würstchen aus der Kantine holte oder hier Hunde entflohte, das kam aufs gleiche heraus.
    Später saß er auf der Terrasse, ließ sich die Spiegeleier auf westfälischem Schinken schmecken, trank dazu ein kühles Pilsner und überlegte scharf, wie er aus Pforten den Finderlohn herauskitzeln sollte, ohne daß jener den Braten roch, wer die vierhundert Piepen einstrich. Er konnte sie so gut gebrauchen!
    »Darf ich Ihnen noch etwas Aufschnitt oder Käse vorsetzen, Herr Leonhard?« fragte Babette freundlich. Wer solch einen gesunden Appetit entwickelte wie dieser junge Mann, der hatte bei ihr gewonnenes Spiel.
    »Nee, danke, Fräulein Babette«, sagte der junge Leonhard und rülpste diskret, »es war sehr gut und sehr reichlich, aber mehr geht räumlich leider nicht in mich hinein. Schade, nicht wahr, daß man nicht für vierzehn Tage auf Vorrat fressen kann... Doch wie wär’s, wenn Sie den hohen Herrn jetzt wecken würden?« Er warf einen Blick auf seine Uhr, es war fast elf. »Ich habe
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