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Nebeltod auf Norderney

Nebeltod auf Norderney

Titel: Nebeltod auf Norderney
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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weitere aus, stopfte sie, rauchte und sah dem Rauch nach, den er ausblies. Noch in diesem Jahr würde sein Inselhaus fertig werden. Mit fünfzig wollte er es geschafft haben, auf Baltrum zu leben und nicht mehr zu arbeiten.
    Er schaute freudig auf, als Heide Heynen erneut zu ihm kam. Sie hatte eine Cola in der Hand und nahm neben ihm Platz.
    »Viel Zeit, mit Ihnen zu plaudern, habe ich nicht«, sagte sie. »Wenn Sie allerdings um halb zehn noch Zeit haben, mich und Maxie zu einem Rundgang zu begleiten, dann würden wir uns beide freuen. Maxie gehört einer Kundin, die sich zurzeit im Norder Krankenhaus befindet.«
    »Wenn dieser Maxie mich duldet«, antwortete er und sah sie fragend an.
    Sie lachte. »Ein niedlicher und lieber Dackel. Meine Eltern mögen sonst keine Hunde. Aber die Kundin schaffte sich den Hund an, als ihr Mann verstarb. Sie kommt schon so lange zu uns.«
    Sie trank ihre Cola aus und ging dann zu dem Tisch der Jogger und bediente sie. Als sie zurückkam, nahm sie wieder an seinem Tisch Platz. Sie sprachen über Oldenburg.
    Heide Heynen gefiel es in der Universitätsstadt, die mit ihrer Musikszene und ihrem Staatstheater einen Ruf als Kulturmetropole besaß. Dabei staunte sie über die Bühnenkenntnisse von Dodo Wilbert. Er hatte nicht nur als Besucher des Wilhelmshavener Stadttheaters viele Vorstellungen gesehen, sondern war auch in Oldenburg öfter Theaterbesucher gewesen. Mehr noch überraschte er sie mit seinen Literaturkenntnissen der modernen Autoren. Dodo Wilbert besaß, wie sie feststellte, ein breites Allgemeinwissen.
    Sie bediente zwischendurch die Gäste. Schließlich zog sie einen Mantel über und führte den Dackel an der Leine. Maxie beschnupperte ihn, gab sich dann zufrieden.
    »Wir können«, sagte sie.
    Dodo zog seinen Mantel über, winkte der älteren Frau zu, die ihm vom Tresen ein paar freundliche Worte zurief.
    »Ihre Mutter?«, fragte er.
    Sie nickte.
    Sie verließen das Café und betraten die leere abendliche Straße. Maxie war ein niedlicher Dackel. Er zog an der Leine. Er wollte in Richtung Strand. Das Meer rauschte, und der Wind fegte durch die Dünen, die den Weg säumten.
    »Sind Sie einverstanden, wenn wir über die Strandpromenade bis zum Kurhaus gehen, dann an der Grund- und Hauptschule vorbei wieder zurück?«, fragte Heide, neigte sich zu dem Hund hinab und tätschelte ihn.
    »Einverstanden«, antwortete Dodo Wilbert.
    Sie gingen im Licht der Straßenleuchten zur Strandpromenade und schauten auf das dunkle Meer. Der Sturm zerrte an ihrer Kleidung. Die Luft war klar und kühl. Maxie lief ihnen voraus, schnüffelte an den Halmen des Strandhafers und scharrte mit den Füßen an einem Maulwurfshügel.
    Dodo Wilbert ergriff Heides Hand. Sie schwieg und blickte ihn nur kurz an.
    »Ich mag Sie«, flüsterte er ihr ins Ohr und blieb stehen.
    Er legte den Arm um sie. Ihre Blicke trafen sich. Maxie zerrte an der Leine.
    Dodo Wilbert küsste Heide Heynen heiß und innig. Sie erwiderte den Kuss und schob Dodo Wilbert dann vorsichtig zurück.
    »War das nicht zu früh?«, fragte sie verlegen und zog mit der rechten Hand die Lauflänge der Leine stramm. Der Hund sprang auf den Gehweg und jaulte kurz auf.
    »Für mich nicht«, sagte er mit weicher Stimme.
    Heide nickte. Sie ließ Maxie freien Lauf an der Leine.
    Dodo Wilbert ging neben ihr und hielt ihre Hand. Sie fühlten nicht die Kälte. Wolken zogen am Himmel und bedeckten für Sekunden die Sterne. Um die Strandleuchten, die im Abstand von 50 Metern helles Licht auf die Promenade warfen, heulte der Wind.
     
    Dodo Wilbert zählte nicht zu den Altersgenossen, die sich mit ihren Eroberungen gut aussehender Mädchen brüsteten. Andererseits hatte er es auch nicht nötig, sich zu verstecken. Im Gegenteil. Er war stolz auf seinen Körper. Während der Schulzeit hatte er viel Sport getrieben und hatte es im Judo bis zur Niedersachsenmeisterschaft gebracht. Selbst als Fernfahrer pflegte er sich mit gymnastischen Übungen fit zu halten und übte sich, wenn ihm die Zeit dazu blieb, im Langlauf. Es war nicht seine Art, nächtelang in einer Disko zu verweilen.
    Abgesehen von einigen naiven Flirts, war ihm die Verbindung mit Tana Nemes sehr nahe gegangen. Er war in sie verliebt gewesen. Sie hatte ihn ebenfalls sehr gern gehabt. Damals war er gerade dabei gewesen, den LKW-Führerschein zu machen. Sie waren in dem Frühjahr an schönen Abenden mit seinem Opel Kadett an den Geniusstrand gefahren, hatten sich dort im grünen Busch- und
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