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Nebeltod auf Norderney

Nebeltod auf Norderney

Titel: Nebeltod auf Norderney
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Mathematik begabt. Sie machte ihren Eltern stets Freude. Nach dem vierten Schuljahr endete für Heide die Schulzeit in »Papas Schule«. Sie wechselte zum Gymnasium nach Norden.
    In der Küstenstadt wohnte eine Kusine von Johann Heynen. Sie war mit einem Zahnarzt verheiratet. Sie und ihr Mann zogen eine gleichaltrige Tochter groß und nahmen Heide mit offenen Armen auf. Elske und Heide verstanden sich großartig. Heide kannte kein Heimweh. Am Wochenende fuhr sie zur Insel. Oft begleitete Elske sie. Auch fuhr die Mama gelegentlich nach Norden, um sich mit ihren Verwandten zu treffen, denn es gab eine zuverlässige Busverbindung vom Schiffsanleger in Neßmersiel nach Norden.
    Heide und Elske zeigten von Anfang an gute Schulleistungen. Das blieb so bis zum Abitur. Beide Mädchen machten ihren Eltern so gut wie keine Sorgen. Sie waren hübsch anzusehen und wirkten auf oberflächliche Betrachter wie Zwillinge.
    Ihr Umgang mit dem anderen Geschlecht war von harmloser Art und hielt sich in Grenzen. Doch später kam es bei gelegentlichen abendlichen Spaziergängen im Norddeicher Hafen oder am Norder Tief vor, dass sie einen hübschen Bengel an der Hand hielten, der sie mit Herzklopfen küsste. Doch sie hielten die Linie bei und waren nicht für mehr zu haben.
    Nach dem Abitur trennten sich notgedrungen ihre Wege. Elske hatte feste Vorstellungen von ihrem zukünftigen Beruf. Sie ging nach Hannover, um dort Medizin zu studieren.
    Heide zog es vor, in den Fußspuren vom Papa zu wandeln. Um nicht wie ihre Kusine weit weg zu müssen, entschied sie sich für das Studium der Pädagogik in Oldenburg. Sie träumte von einem Lehrerdasein auf Baltrum.
     
    Während der Semesterferien hielt sich Heide Heynen auf Baltrum auf. Sie war eine Augenweide. Die Baltrumer mochten die einfacheStudentin, die ohne Dünkel mit ihnen verkehrte, zuhause anpackte und mit bediente, wenn die Urlauber das Café belagerten, um den schönen Blick zu genießen und Entspannung zu finden.
    Im Herbst und Winter dagegen blieb Heide auf Baltrum viel Zeit, wenn sie nicht wegen des Studiums in Oldenburg weilte, um sich bei Wind und Wetter auf weiten Spaziergängen von der Großstadt zu erholen.
    Gelegentlich begleitete sie ihren Vater auf den Wanderungen in die Schutzgebiete, die er als Naturschützer betreute. Sie liebte es, bei sich ändernden Wetterlagen den Blick auf die Dünenlandschaft, das Meer und den weiten Himmel zu richten.
    Heide galt keineswegs als eine eigenbrötlerische Studentin. Im Gegenteil. Sie war leutselig, munter und sehr aufgeschlossen. Sie kannte auch die meisten Neubürger, die aus Altersgründen auf Baltrum wohnten.
    An einem stürmischen Herbsttag überraschte sie in der Nähe der Strandhalle ein mächtiger Regenschauer. Schwarze Wolken zogen auf. Vom Himmel prasselten dicke Wassertropfen. Heide sah sich gezwungen, nach einem Unterschlupf Ausschau zu halten. Sie rannte zu einem neu erbauten Haus, in dem noch keine Mieter wohnten, und stellte sich unter den Sims der Haustür. Sie schüttelte den Regen ab und sah zu, wie er große Pfützen bildete. Der Wind heulte um das Haus, das die Hausnummer 456 trug.
    Überrascht schaute sie den jungen Mann an, der mit einem Pinsel in der Hand die Wohnungstür öffnete und sie fragend ansah. Sie hatte nicht geklingelt. Farbgeruch wehte ihr entgegen.
    »Verzeihung, der Regen«, sagte sie verlegen und musterte den gut aussehenden jungen Mann, der nicht viel älter war als sie selbst.
    »Dodo Wilbert ist mein Name. Bleiben Sie. Es trocknet schlecht bei dem Wetter«, sagte er und hielt den Pinsel hoch, an dem Farbe klebte. Er trug eine Jeans und ein buntes Baumwollhemd.
    »Sie sind Handwerker und kommen vom Festland?«, fragte sie und schaute in den tiefen schwarzen Wolkenhimmel, der sehr bedrohlich aussah.
    »Teils, teils«, sagte der junge Mann, der einen sehr sympathischenEindruck machte. »Das ist mein Haus. Ich bin Fernfahrer und arbeite in Wilhelmshaven. Wir waren alte Baltrumer. Als meine Mutter starb, sind wir weggezogen.«
    »Dann ziehen Sie selbst nicht in das Haus, sondern wollen es an Gäste vermieten?«, fragte Heide Heynen.
    »Ja. Allerdings habe ich für mich unterm Dach ein kleines Apartment vorgesehen, wo ich mich an dienstfreien Tagen verkriechen kann.«
    »Das kann ich gut verstehen. Mich zieht es auch immer zur Insel zurück«, antwortete sie.
    »Darf ich erfahren, was Sie beruflich machen?«, fragte Dodo Wilbert.
    »Ich studiere in Oldenburg Pädagogik. Ich beabsichtige,
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