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Nelken fuers Knopfloch

Nelken fuers Knopfloch

Titel: Nelken fuers Knopfloch
Autoren: Horst Biernath
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nämlich noch einiges in der Stadt zu erledigen.«
    Babette wollte es versuchen. Als sie an der Tür von Pfortens Schlafzimmer horchte, hörte sie das Schnurren seines Rasierapparates. Sie klopfte kräftig und meldete sich.
    »Ja, Babette, kommen Sie herein«, knurrte er ungnädig und verkatert, »was gibt es denn?« Er saß im Morgenmantel auf der Bettkante und führte den Apparat über die grauen Stoppeln. Die Tabletten und die kalte Dusche nach dem Aufstehen hatten ihn wieder auf die Beine gebracht. Nur der >Großvater< saß noch wie ein Giftpfeil mit Widerhaken in seiner Brust.
    »Das haben Sie nötig gehabt, Herr Pforten, sich so schandbar zu besaufen!«
    »Verdammt noch einmal, Babette, sind Sie etwa raufgekommen, um mir eine Gardinenpredigt zu halten?!«
    »Und erst die anderen Herren und Damen!« Babette sprach das Wort Damen aus, daß man die Gänsefüßchen mithören konnte. »Bis zwei Uhr morgens haben sie im Hause herumgetobt! Die ganze Halle lag voller Gläserscherben und Schallplattentrümmer und Zigarettenstummel! Und in der blauen Perserbrücke vor dem Kamin sind drei Brandlöcher, ein Wunder, daß nicht das ganze Haus in Flammen aufgegangen ist. Das hätte die gnädige Frau erleben sollen!«
    »Sie haben doch gekündigt, Babette«, sagte er giftig, »was regen Sie sich also eigentlich auf?«
    »Jawohl, ich habe gekündigt, aber solange ich noch hier bin...«
    »Hören Sie schon auf!« unterbrach er sie mürbe. »Und schicken Sie die Brücke in die Kunststopferei!«
    Babette ging zur Tür, sie deutete mit dem Daumen hinter sich: »Unten wartet Herr Leonhard schon seit drei Stunden auf Sie...«
    »Er soll sich zum Teufel scheren!«
    »Mitsamt dem Hund?« fragte Babette scheinheilig.
    Pforten schaltete den Rasierapparat aus und starrte Babette an. »Babettchen...?!« sagte er unsicher. »Haben Sie was von Poldi gesagt?«
    »Aber ja, Herr Pforten! Herr Leonhard hat schon gestern abend angerufen, daß er den Poldi gefunden hat. Sie waren leider nicht mehr fähig, ans Telefon zu gehen. Und da habe ich ihn gebeten, den Poldi nach Sachrang zu bringen. Er wartet schon seit Stunden auf Sie.«
    Leonhard döste in einem Liegestuhl vor sich hin, er rauchte Pfortens Zigaretten und träumte davon, Besitzer von Sachrang zu sein. Margot, das hübsche Stubenmädchen, servierte ihm die zweite Flasche Pils. Mit dem weißen Häubchen im Haar und der Zierschürze mit der großen Rückenschleife fand er sie zum Anbeißen appetitlich. Sachrang, Pfortens Gagen und ein Dutzend solcher Mäuschen...!
    »Daß Sie noch nicht beim Film sind, Fräulein...! Versteh ich einfach nicht! Wie wär’s, soll ich mal meine Beziehungen für Sie spielen lassen? Kleinigkeit für mich. Macht Onkel Leonhard mit der linken Hand. Man müßte sich mal in der Stadt treffen, na? Wie wär’s mit uns beiden?«
    »Ach, Sie...!«
    »Neenee, janz im Ernst! Wer solch süße Beinchen hat wie Sie, ist zu was Höherem jeboren.«
    Der Hund Poldi lag hechelnd unter dem Liegestuhl und schnappte nach einer Wespe, die um seinen Kopf summend herumflog.
    Das Mädchen Margot verschwand so eilig, daß Leonhard schon fürchtete, sie mit seinen Komplimenten vertrieben zu haben. Er wollte sie zurückflöten, aber da stand Pforten bereits neben ihm.
    »Leonhard, mein Guter! Und Poldi! Endlich!« Pforten kniete am Boden nieder und klopfte Poldis Fell. Gelbe Staubwolken, die seine Nasenschleimhäute heftig reizten, verhalfen ihm zu einem Niesanfall.
    »Wo haben Sie den Poldi gefunden, mein lieber Junge?« fragte er, als seine Nase sich endlich beruhigt hatte.
    Seit wann diese sanften Töne? dachte der junge Mann und wünschte Pforten zunächst einen guten Morgen, denn seinem Aussehen nach schien er es nötig zu haben.
    »Ja, denken Sie nur, Herr Pforten, eine arme alte Frau hat ihn mir gestern abend angeschleppt, so ‘n altes Mütterchen, das selber nischt zu knacken und zu beißen hat und die letzten Brosamen mit ihrem Hündchen teilte — das heißt, mit einer netten kleinen Hündin, die es unserem Poldi angetan hatte. Da saß unser Schwerenöter nun auf der Schwelle und hat ihr seine Serenaden vorgesungen, bis es dem alten Frauchen plötzlich einfiel, das könnte der Hund aus der Zeitung sein, der Vierhundert-Mark-Hund sozusagen... Nee, Herr Pforten, so was von Freude wie bei der alten Frau können Sie sich überhaupt nicht vorstellen. Vierhundert Piepen! Uber ‘n Haupttreffer im Lotto hätt’ sie sich nicht mehr freuen können!«
    »Na, da hat das Glück ja
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